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Ökonomen ermuntern IG Metall zu hoher Tarifforderung

Archivmeldung vom 12.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Paulwip / pixelio.de
Bild: Paulwip / pixelio.de

Dass sich die IG Metall in der laufenden Tarifrunde am Verhandlungsergebnis des öffentlichen Dienstes orientieren will, stößt auf Zustimmung bei Ökonomen. In der Metall- und Elektroindustrie wäre ein Abschluss wie der für die Beschäftigten von Bund und Kommunen von 6,3 Prozent "sogar enttäuschend", sagte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, "Handelsblatt-Online", zumal der neue Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zwei Jahre laufe, die Zuwachsraten demnach jährlich 3,7 und 2 Prozent betrügen. Die Industriebranche lebe derzeit allerdings "außerordentlich gut von der Nachfrage aus den schnell wachsenden Schwellenländern", betonte Fichtner.

Die Unternehmen hätten in den vergangenen zwei Jahren "satte Gewinne eingefahren", während die Lohnzuwächse eher bescheiden waren. Lohnsteigerungen zwischen vier und fünf Prozent wären daher aus seiner Sicht "sicherlich kein Anlass für das absehbare Lamento, man gefährde mit solchen Zuwächsen die internationale Wettbewerbsfähigkeit". Daran ändere auch die etwas schwächere Weltkonjunktur nichts. Im Gegenteil: "Gerade in diesem Jahr täte der deutschen Wirtschaft eine etwas solidere Binnennachfrage ganz gut - und die entsteht am ehesten dann, wenn die Löhne ordentlich zulegen", sagte Fichtner.

Auch der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, hält einen Konjunkturschub durch höhere Löhne für möglich. "Ein solcher Lohnabschluss würde die Konjunktur sogar stimulieren", sagte Horn "Handelsblatt-Online". "Denn die hiermit verbundenen Einkommenszuwächse fließen direkt in den Konsum, was die Binnennachfrage belebt. Dies ist derzeit umso wichtiger, da das europäische Konjunkturumfeld alles andere als gut ist." Negative Effekte sieht Horn nicht. Die Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrien sei vor dem Hintergrund ihrer hohen Produktivitätszuwächse bei bislang niedrigen Lohnsteigerungen nicht gefährdet. Die wesentliche Gefahr für die deutsche Konjunktur bestehe vielmehr in der schwachen Auslandsnachfrage. "Dies ist aber auch durch binnenwirtschaftliche Lohnzurückhaltung nicht aufzufangen, sondern nur durch eine starke Binnennachfrage."

Auch Klaus F. Zimmermann, Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), ermuntert zu einem hohen Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie. Der Branche gehe es vergleichsweise gut, und ein "deutlicher Lohnzuwachs" erscheine hier im Vergleich zum öffentlichen Dienst angemessen zu sein, sagte Zimmermann "Handelsblatt-Online". Auch müsse ein tatsächlich vereinbarter Lohnzuwachs auf Jahresbasis umgerechnet werden. "Die Forderung der IG Metall ist für sich genommen also nicht geeignet, die Konjunkturentwicklung entscheidend zu bremsen." Allerdings wären Lohnzuwächse von 5 Prozent für die gesamte Volkswirtschaft "durchaus gefährlich", fügte Zimmermann hinzu.

Als "absolut verständlich" bezeichnete der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte die derzeitigen Lohnforderungen, vor allem vor dem Hintergrund der massiven Subventionen, die die Finanzbranche durch die Bürger in den letzten vier Jahren erhalten habe. Auch Otte rechnet nicht mit konjunkturellen Rückschlägen, sollte es zu einem hohen Tarifabschluss in der Industrie kommen. "Über die deutsche Konjunktur wird auch nicht primär in Deutschland, sondern in den Emerging Markets entschieden, wohin viele der deutschen Investitionsgüter gehen", sagte der Ökonom "Handelsblatt-Online". "Eine Grenze für Lohnerhöhungen wäre da, wo die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ernsthaft gefährdet wäre. Das sehe ich aber derzeit nicht."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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