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Finanzexperte Rügemer: Wie „Blackrock“ an der Corona-Krise verdient

Archivmeldung vom 04.04.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.04.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
BlackRock-Zentrale in Midtown Manhattan, New York City
BlackRock-Zentrale in Midtown Manhattan, New York City

Foto: Americasroof in der Wikipedia auf Englisch
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Krise um Covid-19 spitzt „gefährliche Entwicklungen im Kapitalismus zu, die ohnehin seit langer Zeit zu beobachten sind“. Das sagt der Kölner Finanzexperte Werner Rügemer im Sputnik-Interview. Er kritisiert dabei die Weltgesundheitsorganisation und „Blackrock“. Der Chef des US-Fonds erklärt aktuell, wie Blackrock mit der Krise Geld verdient.

„Jede Krise im Kapitalismus sorgt für eine Bereinigung und spitzt die Entwicklungen zu, die sowieso im Gange sind“, sagte Werner Rügemer, Finanzexperte und Blackrock-Kritiker aus Köln, im Sputnik-Gespräch. Dies treffe besonders auf die Weltgesundheitsorganisation WHO in der aktuellen Krise um SARS-CoV 2 (Covid-19) zu.

„Die Weltgesundheitsorganisation hat leider eine ähnliche Entwicklung bekommen wie die UNO auch“, sagte er. „Unter dem früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan (amtierte von 1997 bis 2006, Anm. d. Red.) wurden damals die etwa tausend größten westlichen Konzerne als Mit-Finanziers und Akteure in die UNO integriert. Das läuft bis heute unter dem Begriff des ‚Global Compact‘.“

Der „United Nations Global Compact“ ist ein weltweiter Pakt, der um das Jahr 2000 herum zwischen Unternehmen und der UNO geschlossen und aktiviert wurde, um die Globalisierung nach eigenen Aussagen „sozialer und ökologischer“ zu gestalten.

„Im gleichen Zuge wurde damals auch die WHO schrittweise umgekrempelt“, so Rügemer. „Genauso, wie das westliche Gesundheitssystem privatisiert und nach privaten Gewinn-Kriterien umorganisiert worden ist, wurde auch die WHO verändert. Die Organisation wurde faktisch privatisiert. In dem Sinne, dass heute der größte Teil der Finanzen für das WHO-Budget aus der Privatwirtschaft und von den fachlich naheliegenden Pharma-Konzernen eingebracht wird.“

Die von den finanziellen Mitteln her gesehen größte Privat-Stiftung der Welt, die „Melinda-und-Bill Gates-Foundation“, ist beispielsweise einer der größten Geldgeber für die Weltgesundheitsorganisation. „Aber bei weitem nicht der einzige. Alle großen Konzerne und Pharma-Unternehmen unterhalten private Stiftungen und sind bei der WHO mit ihrem Geld dabei.“ Darunter unter anderem die weltweit führenden Pharma-Konzerne Bayer AG (Monsanto), Novartis oder auch GlaxoSmithKline, um nur einige zu nennen. Aber auch Lebensmittelhersteller wie Unilever oder Nestlé üben Einfluss in der Weltgesundheitsorganisation aus.

„Warum stuft WHO knappes Trinkwasser nicht als Gesundheitsgefahr ein?“

Vertreter dieser Konzerne würden sich so in die WHO „einkaufen“, so Rügemer. „Sie sitzen auch in allen wichtigen Gremien der Weltgesundheitsorganisation.“  Dort würden dann folgende Fragen diskutiert:

„Welche Medikamente werden entwickelt oder auch nicht entwickelt? Welche Strategien fährt die WHO und was wird als wirklich gesundheitsgefährdendes Problem definiert? Betrachtet man beispielsweise die verheerende Trinkwassersituation, die ganz eng mit der Gesundheitslage in der Welt zusammenhängt, tatsächlich als globales Gesundheitsproblem oder nicht? Doch da haben die WHO-Akteure sich entschieden und sinngemäß gesagt: ‚Nö, wir wissen zwar von dem Problem – schlechtes Trinkwasser ist nicht gut für den menschlichen Körper – aber damit beschäftigen wir uns nicht.‘“ Das könne auch damit zusammenhängen, dass große Konzerne wie Nestlé „bekanntlich zu den weltweit größten Käufern von Trinkwasserquellen gehören. Insofern ist die WHO daran gebunden, welche Gesundheits- und Krankheits-Definitionen von den Konzernen geliefert werden.“

Demnach sei die WHO nicht mehr dem verpflichtet, was eigentlich ihr ursprünglicher Auftrag gewesen sei: „Nämlich das, was man heute altmodisch die Volksgesundheit nennen würde.“ Dabei sei das eigentlich ein nicht verhandelbares Gut.

