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Deutsche Reeder zwischen Piraten und Wirtschaftskrise

Archivmeldung vom 10.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die fortgesetzten Piratenüberfälle am Horn von Afrika und auf anderen wichtigen Schifffahrtsrouten belasten die deutschen Reedereien stark. Einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) zufolge wurde bislang jede fünfte Reederei Opfer mindestens eines Angriffs.

"Hinzu kommen die indirekten Folgekosten der Piraterie, die in der ohnehin schwierigen Wirtschaftslage zusätzlich belasten. Nur zwei von zehn Reedern sind der Ansicht, dass sie ihre Mehrausgaben durch Preiserhöhungen wenigstens teilweise ausgleichen können", kommentiert Claus Brandt, Partner und Leiter des maritimen Kompetenzcenters bei PwC.

Die Schifffahrtsunternehmen zahlen wegen des gestiegenen Risikos höhere Versicherungsprämien. Einige Reedereien schließen auch zusätzliche Lösegeld-Policen ab, um auf Entführungen vorbereitet zu sein. Hinzu kommen höhere operative Kosten. So fährt gut jeder fünfte Reeder längere und damit teurere Ausweichrouten, um Piratenangriffen zu entgehen. Ebenfalls jedes fünfte Unternehmen hat Probleme, Seeleute für gefährliche Passagen zu finden.

Kostspielig sind auch die Vorkehrungen gegen Überfälle auf den Schiffen. Bei jeder achten Reederei sind in Risikogebieten Sicherheitskräfte mit an Bord, jedes fünfte Unternehmen hat weitere Abwehrmaßnahmen getroffen. "Das Spektrum der Sicherheitsvorkehrungen ist breit und reicht von allgemeinen Verhaltensregeln für die Mannschaft bis hin zur Installation von Bordkanonen und der Einrichtung eines abgeschotteten 'Panic Rooms', der im Fall einer Kaperung als sichere Zuflucht dienen soll", so Brandt. Einige Reedereien umbauen die Bordwände ihrer Schiffe auch mit Stacheldraht, um Seeräuber abzuwehren.

Allerdings sind sich 98 Prozent der befragten Reedereien einig, dass weder diese Maßnahmen noch der Schutz durch die Marinen einzelner Länder das Piraterie-Problem aus der Welt schaffen können. Sie fordern vielmehr ein abgestimmtes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft.

An der Umfrage beteiligten sich 101 Reedereien. Sie decken mit zusammen rund 3.000 Hochseeschiffen und ca. 70.000 Mitarbeitern an Land und an See einen großen Teil des deutschen Schifffahrtsmarktes ab.

Finanzkrise verteuert Schiffskredite

Nicht so spektakulär wie die Piratenangriffe, aber wirtschaftlich mindestens ebenso gravierend sind die Folgen der Wirtschaftskrise für die Branche. Zwei von drei Reedereien sind nach eigener Aussage von der weltweiten Rezession betroffen, knapp 40 Prozent spüren die Folgen sogar "ausgesprochen stark". Gut jedes dritte Unternehmen hat wegen der Krise Schiffe aufgelegt, also vorübergehend außer Dienst gestellt. 30 Prozent der Unternehmen haben Aufträge für den Bau neuer Frachter oder Passagierschiffe verschoben oder ganz storniert, und fast jedes fünfte (18 Prozent) musste Mitarbeiter entlassen.

Deutlich bemerkbar macht sich auch die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe. Über 80 Prozent der Reedereien mussten ihr Finanzierungskonzept insgesamt ändern. Für Schiffsfinanzierungen zahlen 41 Prozent der Unternehmen höhere Zinsen als vor Beginn der Krise, und von jeder fünften Reederei verlangten Kreditinstitute nachträglich zusätzliche Sicherheiten. Bei 15 Prozent der Befragten haben Banken ihre Kreditzusage zurückgezogen.

Insgesamt sind neun von zehn Reedereien der Ansicht, dass die Banken bei der Bewertung von Schiffen "übertrieben vorsichtig" geworden sind. Gleichzeitig stimmen allerdings drei von vier Befragten der Aussage zu, dass die in früheren Jahren zu großzügige Kreditvergabe der Banken einen maßgeblichen Anteil an der gegenwärtigen Schifffahrtskrise hat.

Mehrheit befürchtet längere Flaute

Die Mehrheit (55 Prozent) der befragten Reeder geht nicht davon aus, dass die Schifffahrtsbranche in naher Zukunft wieder Fahrt aufnimmt. Daher rechnen 19 Prozent mit weiteren Stellenkürzungen auf Sicht der kommenden zwölf Monate. "Ein Silberstreif am Horizont ist allerdings die erwartete Erholung der Fracht- und Charterraten. Möglicherweise hat die Branche den stärksten Nachfrageeinbruch hinter sich", kommentiert Brandt.

So rechnen 37 Prozent der Unternehmen mit steigenden Charterraten, während nur 21 Prozent von eher sinkenden Tagesmieten für Schiffe ausgehen. Bei den Frachtraten gehen 42 Prozent der Befragten von einem Anstieg aus, 20 Prozent befürchten einen weiteren Preisverfall. Im Passagiergeschäft dürfte sich die Lage allerdings weiter verschlechtern. Von neun befragten Reedereien, die Passagierschiffe oder Fähren betreiben, rechnet keine mit einem Anstieg der Preise, zwei erwarten eher sinkende Erlöse. 

Quelle: PricewaterhouseCoopers AG WPG

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