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Finanzkrise drückt die Zahlungsmoral

Archivmeldung vom 29.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Finanzkrise verschlechtert jetzt die Zahlungsmoral in Deutschland. In ihrer traditionellen Herbstumfrage erwarten nun 45 Prozent der Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU), dass Schuldner im kommenden Jahr Rechnungen schlechter bezahlen werden.

Im Frühjahr hatten noch 78 Prozent mit einem gleich bleibenden oder sogar besseren Zahlungsverhalten gerechnet.

Betroffen ist vor allem der Mittelstand. 79 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass aktuell die Dienstleistungsbranche besondere Probleme mit dem Zahlungsverhalten ihrer Kunden hat. Es folgen das Handwerk mit 57 und der Bau mit 50 Prozent. "Es nehmen jetzt deutlich mehr Kunden einen sogenannten Lieferantenkredit in Anspruch, indem sie das Bezahlen fälliger Rechnungen verzögern", berichtet BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. "Das ist ein Zeichen für eine weitere Verschlechterung des Zahlungsverhaltens. Es zeigt: Der kräftige Aufschwung ist vorbei und wir stehen am Rande der Rezession. Deshalb können in der Zukunft deutlich mehr Unternehmen Liquiditätsprobleme bekommen." Denn gleichzeitig würden die Banken gerade auch für mittelständische Unternehmen die Messlatte für die Gewährung von Krediten höher legen. "Und hier hilft kein staatlicher Rettungsplan", so Spitz.

Mehr Unternehmensinsolvenzen erwartet

Die Zahl der Firmeninsolvenzen wird im nächsten Jahr deshalb voraussichtlich deutlich steigen. Der BDIU hält bis zu 35.000 Insolvenzen für möglich - nach rund 30.000 in diesem Jahr (2007: 29.160). Grund: Insolvenzen reagieren erst mit einer zeitlichen Verzögerung auf aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen. "Daher kommt es jetzt für die Unternehmen darauf an, ihre Liquidität zu sichern", so Spitz. Dazu gehöre eine angemessene Ausstattung mit Eigenkapital und ein schnelles Mahnen offener Beträge.

Eine wertvolle Absicherung gegen Zahlungsausfälle seien auch sogenannte Scoringverfahren, mit denen Unternehmen die Kreditwürdigkeit von Kunden einschätzen können. In der Herbstumfrage sind 79 Prozent der BDIU-Unternehmen davon überzeugt, dass sich Forderungsausfälle so deutlich reduzieren lassen. "Nur mit einer guten Datenbasis können Unternehmen realistisch einschätzen, wie hoch die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Forderung ist, und wirtschaftlich verantwortlich handeln", bestätigt Jan Schneider-Maessen, Vorsitzender des Vereins für Credit Management (VfCM). Die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes sehen VfCM und BDIU kritisch. Der BDIU hat berechnet, dass deren Umsetzung die Wirtschaft mindestens 239 Millionen Euro kosten würde. Diese Kosten müssten die Firmen durch höhere Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen ausgleichen. "Ein Gesetz, das der Wirtschaft und damit auch den Verbrauchern neue Belastungen auferlegt, kommt jetzt zur falschen Zeit", so Spitz und Schneider-Maessen.

Verbraucherinsolvenzen gehen zurück

Für dieses Jahr erwartet der BDIU einen leichten Rückgang der Verbraucherinsolvenzen auf rund 100.000 (Vorjahr: 105.238). Grund seien neben der zuletzt rückläufigen Arbeitslosigkeit lange Wartelisten bei Schuldnerberatungsstellen und die bevorstehende Vereinfachung des Verfahrens für mittellose Schuldner. "Daher warten zurzeit viele Betroffene mit einem Antrag", so BDIU-Präsident Spitz. Mit rund drei Millionen überschuldeten Haushalten bleibe die Zahl der potenziellen Antragssteller allerdings unverändert hoch. "Die Finanzkrise und in deren Folge die Auswirkungen auf die Realwirtschaft werden dieses Problem wieder verschärfen. Die Lösung kann nur eine konsequente Bekämpfung von Überschuldung sein", ergänzt der BDIU-Präsident. Neben Arbeitslosigkeit, Scheidungen und unvorhergesehenen Krankheiten sei insbesondere mangelnde Finanzkompetenz ein häufiger Grund für eine Überschuldung. "Die Vermittlung von Finanzkompetenz muss deshalb noch besser im Bildungssystem verankert werden", fordert Spitz daher.

Öffentliche Hand nachlässiger Zahler

Ebenfalls problematisch ist laut BDIU-Herbstumfrage das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand. Nur 2 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass öffentliche Auftraggeber jetzt besser bezahlen als im Frühjahr. Mitverantwortlich dafür seien die hohen Außenstände der Städte und Gemeinden, die der BDIU mit über 12 Milliarden Euro beziffert. "Gerade im Bereich der Sozialleistungen, etwa für Kita-Beiträge oder Unterhaltsvorschusszahlungen, sind bei den Kommunen viele offene Forderungen entstanden", erläutert Spitz. Einige Städte, darunter Dresden und Leipzig, planen nun, auch externe Inkassounternehmen beim Realisieren dieser Forderungen einzusetzen. Spitz begrüßt das: "Die Kommunen können so ihre Einnahmen deutlich verbessern. Von stabilen Haushalten profitieren letztlich alle Bürgerinnen und Bürger, und das nicht nur in Zeiten einer Finanzkrise."

Quelle: Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.

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