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Usbekistan: Taschkent lädt deutschen Menschenrechtsausschuss aus

Archivmeldung vom 10.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Flagge von Usbekistan
Flagge von Usbekistan

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Reporter ohne Grenzen (ROG) und die Uzbekistan Press Freedom Group (UPFG) bedauern, dass die usbekische Regierung eine Reise des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages nach Taschkent kurzfristig abgesagt hat. Volker Beck (Grüne), Angelika Graf (SPD), Jürgen Klimke (CDU) und Serkan Tören (FDP) wollten vom 17. bis 21. September in das zentralasiatische Land reisen und dort auch die Unterdrückung von Medien und Journalisten thematisieren. ROG und UPFG hatten gehofft, dass die Abgeordneten sich vor Ort für die inhaftierten Journalisten einsetzen und mit unabhängigen Kollegen zusammentreffen.

Zehn Journalisten sitzen derzeit in usbekischen Gefängnissen. Einer von ihnen ist Salijon Abdurachmanow, Korrespondent der unabhängigen Nachrichtenseite uznews.net. Er wurde 2008 verhaftet und wegen angeblichen Drogenbesitzes zu zehn Jahren Haft verurteilt. Seither sitzt er im berüchtigten Arbeitslager von Karshi. Abdurachmanow war der einzige Journalist, der unabhängig aus der autonomen Republik Karakalpakstan berichtete. Er schrieb über Korruption, Umweltverschmutzung und Justizskandale.

Presse und Fernsehen werden in Usbekistan staatlich kontrolliert. Ausländische Medien wie BBC, Radio Liberty/Radio Free Europe dürfen seit 2005 nicht mehr im Land arbeiten. Ausländische Journalisten erhalten nur in Ausnahmefällen ein Visum. Sie können nur in Usbekistan recherchieren, wenn sie als Touristen einreisen und damit erhebliche Risiken für sich und ihre Gesprächspartner eingehen. Erst im März wurden zwei Journalistinnen ausgewiesen, die BBC-Korrespondentin Natalia Antelawa und die russische Fotoreporterin Viktoria Iwljewa.

Die wenigen unabhängigen Journalisten in dem 28 Millionen Einwohner zählenden Land geraten zunehmend unter Druck. In den vergangenen Monaten scheinen die usbekischen Behörden gezielt gegen sie vorzugehen. Am 30. Juni wurden Said Abdurahimow und Pawel Krawez festgenommen, weil sie auf dem Basar von Taschkent Fotos gemacht hatten. Nach sieben Stunden in Untersuchungshaft wurden sie wieder freigelassen, aber vom usbekischen Geheimdienst KGB verhört. Im März wurde Viktor Krymzalow wegen Verleumdung zu einer Geldstrafe von umgerechnet 1350 Dollar verurteilt - das entspricht etwa dem 60-fachen durchschnittlichen Monatseinkommen. Krymzalow bestritt, den fraglichen Artikel überhaupt geschrieben zu haben.

Doch nicht alle Fälle, in denen die usbekischen Behörden gegen Journalisten vorgehen, werden öffentlich. ROG und UPFG sind weitere Journalisten bekannt, die der KGB zum Schweigen verpflichtete, um sich und ihre Familien nicht zu gefährden. Dieses Klima der Einschüchterung und Isolierung kritischer Stimmen gehört in Usbekistan zum Alltag.

Auch die usbekische Bevölkerung wird medial weitgehend isoliert. Kritische Nachrichtenseiten wie die von der Uzbekistan Press Freedom Group unterstützte Seite uznews.net oder fergana.ru werden blockiert und sind nur über proxys abrufbar. Die Nachrichtenseite Uznews.net, die zu den wichtigsten seriösen Quellen über Usbekistan zählt, war 2012 bereits zweimal schweren Hackerattacken ausgesetzt und tagelang abgeschaltet. Seit die usbekische Regierung der Tochterfirma des russischen Mobilnetzbetreibers MTS im August die Lizenz entzogen hat, sind rund neun Millionen usbekische Kunden ohne Handyempfang. Diese Willkür im Umgang mit modernen Medien steht in scharfem Gegensatz zu der propagandistischen Euphorie der Karimow-Führung über die Entwicklung der IT- und Medientechnik.

Angesichts dieser Probleme hatten sich ROG und UPFG viel von der Reise des Menschenrechtsausschusses in das für Deutschland strategisch wichtige Land versprochen. Über den Luftstützpunkt in Termez wird die Bundeswehr in Afghanistan mit Nachschub versorgt, weshalb die deutsche Regierung Usbekistan gegenüber seit Jahren einen vorsichtigen Kurs fährt und Menschenrechtsprobleme kaum thematisiert. Umso wichtiger ist es, dass deutsche Parlamentarier die Missstände ansprechen. Der Menschenrechtsausschuss wurde in Taschkent nun aber zum zweiten Mal ausgeladen. Die usbekische Regierung hatte auch im Frühjahr 2011 eine geplante Delegationsreise der Abgeordneten abgesagt.

ROG zählt den usbekischen Präsidenten Islam Karimow zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Auf der ROG-Rangliste nimmt das Land zusammen mit Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea den 157. Platz ein und ist im Umgang mit Journalisten und Medien der repressivste Staat der früheren Sowjetunion.

Der Verein Uzbekistan Press Freedom Group mit Sitz in Berlin ist Kooperationspartner von ROG und ermöglicht die Herausgabe der unabhängigen Nachrichtenseite www.uznews.net über Usbekistan. Aus dem Exil heraus nutzt die Chefredakteurin Galima Bukharbaeva die Chancen des Internets, um eine unabhängige Berichterstattung über Ereignisse in dem zentralasiatischen Land aufrechtzuerhalten.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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