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Wegen Krim-Reise: Hausdurchsuchung bei ehemaligem SPD-Bundestagsabgeordneten

Archivmeldung vom 11.08.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Tauss nach seinem Übertritt zur Piratenpartei auf einer Demonstration, rechts der damalige Bundesvorsitzende der Piratenpartei Jens Seipenbusch
Tauss nach seinem Übertritt zur Piratenpartei auf einer Demonstration, rechts der damalige Bundesvorsitzende der Piratenpartei Jens Seipenbusch

Foto: Flickr upload bot
Lizenz: CC BY-SA 2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat aufgrund einer Anzeige des Wirtschaftsministeriums unter Leitung von Brigitte Zypries (SPD) die Privatwohnung des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss durchsuchen lassen. Ihm wird vorgeworfen, eine Gruppenreise auf die Krim organisiert zu haben. Dies berichtet die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik".

Weiter heißt es im Artikel auf der Webseite: "Seit der Wiederangliederung der Krim an Russland haben neben vielen Privatpersonen auch deutsche Politiker, wie der Abgeordnete der Linken Andreas Maurer trotz Sanktionen die Krim besucht. Jüngst sorgte auch der Fall des Auftritts der deutschen Musikgruppe Scooter auf der Krim für Aufsehen, für den die Ukraine den Bandmitgliedern nun mit bis zu acht Jahren Haft droht. Abgesehen von Einreiseverboten in die Ukraine führten solche Reise bisher jedoch nicht zu Konflikten mit dem deutschen oder europäischen Recht. Entsprechend überrascht zeigte sich der Vorsitzende des Vereins West-Ost-Gesellschaft in Baden-Württemberg, Jörg Tauss, im Sputnik-Interview über die plötzliche Hausdurchsuchung in seiner Privatwohnung am 21. Juli:

„Das ist in der Tat eine neue Qualität und für uns war das auch überraschend. Wir haben eine Krim-Reise organisiert und uns wird genau das vorgeworfen, die Organisation so einer Reise, nicht einmal die Reise selbst. Die Organisation verstieße gegen die EU-Sanktionen. Schon das ist befremdlich, da man ja eine Reise logischerweise organisiert. Entsprechend waren wir erstaunt, als morgens um halb Neun plötzlich vier Polizisten in kugelsicherer Weste mit einem Hausdurchsuchungsbefehl vor meiner Haustür standen.“

Tauss und seinem Verein wird ein Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz vorgeworfen. Laut Gerichtsbeschluss, der Tauss vor der Hausdurchsuchung ausgehändigt wurde, suchte man nach  „…Informationen über die Organisation von Reisen in die Krim…“

Als Grund für die Hausdurchsuchung wird der Verdacht angeführt:

„…dass der Verein im Jahr 2016 eine touristische Gruppenreise auf die Krim organisiert hat und für die Zukunft weitere Gruppenreisen dorthin anbieten will.“

Rechtlich beruft man sich in dem Schreiben auf die EU-Verordnung zu den Krim-Sanktionen:

„Unter anderem verbietet Artikel 2d der VO (EU) 692/2014 die Erbringung von Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit tourismusbezogenen Aktivitäten auf der Krim um in Sewastopol.“

Dem Vereinsvorsitzenden war vor der Reise das Außenwirtschaftsgesetz bekannt und er hat sich zusätzlich bei einem anderen ehemaligen SPD-Genossen abgesichert:

„Das Außenwirtschaftsgesetz sagt, dass kommerzielle Reisen und touristische Dienstleistungen im gewerblichen Bereich nicht akzeptabel sind. Deswegen haben wir uns auch, bevor wir die Reise im Verein ausgeschrieben haben, beim Auswärtigen Amt und beim Russlandbeauftragten der Bundesregierung Gernot Erler rückversichert. Und von dort erhielten wir die Bestätigung, dass bei Reisen von Vereinen wie unserem keine Bedenken bestünden. Umso betrüblicher ist es dann, wenn das Bundesministerium für Wirtschaft ohne jede Rückkopplung zu einer Strafanzeige greift. Wir fordern die Bundesregierung auf, erst einmal in ihren eigenen Reihen, bei ihren Ministerien für Klarheit zu sorgen.“, so Tauss im Interview.

