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Neue Westfälische: Krise der SPD

Archivmeldung vom 13.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es sieht finster für die Sozialdemokraten aus. Als "Volkspartei" kann man sie mit gutem Gewissens kaum mehr bezeichnen. Schaut man auf die Kräfte- und Machtverhältnisse in den Regionen, so stellt man fest, dass in den fünf größten Bundsländern durchweg schwarz-gelbe Bündnisse den Takt vorgeben.

Das sieht in der Tat nach einem tragfähigen Fundament für den Regierungswechsel in Richtung Merkel/Westerwelle aus. Doch herrscht im Berliner Willy-Brandt-Haus nach wie vor die mittlerweile allerdings verzweifelte Hoffnung, dass alles noch mal so kommen mag wie 2002 und 2005. In den Bundestagswahlkämpfen damals schien die SPD Monaten zuvor ebenfalls bereits hoffnungslos abgeschlagen zu sein. Dann aber begann die Aufholjagd. An diesem Strohhalm klammert man sich im SPD-Hauptquartier. Sozialwissenschaftler allerdings pflegen so etwas als "pathologisches Lernen" zu charakterisieren. Denn nichts ist mehr so wie 2002 oder 2005. Seinerzeit vermochte die virtuose Kampfnatur Schröder regelmäßig zwei Monate vor den Wahlen zurück in die Rolle des robusten Sozialstaatsverteidigers zu schlüpfen. Angela Merkel und Guido Westerwelle personifizierten in diesen Kampagnen die Bedrohung für den "kleinen Mann". Aber wie wollen die Sozialdemokraten diese Methode ein drittes Mal anwenden? Sie haben Angela Merkel gewissermaßen gezähmt, für viele gar sozialdemokratisiert. Die Kanzlerin taugt nicht mehr als Buhfrau der sozialen Kälte. Und Guido Westerwelle - der als Buhmann wohl nach wie vor aufzubauen wäre - darf ja Feindfigur nicht mehr sein, sondern soll die Braut in der Koalitionsehe mit Liberalen wie Grünen geben. Die SPD befindet sich in einer Zwickmühle. Die Schröder-Müntefering-Steinmeier-SPD hat den Sozialdemokraten alles genommen, weshalb Mitglieder und Aktivisten früher lange Zeit mit beeindruckendem Eifer bei der Sache waren. Die SPD der letzten zehn Jahre hat immer nur beflissen reagiert, auf Imperative und Interpretationen, die von anderen sozialen und politischen Kräften gesetzt wurden. Im Jahr 2004 agierte die SPD als übereifrige Partei entregelter Märkte und allein ökonomischer Rentabilitätskriterien, fünf Jahre danach definierte sie das Sozialdemokratische dann plötzlich als puren Staatskapitalismus. Will die Generation nach Münte und den "Stones" eine Alternative zum "Merkelantismus" aufbauen, wird sie den Eigensinn und die Verlässlichkeit einer sozialen Demokratie wieder finden und beleben müssen. Opposition in Berlin mag Mist sein. Aber in den Bundesländern eröffnet sie den Sozialdemokraten wieder die Möglichkeit, Regierungen anzustreben, sich also regional zu regenerieren. Doch wird die Müntefering-Steinmeier-SPD alles versuchen, sich noch einmal in eine Große Koalition hineinzuretten. Man mag gar nicht ausdenken, wo die Partei dann im Jahr 2013 stehen wird.

Quelle: Neue Westfälische (Gastkommentator  Franz Walter)

Franz Walter (53) ist Professor für Politische Wissenschaften an der Universität Göttingen. Er ist einer der bekanntesten Parteienforscher Deutschlands.

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