„Gesundheit ist ein Menschenrecht!“, so Rügemers Überzeugung und Forderung. Doch mit diesem Menschenrecht werde schon viel zulange an den Finanzmärkten spekuliert und „gehandelt“, mahnt der kritische Wirtschaftsexperte bereits seit Jahren.

So macht „Blackrock“ durch Corona-Krise Gewinne

„Der US-Kapitalorganisator Blackrock verdient an der Corona-Krise“, stellte er klar. „Zum Geschäftsmodell von Blackrock und anderen großen Organisatoren von privatem Kapitel gehört es, dass Aktien, die sie an tausenden Unternehmen gleichzeitig besitzen, ein über das Jahr handelbares Produkt sind.“ Sprich: Kapitalorganisatoren und Investor-Gruppen wie Blackrock sehen in Aktien – also Anteile an Unternehmen – in allererster Linie ein Mittel und „Produkt zur Spekulation“. Unter anderem durch Wetten auf zukünftige Kursverläufe. Darunter die sogenannten „Leerverkäufe“. Im Banken- und Finanzwesen wird dabei von einem Verkauf von Basiswerten (beispielsweise Aktien) gesprochen, die sich zum Zeitpunkt der Verkaufsvereinbarung nicht im Eigentum des Verkäufers befinden.

„Es ist im Prinzip egal, ob sich die Aktienkurse spekulativ nach oben oder nach unten bewegen“, nannte Rügemer das Perfide an solchen Börsen-Wetten auf die Zukunft. „Da gibt es die bekannte Technik der Leerverkäufe oder Leih-Aktien. Ein Beispiel: Gegenwärtig gehen die Aktien von Fluggesellschaften (deren Maschinen wegen der Covid-19-Pandemie aktuell weder starten noch landen dürfen, Anm. d. Red.) nach unten. Dann kann sich ein Blackrock-Spekulant von diesen Fluggesellschaften Aktienpakete leihen und diese dann verkaufen oder Wetten darauf ausgeben. Dann wird gewartet, dass durch diese zusätzlichen Verkäufe der Wert des Flugunternehmens noch weiter absinkt und dadurch fährt der Spekulant dann Gewinne ein.“

Der Kölner Finanzexperte formulierte in einem Beitrag für die „NachDenkSeiten“ bereits am 19. März die Frage: Gibt es eine „Corona-Krise an den Börsen?“: „Wegen Produktions- und Auftragsrückgängen einzelner Unternehmen verkaufen vor allem aufgeregte Kleinaktionäre ihre paar Aktien“, schreibt Rügemer. „Wunderbar!“, so sein sarkastischer Kommentar.

Leerverkäufe: Wie „Blackrock“ und Co. Kursabstürze verstärken

„Wunderbar“, würden ihm zufolge auch Großaktionäre wie Blackrock, Vanguard und Hedgefonds wie Elliott oder EQT dazu sagen: „Diesen Absturz verstärken wir! Bei Wertpapieren und Aktien ist das Verstärken durch schnelles Hin- und Her-Verkaufen eigener Aktien – verstärkt durch Leihaktien – das bevorzugte Geschäftsfeld der großen Kapitalorganisatoren. So werden an den Börsen heute Aktienkurse auch nach unten getrieben und Gewinne gemacht.“

Mit Hilfe von Leerverkäufen sowie „Leihaktien und gezielt dosierten Käufen und Verkäufen können gerade die großen Insider wie Blackrock und Vanguard als gleichzeitige Vielfacheigentümer von Banken und Unternehmen mit ihren automatisierten Datenverarbeitungs-Kapazitäten –  größer als die jeder staatlichen Finanzaufsicht wie der BaFin in Deutschland – die Kursentwicklung beeinflussen. Ob nach unten oder oben, egal. Jede noch so kleine Differenz im Hochfrequenzhandel wird ausgenutzt. Und mit EZB-Krediten geht das nochmal im größeren Stil.“ Pikant dazu sei: „Blackrock berät die Europäische Kommission und die EZB – wie praktisch, oder?“

Wetten auf den Aktien-Crash

Ende März berichtete die „taz“ über „Kritik an Leerverkäufen: Trotz Corona nicht verboten“. „Längst spekulieren vor allem US-amerikanische Hedgefonds mit sogenannten Leerverkäufen auf sinkende Kurse: Sie leihen sich heute für Milliardensummen Aktien oder andere Wertpapiere und verkaufen diese sofort wieder zum aktuellen Kurs“, so die Zeitung. Um in der Corona-Krise Spekulationen und Wetten „auf fallende Börsenkurse zu unterbinden, haben Frankreich, Österreich, Italien, Spanien, Griechenland und Belgien sogenannte Leerverkäufe verboten“.

