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Ökonomen erwarten Einführung einer Parallelwährung in Griechenland

Archivmeldung vom 20.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de
Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de

Angesichts der Blockadehaltung der griechischen Regierung gegenüber den internationalen Geldgebern rechnen führende Ökonomen damit, dass das krisengeschüttelte Mittelmeer-Land schon bald gezwungen sein dürfte, eine Parallelwährung einzuführen. "Jeder Tag ohne eine glaubwürdige Strategie der Athener Regierung, wie sie das Land aus der Krise führen will, rückt das Land näher zum finanziellen und wirtschaftlichen Kollaps. Auch Europa wird für das Scheitern Griechenlands und seines Staates einen hohen Preis zahlen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). "Letztlich wird diese Politik wohl zur Einführung einer griechischen Parallelwährung führen, was jedoch die europäischen Regeln brechen würde."

Auch der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier, hält die Einführung einer Parallelwährung für wahrscheinlich, sollten die Finanzhilfen ausbleiben und auch keine sonstige Lösung gefunden werden. "Dann dürfte Griechenland zahlungsunfähig werden", sagte Bielmeier dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). In einem solchen Fall geht er davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) dann die Nothilfen für die angeschlagenen griechischen Banken stoppt. Das Land wäre dann zwar insolvent, müsse deshalb aber nicht den Euro-Raum verlassen. Dies sei eine Entscheidung, die Griechenland unabhängig hiervon treffen könne. "Aus meiner Sicht ist es wahrscheinlicher, dass Griechenland in einem solchen Szenario eine parallele Währung zum Euro einführt."

Diese Ansicht vertritt auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, auch wenn sich die griechische Regierung gegen ein solches Szenario stemmen sollte. Ohne Hilfe der internationalen Geldgeber werde Griechenland keine weiteren finanziellen Verpflichtungen mehr erfüllen oder es werde versuchen, durch Umlenkung von Mitteln aus dem Staatshaushalt eine kurzfristige Lösung zu finden. Weit trage aber auch das nicht, sagte Hüther dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Denn die Möglichkeiten seien angesichts anderer Ausgabenverpflichtungen und "weitgehend ausgereizter Abschöpfungen", wie beispielsweise der Sozialversicherung, "sehr begrenzt".

Auch Hüther geht davon aus, dass die EZB angesichts solcher Entwicklungen die bisher für Griechenland rettenden ELA-Kredite kaum weiterführen könne. "Zugleich wird die Kapitalflucht forciert weitergehen, falls nicht schnell restriktive Kapitalverkehrskontrollen verhängt werden", ist der IW-Chef überzeugt. Dann aber dürfte der Liquiditätskreislauf im Land zusammenbrechen und Griechenland zu einer "Barter-Ökonomie" (Tauschhandel-Wirtschaft) werden.

"Überdies", so Hüther weiter, "droht dann, dass Rohstoffimporte – wie Öl – nicht mehr zu finanzieren sind und unterbleiben, was den Kollaps von Produktion und Mobilität in weiten Teilen begründen kann." Der Regierung bleibe dann "nichts übrig, als eine eigene Währung einzuführen".

Unions-Fraktionsvize warnt Athen vor Stopp aller Hilfszahlungen

Der Unions-Bundestagsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) hat Griechenland vor einem Stopp sämtlicher Hilfszahlungen gewarnt. "Griechenland muss sich an die vereinbarten Reformauflagen halten, sonst gibt es auch aus dem zweiten Hilfspaket keine weiteren Mittel mehr", sagte Fuchs der "Welt". Die letzte Tranche aus dem zweiten Rettungspaket in Höhe von 7,2 Milliarden Euro ist noch nicht an Athen ausgezahlt. "Ich mache mir große Sorgen, da sich die griechische links-rechts Regierung bisher nicht wirklich zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit ihren internationalen Geldgebern bereit gezeigt hat", sagte Fuchs. Die Frage nach einem dritten Hilfspakets stelle sich derzeit überhaupt nicht. "Das zweite Hilfspaket ist soeben verlängert worden", sagte der Fraktionsvize.

In der Unionsfraktion ist die Verärgerung über das Verhalten der griechischen Regierung und den schleppenden Reformprozess besonders groß: Ende Februar hatten 29 Fraktionsmitglieder der Union gegen die Verlängerung des zweiten Rettungspaketes gestimmt, so viele wie nie zuvor in den letzten fünf Jahren Griechenland-Rettung. Knapp über 100 Fraktionsmitglieder gaben zudem eine persönliche Erklärung ab.

Kauder mahnt Zuverlässigkeit der griechischen Regierung an

Vor dem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Deutschland hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) Zuverlässigkeit der griechischen Regierung angemahnt. "Internationale Verträge und Zusagen müssen eingehalten werden", sagte Kauder der "Berliner Zeitung". "Auch in anderen Ländern wird gewählt, auch dort müssen sich Regierungen an Abmachungen der Vorgängerregierungen halten. Man kann nicht einfach alles über den Haufen werfen. Es geht also um die Zuverlässigkeit." Er verlange nicht, dass Tsipras eine Krawatte anziehe. Nötig sei aber, dass der griechische Regierungschef "endlich die mit der Euro-Gruppe im Februar vereinbarten Reformen konkretisiert und auch klipp und klar sagt, wie er Griechenland aus der Misere führen will". Einen zeitlichen Bonus wegen der neuen Übernahme der Regierung habe Tsipras nicht. "Wenn man kurz vor dem Bankrott steht, kann man sich nicht viel Zeit lassen", sagte Kauder.

Der Unions-Fraktionsvorsitzende warnte davor, den Ausstieg Griechenlands aus dem Euro auszuschließen oder aber als sicher darzustellen: "Wir müssen zwischen den beiden Extremen den Versuch unternehmen, die Eurostaaten zusammenzuhalten."

Merkel erwartet keine schnelle Lösung der Griechenland-Krise

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet keine schnelle Lösung der Griechenland-Krise. Es sei völlig klar, dass niemand eine Lösung bereits auf dem EU-Gipfel am Donnerstagabend in Brüssel oder am Montag bei ihrem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Berlin erwarten könne, sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Es bleibt ein langer, schwerer Weg zu gehen", so die Kanzlerin. Athen müsse die "Hilfe als Verpflichtung verstehen", betonte Merkel.

Mit Blick auf ihr Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Tsipras am kommenden Montag sagte die Kanzlerin, dass sie sich auf den Besuch des griechischen Regierungschefs freue. "Wir werden Zeit haben zu reden, vielleicht auch zu diskutieren." Beim Gipfeltreffen am Donnerstagabend in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten einen Ausweg aus der bedrohlichen Lage Athens suchen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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