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Unternehmen verstoßen bei Investitionen in Schwellenländern häufig gegen Standards

Archivmeldung vom 29.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Immer mehr international agierende Unternehmen verpflichten sich zur globalen Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards. Doch in einigen Branchen besteht eine große Lücke zwischen der postulierten unternehmerischen Verantwortung (Corporate Responsibility, CR) und der tatsächlichen Einhaltung und Umsetzung von Vorschriften und Regeln hierzu.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Rating-Agentur oekom research.

"Vielen Unternehmen gelingt es nicht, ihre Zulieferbetriebe in Schwellenländern wirksam zu kontrollieren. In der Elektronik- und Computerindustrie beispielsweise sind Verstöße gegen internationales Arbeitsrecht und Arbeitsschutzbestimmungen eher die Regel als die Ausnahme", kommentiert Rolf D. Häßler, Director Business Development bei oekom research.

Die betroffenen Unternehmen machen sich damit nicht nur moralisch angreifbar, sondern riskieren auch herbe Image- und Umsatzverluste. Denn ihre Attraktivität sinkt für eine wachsende Zahl privater und institutioneller Anleger, die neben klassischen Kriterien wie Rendite, Risiko und Liquidität vermehrt auch soziale und ökologische Faktoren bei Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Zu den Prinzipien verantwortlicher Investitionen (Principles for Responsible Investment) beispielsweise bekennen sich mittlerweile rund 360 institutionelle Anleger mit einem verwalteten Vermögen von über 14 Billionen US-Dollar. "Investoren legen aus verschiedenen Gründen verstärkt Wert auf Nachhaltigkeit: Einerseits haben sie sich selbst Verpflichtungen zur Einhaltung ökologischer und sozialer Standards auferlegt, andererseits wollen sie Risiken für ihre Reputation und das eingesetzte Kapital vermeiden", so Rolf D. Häßler.

Für die Studie wurden CR-Standards von weltweit 825 Unternehmen aus rund 40 Branchen ausgewertet und bekannt gewordenen Norm- und Rechtsverstößen gegenübergestellt. Als Grundlage der Analyse dienten international anerkannte Regelwerke wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sowie die zehn Prinzipien der Initiative "Global Compact" der Vereinten Nationen.

Massive Arbeitsrechtsverstöße in IT- und Kommunikationsbranche

Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren auf Fälle von Kinder- oder Zwangsarbeit bei Zulieferbetrieben sowie andere Verletzungen elementarer Normen reagiert und zum Teil strenge Regeln verabschiedet und Kontrollsysteme eingeführt. Dennoch bleiben Verstöße gegen anerkannte internationale Arbeitsrechte und -standards häufig. So bescheinigt die Studie den Unternehmen aus dem Bereich Unterhaltungselektronik zwar überdurchschnittlich hohe Auflagen für ihre Zulieferer. Tatsächlich arbeiteten jedoch fast zwei Drittel (62,5 Prozent) der Gesellschaften mit Auftragnehmern zusammen, die nachweislich Arbeitsrechtsverletzungen begangen haben.

Verstöße gegen grundlegende Arbeitsrechtsnormen registriert die Studie auch in der Lieferkette von gut 53 Prozent der IT- bzw. Computerhersteller, 40 Prozent der Produzenten von Mobiltelefonen und Kommunikationsgeräten sowie 44 Prozent der Textilhersteller.

Rohstoffbranche im Fokus - 21 Prozent der Unternehmen verletzen Standards

Für Unternehmen der Rohstoffbranche sind CR-Standards von besonderer Relevanz. Denn während sich Rechts- und Normverstöße in Handelsunternehmen oder im produzierenden Gewerbe meist auf Ebene der Zulieferbetriebe ereignen, sind Öl-, Gas- und Bergbauunternehmen in der Regel unmittelbar verantwortlich.

"Ein Textilunternehmen kann auf einen Zulieferbetrieb, der sich nicht an Arbeitsrechtsstandards hält, Einfluss nehmen und diesen als letzte Option gegen einen anderen austauschen. Demgegenüber sind Konflikte bei der Erschließung natürlicher Ressourcen für ein ethisch handelndes Unternehmen ungleich schwieriger und mitunter auch gar nicht zu lösen. Findet beispielsweise eine Ölgesellschaft, die zur Erschließung eines Ölfeldes die ansässige Bevölkerung umsiedeln muss, keinen Kompromiss mit den Betroffenen, muss diese auf das Geschäft und damit Umsatz und Gewinn verzichten", sagt Stefan Calvi, verantwortlicher Partner im Bereich Sustainable Business Solutions bei PwC.

Jedes dritte Unternehmen der Rohstoffbranche verstößt gegen Menschenrechte

Mittlerweile verfügen zwar insbesondere die Unternehmen der Öl- und Gasindustrie über umfassende CR-Standards. Dennoch verstößt mehr als jedes fünfte (21,1 Prozent) gegen Menschenrechte. Im Bergbau liegt dieser Wert sogar bei 36 Prozent. Besonders häufig ging es um Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen und lokaler Bevölkerung über die Landnutzung, die in Vertreibung und Enteignung endeten, sowie um Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte.

Bei der Offenlegung von Zahlungen an ausländische Regierungen ist die Rohstoffindustrie im Branchenvergleich führend, wenn auch auf niedrigem Niveau. Transparenz ist in diesem Bereich für nachhaltigkeitsorientierte Investoren besonders wichtig. Denn nur so lässt sich überprüfen, ob Kompensationsleistungen und Lizenzgebühren für Erschließungsrechte tatsächlich bei der betroffenen Bevölkerung ankommen.

Potenzial unternehmerischer Nachhaltigkeit wird unterschätzt

Die Studienergebnisse legen nahe, dass viele Unternehmen zwar CR-Standards verabschieden, diese aber nicht ausreichend implementieren und kontrollieren. Eine erfolgreiche CR-Strategie für Auslandsinvestitionen setzt umfassende Informationen über soziale und ökologische Rahmenbedingungen voraus. Diese sind Basis für Ziele unternehmerischer Verantwortung, die wiederum in konkrete Handlungsanweisungen umgesetzt und auch kontrolliert werden müssen.

"In einem ersten Schritt mag es für Unternehmen ausreichend sein, geltende rechtliche Bestimmungen im Rahmen ihres Auslandsengagements nur zu erfüllen. Doch die Übertragung von Umweltauflagen beispielsweise ist nicht nur limitierender Faktor, sondern schafft Vertrauen bei der Bevölkerung vor Ort und Anreize zur Entwicklung Klima- und ressourcenschonender Produkte und Dienstleistungen. Schwellenländer sollten als Zukunftsmärkte angesehen werden", betont Stefan Calvi.

Quelle: PricewaterhouseCoopers AG

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