In Deutschland dagegen „sind solche Leerverkäufe noch erlaubt. Zur Begründung erklärte das Finanzministerium vergangene Woche in einem Bericht für den Finanzausschuss des Bundestags, es gebe auch so ‚ausreichend Flexibilität, um auf die aktuelle Situation zu reagieren‘. Daher seien ‚derzeit keine gesetzlichen Maßnahmen vorgesehen‘.“ Dies kritisiere Fabio de Masi, Finanzexperte der Linken im Bundestag. Die Bundesregierung agiere zu zögerlich: „Gedeckte Leerverkäufe verstärken Abwärtstrends, weil Fonds in der Not Kasse machen und mit geliehenen Wertpapieren auf fallende Kurse wetten“, wurde der Linkspolitiker zitiert: „Es ist unverständlich, warum die deutsche Aufsicht BaFin bisher untätig ist.“

Dazu ergänzte der Finanzexperte aus Köln im Sputnik-Gespräch, „dass die großen Zentralbanken – die Federal Reserve FED in den USA, die Europäische Zentralbank EZB oder auch die europäische Finanzaufsicht (ESFS) – diese spekulativen Finanzgeschäfte, die durch die Corona-Krise noch befördert werden, leider nicht verbieten.“ Im Gegenteil: Sie würden jetzt durch die staatlichen „Corona-Rettungspakete“ nur noch mehr Geld in die Finanzmärkte pumpen.

„Nach Corona wird unsere Welt eine andere sein“ – Blackrock-Chef

Einer der Profiteure dieses „Geldregens“: Blackrock. Lawrence „Larry“ Fink ist Chef des US-Vermögensverwalters und hat laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vor wenigen Tagen „aus dem Home Office“ heraus einen offenen Brief verfasst . „In meinen 44 Jahren in der Finanzindustrie habe ich noch nichts Vergleichbares erlebt“, beginnt er sein Schreiben. Innerhalb weniger Wochen seien rund um den Globus Indizes von Rekordhöhen gefallen und Börsen abgestürzt. Dies habe weltweit Auswirkungen auf die Menschen. „Wenn wir diese Krise überwinden, wird die Welt eine andere sein“, schreibt Fink. Die Weltwirtschaft werde sich schon bald von der Corona-Krise erholen, glaubt er.

Für Anleger biete der Markt derzeit „enorme Chancen – etwa um das Portfolio mit Aktien aufzustocken“, so der Blackrock-Boss. Er wolle Anlegern „mehr Optionen bieten“, wie sie ihr Geld anlegen können. Das liege auch daran, dass die Zentralbanken „schnell eingeschritten“ seien, um die Probleme am Kreditmarkt zu bewältigen.

„Angeblich soziale Geschäftsideen sollen nur Profit bringen“ – Blackrock-Kritiker

Fink komme „in seinem elfseitigen Brief erst auf Seite sechs auf das Thema Nachhaltigkeit zu sprechen“, so die „FAZ“. Im Januar habe er mit einem weiteren Brief an Unternehmensvorstände für Aufsehen gesorgt, als er in ungewöhnlich deutlichen Worten an ihre Verpflichtung zu mehr Nachhaltigkeit (in Klima- und Umweltfragen, Anm. d. Red.) appellierte.

„Das ist eine reine Geschäftsidee“, die Blackrock da vorhabe, kritisierte Rügemer die Aussagen von Fink. Mit Menschlichkeit und einem echten Willen zur nachhaltigen Problemlösung habe dieser Ansatz aber nichts zu tun.

„Blackrock-Chef Larry Fink drängt ja schon seit Jahren darauf, dass Unternehmen, an denen Blackrock Anteile und Aktien hält, sich ‚gesellschaftlich verantwortlich‘ verhalten. Blackrock und Co sehen beispielsweise in den jungen Menschen der weltweiten Klima-Bewegung mögliche künftige Kunden.“ Deshalb sei der US-Kapitalorganisator auch sehr an Bewegungen wie „Fridays for Future“ und anderen Umwelt-Projekten – natürlich nur aus Profit-Sicht – interessiert.

Hinzukomme, dass durch die aktuellen milliarden- und sogar billionenschweren Corona-Rettungspakete der Staaten – allein die USA wollen nach derzeitigem Stand über zwei Billionen US-Dollar bereitstellen zur Absicherung der eigenen Volkswirtschaft –  viel Geld „aus dem Nichts“ erschaffen wird. Neues Geld, das dann wieder Organisationen wie Blackrock zufließen und weitere Spekulation in der Weltwirtschaft sowie im Gesundheitssystem befeuern könnte.

Das Radio-Interview mit Dr. Werner Rügemer zum Nachhören:

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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