GPS-Ausfall bei Ursula von der Leyen: Was wirklich hinter dem Flugvorfall steckt

Von Juergen Lehle - Eigenes Werk (See also AlbSpotter Flugzeugbilder Aircraft Photos), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1650605
Beim Flug von Ursula von der Leyen hieß es, die Piloten hätten wegen GPS-Ausfall mit Karten navigiert. Doch die Fakten zeigen ein anderes Bild.
Als die Meldung die Runde machte, war die Aufregung groß: Auf dem Flug von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Bulgarien sei die GPS-Navigation ausgefallen. Medienberichte sprachen davon, die Piloten hätten auf klassische Karten zurückgreifen müssen. Schnell wurde ein geopolitischer Zusammenhang hergestellt: Russland, so hieß es, könnte gezielt Störsignale ausgesendet haben. Doch eine genauere Analyse zeigt, dass viele dieser Darstellungen überzogen oder schlicht falsch sind.
Schon kurze Zeit nach Bekanntwerden der Vorwürfe widersprachen die bulgarischen Behörden den dramatischen Schlagzeilen. Der Verkehrsminister in Sofia erklärte, die Flugdaten hätten keinerlei Auffälligkeiten ergeben. Auch die öffentlich zugänglichen Tracking-Dienste dokumentierten einen völlig regulären Flugverlauf. Hinweise auf eine Notlage oder ein sicherheitsrelevantes Problem gibt es nicht.
Die Behauptung, Piloten seien ohne GPS aufgeschmissen und müssten auf Papierkarten zurückgreifen, ist ebenfalls irreführend. Moderne Verkehrsflugzeuge wie der eingesetzte Airbus der deutschen Flugbereitschaft sind mit hochkomplexen Navigationssystemen ausgestattet, die mehrfach redundant ausgelegt sind. Fällt das GPS tatsächlich einmal aus, übernehmen sofort die Inertialnavigationssysteme (INS/IRS), die die Fluglage und Position auch ohne Satellitendaten präzise bestimmen können. Zusätzlich stehen bodengestützte Funknavigationssysteme wie VOR und DME zur Verfügung, und im Landeanflug sorgt das Instrumentenlandesystem (ILS) für die exakte Führung auf die Landebahn. Karten dienen dabei höchstens als ergänzendes Hilfsmittel – nicht aber als Ersatz für moderne Systeme.
Warum also die Aufregung? Der zeitliche und politische Kontext spielt eine große Rolle. Von der Leyens Reise stand im Zeichen sicherheitspolitischer Spannungen. Die Erzählung einer möglichen russischen Einmischung durch GPS-Jamming passte in dieses Umfeld. Doch bisher gibt es keinen einzigen handfesten Beleg für eine russische Beteiligung. Experten weisen zudem darauf hin, dass GPS-Störungen auch durch technische Probleme oder natürliche Ursachen wie Sonnenstürme ausgelöst werden können.
Damit wirft der Fall mehr Fragen als Antworten auf. Wurde hier eine alltägliche Beeinträchtigung aufgebläht, um eine geopolitische Botschaft zu transportieren? Wollten bestimmte Akteure das Bild von einer akuten Bedrohung durch Russland verstärken? Tatsache ist: Der Flug verlief nach allen verfügbaren Daten normal. Die Vorstellung, dass die Besatzung improvisierend mit Papierkarten navigierte, entbehrt jeder Grundlage.
Für die Luftfahrt ist dieser Vorfall ein Beispiel dafür, wie Missverständnisse entstehen, wenn technische Details in einem politisch aufgeladenen Umfeld gedeutet werden. GPS ist ein wichtiges Werkzeug – aber längst nicht das einzige. Die Sicherheit des Luftverkehrs beruht auf mehrfacher Redundanz, und selbst bei Ausfällen bleiben zahlreiche Systeme verfügbar. Wer also glaubt, dass der Ausfall von GPS zwangsläufig ein Flugzeug in Gefahr bringt, irrt.
Die nüchternen Fakten sprechen dafür, dass der Flug regulär verlief. Die Behauptung, Piloten seien auf Karten angewiesen gewesen, ist in dieser Form nicht haltbar.
Am Ende wirft die Episode vor allem Fragen auf: Wie konnte eine Meldung über einen unbestätigten GPS-Ausfall so rasch den Weg in die großen Schlagzeilen finden? Und warum wurde der Eindruck erweckt, dass Piloten ohne GPS praktisch handlungsunfähig seien – obwohl die Luftfahrt längst auf Mehrfach-Redundanz setzt? Sicher ist nur eines: Der Flug von Ursula von der Leyen verlief nach allen verfügbaren Daten regulär. Alles andere bleibt eine Frage der Interpretation.
Quelle: ExtremNews - Thorsten Schmitt