Im Antwortschreiben vom Bundestagsabgeordneten Gernot Erler an den Verein hieß es wörtlich:

„Laut Auswärtigem Amt betreffen die Sanktionen nur Reiseunternehmen aus der EU. Ihnen ist es nicht mehr erlaubt, Tourismusdienstleistungen auf der Krim anzubieten. Bei Vereinen, die das nicht gewerbsmäßig machen, hat man keine Bedenken. Es erfolgt allerdings der Hinweis, dass von Reisen auf die Halbinsel Krim abgeraten wird, weil deutschen Staatsangehörigen dort kein konsularischer Schutz gewährt werden kann.“

Bei der Hausdurchsuchung wurden Computer und Korrespondenz konfisziert. Den Vorwurf der kommerziellen Organisation der Reise schließt Tauss aufgrund des Profils seines Vereins aus:

„Es ist leicht zu erkennen, dass wir ein gemeinnütziger Verein ohne Gewinnerzielungsabsicht sind. Wir sind nicht die Firma Neckermann und chartern kein Kreuzfahrtschiff, um in Jalta anzulegen. Wir haben in unserer Satzung einen völkerverständigenden Auftrag, leisten viel im Bereich der medizinisch-humanitären Zusammenarbeit, aber wir führen als Verein auch Reisen durch. Und es war der Wunsch unserer Mitglieder, eine Reise auf die Krim zu organisieren und das haben wir dann im September 2016 auch getan.“

Der Verein West-Ost-Gesellschaft in Baden-Württemberg engagiert sich seit dreißig Jahren in Osteuropa. Ursprünglich zur Hilfe für Opfer der Atomkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl entstanden, unterstützt der Verein bis heute vor allem im Bereich der medizinisch- humanitären Zusammenarbeit Klinken in ehemaligen Sowjetrepubliken, in Russland und Belarus. Im vergangenen Jahr beschlossen Vereinsmitglieder, eine Reise auf die Krim zu organisieren, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Von der Reise berichteten sie ausführlich auf ihrer Vereinswebsite.

Jörg Tauss war von 1994 bis 2009 Abgeordneter des Bundestages für die SPD. Anschließend war er bei der Piratenpartei. Unmittelbar nach der Hausdurchsuchung schrieb er deshalb Briefe an seine ehemaligen Parteigenossen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Außenminister Sigmar Gabriel. Allerdings hat er bis heute keine Antwort erhalten:

„Ich war ja selbst einmal Abgeordneter des Deutschen Bundestages und normalerweise ist es üblich, Bürgeranfragen innerhalb von 14 Tagen zu beantworten. Wir verlangen von der Wirtschaftsministerin die unverzügliche Rücknahme dieser Anzeige und wir fordern die Bundesregierung auf, die Rechtslage in Bezug auf Reisen auf die Krim ganz klar zu stellen, damit nicht noch mehr Teilen der Zivilgesellschaft Vorgänge wie bei uns zugemutet werden. Wo kommen wir denn hin, wenn jetzt plötzlich bei allen Vereinen mit langjährigen Partnerschaften zur Krim die Polizei vor der Haustür steht?“

Allein in  Baden-Württemberg haben die Städte Baden-Baden, Heidelberg und Ludwigsburg Partnerschaften mit Jalta, Simferopol und Jewpatorija auf der Krim.

Tauss glaubt zwar eher nicht, dass der Strafbefehl von SPD-Ministerin Zypries auch mit seiner eigenen Parteivergangenheit zusammenhängt, aber er kritisiert die Haltung der SPD in der Krimfrage:

„Es mag natürlich sein, dass ich mit meinem Austritt aus der SPD und Übertritt zu den Piraten ein Dorn im Auge bin. Aber darum geht es nicht. Ich halte es politisch für problematisch, dass ausgerechnet Sozialdemokraten sich an dieser Krim-Hysterie beteiligen. Ich verstehe auch die Kritik der SPD an den Äußerungen von Herrn Lindner zur Krim in den letzten Tagen überhaupt nicht. Lindner hat doch recht. Es bedarf umgehender Schritte, das Verhältnis zu Russland zu normalisieren und die SPD taucht hier weg und überlässt Fragen der Entspannungspolitik plötzlich der FDP. Das ist für mich als ehemaligen Sozialdemokraten sehr enttäuschend. Aber, wie gesagt, hier geht es in erster Linie um ganz klare rechtliche Sicherheit für die Zukunft für alle, die sich auf der Krim zivilgesellschaftlich und städtepartnerschaftlich beteiligen.

Anscheinend ist die Rechtslage bezüglich Reisen auf die Krim doch nicht so klar, wie es der martialische Auftritt des Staates im Falle dieses Vereins glauben macht. Bisher ist unklar, wie es im Falle der Reise dieses Vereins weitergeht. Der Strafantrag liegt nun bei der Staatsanwaltschaft Karlsruhe.

Jörg Tauss erwartet von Hausdurchsuchung und Strafbefehl keine Konsequenzen für sich und seinen Verein und gibt sich kämpferisch:

„Abgesehen von einem möglichen Ermittlungsverfahren gegen unseren Verein und mich persönlich geht es hier offensichtlich darum, die Zivilgesellschaft einzuschüchtern. Das können wir so nicht hinnehmen und deshalb werden wir uns nach Kräften wehren.“"

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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