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Privatbank Reithinger

Archivmeldung vom 16.09.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.09.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In Sachen Privatbank Reithinger hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter ihrem Chef, Jochen Sanio, gestern den Entschädigungsfall für die Einleger verkündet und gleichzeitig Insolvenzantrag gestellt. Dies bedeutet zum einen, dass die Einleger der Bank trotz des verhängten Moratoriums endlich an ihre Ersparnisse kommen.

Es bedeutet zum anderen aber auch, dass eine funktions- und wettbewerbsfähige Privatbank verschwindet, an die 40 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren und ein Anlegerschaden entsteht, der von Experten auf ca. 50-70 Mio. EUR geschätzt wird. Damit stellt sich für die betroffenen Anleger, die einen Teil ihres Geldes verlieren werden, natürlich die Frage: Hat die BaFin alles getan, um diesen Anlegerschaden zu vermeiden - wie es ihr gesetzlicher Auftrag ist?

Bei einer Insolvenz ist eigentlich alles klar. Da hat wieder ein Management versagt, sich verspekuliert, ein Unternehmen war nicht wettbewerbsfähig. Der Insolvenzantrag war die logische Folge von Fehlverhalten. War dies auch bei der Privatbank Reithinger so?

Aufhorchen ließ in den letzten Wochen die Stellungnahme des Treuhänders Dr. Janka, eines bankerfahrenen Sanierungsexperten, dem der bisherige Eigentümer der Privatbank Reithinger schon im März 2006 seine Beteiligung samt Stimmrechten übertragen hat. Dr. Janka stellte nach Schließung der Bank am 02.08.06 fest:

1) Es ist nicht zu verantworten, dass die BaFin eine Bank schließt und dadurch Schaden in Millionenhöhe für die Anleger verursacht, wenn ihr auch mildere Mittel zur Verfügung stehen.

2) Zum Zeitpunkt der Schließung durften nach vorsichtiger Planung sämtliche Kunden der Bank mit einer vollständigen Befriedigung ihrer Ansprüche zu den vereinbarten Fristen rechnen.

3) Die Schwerpunkte in der Begründung der BaFin zum Schließungsbescheid liegen stets bei Sachverhalten, die seit mindestens 6 Monaten nicht mehr aktuell sind.

4) Das Kerngeschäft der Bank sorgt für eine ausgeglichene Ertragslage bis in das Jahr 2010.

5) Der Verweis auf die Verluste der Bank in der Vergangenheit geht fehl, weil schon das Jahr 2005 nach kritischer Würdigung der Abschlussprüfer mit einem operativen Gewinn endete.

Die Privatbank Reithinger hat in der von ihr zum 31.03.2006 erstellten Jahresbilanz 2005 einen Jahresüberschuss von 1,8 Mio. EUR ausgewiesen. Der von der BaFin ins Gespräch gebrachte Verlust in Höhe von 4,5 Mio. EUR bezieht sich auf nachträglich geforderte Wertberichtigungen und ist noch nicht endgültig festgestellt. Dieser Verlust könnte nach Auskunft von Dr. Janka auch wesentlich niedriger liegen.

Die BaFin wird den betroffenen Anlegern und Arbeitnehmern erklären müssen, warum sie das Bankhaus geschlossen, den Anlegern Verluste zugemutet und Arbeitsplätze vernichtet und anderen Möglichkeiten keine Beachtung geschenkt hat.

- Vorwürfe gegen den früheren Eigentümer gehen fehl, da dieser seine Beteiligung und Stimmrechte schon im März 2006 abgegeben hat.

- Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung der Bank gehen ebenfalls fehl, weil sie ebenfalls vom Treuhänder ausgetauscht worden ist.

- Vorwürfe gegen die Organisation der Bank gehen ebenfalls fehl, weil der Treuhänder seit März dieses Jahres ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm umgesetzt hat.

- Und sollte die Bank einen Jahresverlust 2005 ausweisen, dann hat diesen der Eigentümer zu tragen und nicht die Anleger.

