Bundesbank: Genehmigung der Commerzbank-Übernahme "kein Selbstläufer"
Bundesbankvorstand Michael Theurer spricht sich gegen eine feindliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank Unicredit aus und bekräftigt, die weitere aufsichtsrechtliche Prüfung dazu sei nicht nur eine Formalie.
"Grundsätzlich gilt: Zusammenschlüsse bieten Chancen, bergen jedoch auch
immer Risiken. Und bei feindlichen Übernahmen steigen erfahrungsgemäß
die Risiken", sagte Theurer der "Süddeutschen Zeitung". Unicredit-Chef
Andrea Orcel sei sich dieser Risiken bewusst. "Er hat mehrfach betont,
er wolle nicht gegen den Willen der Bundesregierung handeln. Und da
sieht man, wo die Verantwortung für den nächsten Schritt liegt: bei den
Eigentümern - und die Bundesrepublik Deutschland ist hier eine
Großaktionärin", so Theurer weiter. Zuletzt hatte Bundesfinanzminister
Lars Klingbeil ein "unfreundliches Vorgehen" als "inakzeptabel"
bezeichnet.
Theurer wies zudem darauf hin, dass eine Übernahme
über den bisherigen Anteil hinaus einer erneuten Prüfung durch die
Bankenaufsicht bedürfe: "In meiner Rolle als Bankenaufseher kann ich
sagen: Das Inhaberkontrollverfahren bis zu einem Anteil von 29,9 Prozent
ist abgeschlossen. Alles darüber hinaus würde neue Fragen aufwerfen,
die in einem neuen Verfahren sehr sorgfältig geprüft werden müssten. Ein
Selbstläufer ist das nicht", sagte Theurer, der auch dem gemeinsamen
Aufsichtsgremium der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB)
angehört. Die EZB-Bankenaufsicht ist zuständig, einen neuen Eigentümer
der Commerzbank zu prüfen.
Mit Blick auf die AfD, die nach ihren
Erfolgen auch auf kommunalpolitischer Ebene zunehmend Vertreter in
Aufsichtsgremien von Sparkassen und anderen Banken entsendet, sagte
Theurer, dass die Bundesbank dies nicht verhindern könne: "Für die
aufsichtsrechtliche Prüfung zählen die Qualifikation und die
Zuverlässigkeit der Kandidaten - nicht deren politische Gesinnung, die
im Übrigen oft gar nicht bekannt ist", sagte er. "Wenn mir als Mitglied
im obersten Gremium der EZB-Bankenaufsicht Unterlagen zur Besetzung von
Chefposten bei italienischen Banken vorliegen, weiß ich auch nicht, ob
jemand Anhänger von Meloni oder der Lega ist - genauso wenig in
Frankreich in Bezug auf Le Pen."
Von den Volks- und
Raiffeisenbanken forderte Theurer rasche Reformen nach diversen teuren
Skandalen: "Wir drängen auf entschlossenes und zügiges Handeln. Und wir
ermutigen die Kreditgenossenschaften ausdrücklich, ihre Regularien
weiterzuentwickeln und auf Probleme angemessen zu reagieren. Ich habe
den Eindruck, dass Frau Kolak, die Präsidentin des Bundesverbandes der
Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), die Dringlichkeit erkannt hat."
Quelle: dts Nachrichtenagentur