Im Schließungsbescheid der BaFin wurde angeführt, dass das Fortführungskonzept der Bank durch die negative Presseberichterstattung gefährdet sei. Dies kann nicht tatsächlich ernst nehmen, wer verfolgt hat, dass diese negative Presseberichterstattung von der BaFin bewusst herbeigeführt worden ist.

- Durch Lancierung von Falschinformationen (siehe Handelsblatt vom 09.08.06 und Focus vom 14.08.06) - Durch Veröffentlichung von Schriftsätzen aus Gerichtsverfahren zwischen Bank und BaFin ohne Hinweis darauf, dass es sich hierbei um unbelegte Behauptungen handelt

- Durch den Vorwurf strafbaren Handelns gegenüber dem Eigentümer. So wurde dem ehemaligen Eigentümer der Bank vorgeworfen, er hätte eine "Aushöhlung" der Bank betrieben. Tatsächlich erfolgten Zahlungen an die beiden Geschäftspartner der Bank auf der Grundlage von Vereinbarungen, die die BaFin vorher genehmigt hatte.

Die Schließung der Privatbank Reithinger muss vor dem Hintergrund der vorliegenden Informationen als Willkürakt bezeichnet werden, der neben dem unmittelbaren Schaden für Anleger, Mitarbeiter und Bankunternehmen einen gewaltigen Vertrauensschaden hinterlässt. Die BaFin muss der Öffentlichkeit deshalb erklären, warum sie einen derartigen Anlegerschaden billigend in Kauf genommen hat und nicht zumindest - wie in anderen Fällen - den Weg einer stillen Liquidation gegangen ist.

Wenn die BaFin schon nicht im Interesse der Anleger, der Mitarbeiter und der Bank gehandelt hat, muss es andere, übergeordnete Gründe für ihr Vorgehen geben. Zur Beantwortung dieser Frage lohnt es sich, einige Reden von Herrn Sanio zu studieren. Dort ist immer wieder davon die Rede, dass es zu viele kleine Privatbanken gäbe und eine Marktbereinigung Not täte. Es mag dahingestellt sein, ob es der BaFin erlaubt ist, Marktordnungspolitik und Wettbewerbspolitik zu betreiben. Tatsache ist, dass es sich bei den kleinen Privatbanken häufig um Spezialbanken handelt, die in ihren Marktnischen zur Spitze zählen und den Großbanken, die den Bundesverband deutscher Banken (BDB) beherrschen, als lästige Wettbewerber unangenehm sind. Dem Bundesverband deutscher Banken, einem privaten Monopolverband, kommen die marktpolitischen Vorstellungen des BaFin-Chefs natürlich sehr entgegen. Der BDB hat zusammen mit seinem Prüfungsverband rund um den Einlagensicherungsfonds deutscher Banken ein zwar nicht sichtbares, aber höchst effizientes repressives System geschaffen, dessen Hilfe die BaFin zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele gerne annimmt. Dass diese Schiene funktioniert, wurde erst vor kurzem deutlich sichtbar, denn es waren die Vertreter des privaten Bankgewerbes, die Herrn Sanio aufgrund der ungewöhnlichen Vorgänge im Hause der BaFin von einer kurzfristigen Ablösung bewahrten.

Nimmt es da Wunder, wenn die Privatbank Reithinger just 2 Tage, nachdem die letzte Bankverbindlichkeit vorfristig getilgt worden ist, von der BaFin geschlossen wird. Da seit Februar dieses Jahres jede Überweisung der Privatbank Reithinger von der BaFin zu genehmigen war, müssen diese Rückzahlungen in Millionenhöhe ausdrücklich von der BaFin gestattet worden sein. Man darf darüber rätseln, warum Geschäftsleiter einer Bank in Schwierigkeiten, die jede Liquidität benötigt, nichts besseres zu tun haben, als Verbindlichkeiten bei anderen Banken zurückzuzahlen.

Wenn - wie der Treuhänder ausführte - zum Zeitpunkt der Schließung der Bank bei der Privatbank Reithinger alles noch im Lot war, woher kommen dann hohen Verluste, die zur Überschuldung geführt haben sollen?

- Unmittelbar nach Schließung der Bank verlangte die BaFin von den Geschäftsleitern die Erstellung eines Überschuldungsstatus. Hierzu findet am 21.08.06 in Bonn ein Gespräch mit der BaFin statt. Die Geschäftsleiter weigern sich, die Überschuldung der Bank festzustellen. Sie haben zwei Berechnungen - vor und nach Schließung der Bank - mitgebracht, die beide keine Überschuldung ausweisen. Es kommt zu Schuldzuweisungen, die mit dem Rücktritt beider Geschäftsleiter enden. Vor diesem Hintergrund legt auch der Treuhänder Dr. Janka sein Amt nieder. Mitten in ihrer schwierigsten Phase ist die Bank nun führungslos.

- Nun werden zwei der BaFin genehme Geschäftsleiter eingesetzt. Diese kennen weder die Bank, noch ihre Geschäfte und sind auch nur zeitweilig in den Räumen der Bank anwesend.

- Die BaFin gibt entgegen dem Wortlaut des Moratoriums keine Gelder für die Rechtsverfolgung frei. Damit kann sich die Privatbank Reithinger nicht gegen die ungerechtfertigten Maßnahmen der BaFin mit Rechtsmitteln zur Wehr zu setzen.

- Die BaFin gibt auch keine Gelder frei, um Verwaltungsleistungen zu bezahlen. Dies hat zur Folge, dass die Bank seit dem 02.08.06 über keine aktuellen Zahlen mehr verfügt, auf deren Grundlage Entscheidungen getroffen und Übernahmeinteressenten über die Bank informiert werden können.

- Schließlich verweigert die Privatbank Reithinger auf Anweisung der BaFin die Entgegennahme von Tilgungen auf Kundenforderungen in Millionenhöhe, obwohl dies während eines Moratoriums ausdrücklich zulässig ist.

- Am 13.09.06 begründen die von der BaFin eingesetzten Geschäftsleiter der Privatbank Reithinger eine Überschuldung der Bank mit dem Wegfall der Kreditforderungen, deren Tilgung die Bank auf Weisung der BaFin nicht annehmen durfte. Diese Entscheidung treffen sie ohne aktuelles und belastbares Zahlenmaterial in der Bank.

Mit anderen Worten:

Die BaFin hat die Überschuldung der Bank durch Maßnahmen, die nicht vom Bescheid über die Schließung der Bank gedeckt sind, herbeigeführt. Sie hat der Privatbank Reithinger die Möglichkeit genommen, sich mit Rechtsmitteln gegen die Maßnahmen der BaFin zur Wehr zu setzen. Und sie hat dafür gesorgt, dass seit Schließung der Bank keine ordnungsgemäße Verwaltung stattfinden konnte, weshalb sich eine Prüfung durch Übernahmeinteressenten schwierig und langwierig gestaltet. Vor allem aber hat sie es forciert, dass die Überschuldung der Bank durch die eingesetzten Geschäftsleiter festgestellt wird, ohne dass diese über aktuelles und belastbares Zahlenmaterial verfügen.

Kann es vor diesem Hintergrund überhaupt noch eine Hoffnung für die Anleger der Privatbank Reithinger geben, kann der erwartete Anlegerschaden noch vermieden werden?

Die Hoffnung, dass ein Anlegerschaden vermieden werden kann, besteht nach wie vor. Es gibt Übernahmeinteressenten, die bereit sind, die Bank zu übernehmen und zusätzliches Eigenkapital einzubringen. Der Kaufvertrag mit dem Eigentümer der Bank ist unterschriftsreif. Allerdings hat sich die Formulierung des Fortführungskonzepts der Übernehmer aufgrund des nicht zur Verfügung stehenden aktuellen und belastbaren Zahlenmaterials auf Seiten der Privatbank Reithinger verzögert.

Ob die Übernahme noch realisiert werden kann, hängt von der Kooperationsbereitschaft der BaFin ab. Es gibt allerdings in der jüngeren Vergangenheit zwei Beispiele, wo Bankinstitute auch nach Insolvenzantrag noch veräußert werden konnten.

Quelle: Pressemitteilung Dr. Michael Scheele

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