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Urteil gegen Sarkozy: Anwälte zeigen sich kritisch

Archivmeldung vom 03.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Nicolas Sarkozy Bild: Avala / wikipedia.org
Nicolas Sarkozy Bild: Avala / wikipedia.org

Nachdem Frankreichs Ex-Staatsoberhaupt Nicolas Sarkozy wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden ist, haben französische Anwälte gegenüber SNA das Urteil kritisiert und unter anderem auch von „Doppelmoral“, einer „politischen Entscheidung“ und von „Machtmissbrauch“ gesprochen.

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes zu lesen: "Frédéric Bélot, Anwalt der Pariser Anwaltskammer, sprach von einem „Problem mit der Unabhängigkeit der Finanzstaatsanwaltschaft“ in Frankreich.

„Die Finanzstaatsanwaltschaft untersteht dem Minister. Die Mitglieder der Nationalen Finanzstaatsanwaltschaft werden auf Empfehlung des Präsidenten der Republik, durch seinen Beschluss ernannt. Es ist sehr überraschend, dass das Verfahren gegen Bruno Le Maire (derzeitiger Minister für Wirtschaft und Finanzen – Anm. d. Red.) eingestellt wurde: Es gab ein Problem mit der Beschäftigung seiner Frau, als er Abgeordneter war. Hier verspürt man doch eine Politik der Doppelmoral“, sagte Bélot.

Die Nationale Finanzstaatsanwaltschaft habe sich auch in den Fall Fillon (2017 war Francois Fillon Präsidentschaftskandidat – Anm. d. Red.) und damit direkt in das politische Leben Frankreichs eingemischt, hieß es weiter. Und hier, so Bélot, sei wieder das Gleiche passiert. In jedem Fall sollte dies thematisiert werden.

„Und was äußerst ernst ist, ist die Tatsache, dass der ehemalige Präsident der Republik beschuldigt wird, während eines Gesprächs mit seinem Anwalt Erklärungen ihm gegenüber abgegeben zu haben. Dies ist eine Verletzung des Berufsgeheimnisses. Dies ist eine sehr ernste Sache in einem demokratischen Staat. Wenn Sie Ihrem Anwalt nicht vertrauen können, wem können Sie dann vertrauen?“, betonte Bélot.

Dann habe es Abhöraktivitäten in Bezug auf mehrere andere Anwälte der Pariser Anwaltskammer gegeben, um herauszufinden, wer Kontakt zu Präsident Sarkozy gehabt hätte. In der Staatsanwaltschaft sei es zu einem Informationsleck gekommen. Dies bedeute, dass die Telefonverbindungen von Anwälten angezapft und die Gespräche zwischen Mandanten und Anwälten abgehört würden. Zudem würden diese Gespräche aufgezeichnet und nicht einfach abgehört. Auch das wiege sehr schwer, hieß es.

„Darüber hinaus gibt es zweifellos ein hintergründiges Motiv (beim Urteil im Fall Sarkozy – Anm. d. Red.): Es geht darum, ihn daran zu hindern, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, damit man nicht darauf kommt, sich an ihn zu wenden, oder um die Rechten zu desorganisieren. Es gibt keine Beweise, es gibt sogenannte Indizienbeweise. Im Zweifelsfall erfolgt die Auslegung zugunsten des Angeklagten. Hier geht es um die Unschuldsvermutung, um das Recht auf Verteidigung. Heute sind wir eindeutig über die Grenzen hinausgegangen, ein Machtmissbrauch liegt auf der Hand. Und das ist sehr ernst“, betonte der Anwalt.

Bélot äußerte die Hoffnung, dass die Pariser Anwaltskammer Maßnahmen ergreift, damit das Recht auf Kommunikation zwischen dem Mandanten und seinem Anwalt – auch telefonisch – vollständig umgesetzt werden kann und die Parteien in dem Prozess den Fall ruhig mit ihren Anwälten besprechen können.

Auch für den Anwalt Régis de Castelnau ist das Urteil gegen Ex-Präsident Sarkozy eine „äußerst politische Entscheidung“.

„Der Inhalt des Verfahrens gab keine Möglichkeit zur Verurteilung. Dies ist das erste. Zweitens beruht der Fall auf einem Verstoß gegen das Gesetz. Zum Beispiel hören wir sehr oft Journalisten sagen: 'Das Verfahren begann mit dem Abhören des Gesprächs zwischen Nicolas Sarkozy und seinem Anwalt.' Entschuldigung, was? Das heißt, ein Berufsgeheimnis wurde verletzt, welches eine der Grundlagen des Strafrechts, des internationalen Strafrechts, darstellt – ich meine, dies ist etwas, das überall geschützt ist. Das Kassationsgericht befand dies für ganz normal. Auf dieser Grundlage wurde ein Verfahren eingeleitet, welches meiner Meinung nach sehr künstlich ausgerichtet wurde“, sagte de Castelnau.

Er würde von einer politischen Entscheidung sprechen, weil, wenn die Justiz ihre Arbeit in Übereinstimmung mit den ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen und juristischen Materialien erledigt hätte, hätte es in dem Fall einen Freispruch gegeben. Angesichts der Situation, in der sich heute das französische Justizsystem befindet, sei es schwierig gewesen, eine solche politische Alternative zu vermeiden.

Bei der Verwendung von Abhörergebnissen sei Vorsicht geboten. Wenn man keinen Kontext kenne und den Ton nicht hören könne, sei es schwierig, zu verstehen, was tatsächlich gesagt wurde.

„Das Berufsgeheimnis von Anwälten ist etwas Grundlegendes und kann nicht verletzt werden. Versuchen Sie, in Großbritannien damit zu scherzen – diejenigen, die sich dazu entschlossen haben, auf diese Weise zu scherzen, sind im Gefängnis. Selbst sein Mandant kann einen Anwalt nicht von der Verpflichtung entbinden, dieses Geheimnis zu wahren. Das ist also eine sehr wichtige Sache. Das französische Kassationsgericht trifft unglaubliche Entscheidungen, wenn sie Nicolas Sarkozy betreffen. Deshalb sage ich: Als Prozessteilnehmer hat Nicolas Sarkozy mehr zur Entwicklung des Rechts beigetragen als der Präsident der Republik“, so der Anwalt.

Anwalt Georges Sauveur sagte im SNA-Gespräch, dass es eine „äußerst gefährliche Methode ist, die Beweisaufnahme bei einer Anklage auf illegalem Abhören zu stützen“. Heute werde dies dadurch gerechtfertigt, dass „das Gute gewinnen muss“, koste es, was es wolle. Sauveur zufolge muss die Rechtsstaatlichkeit absolut und universell sein.

„Das Abhören der Telefonverbindungen eines Mandanten und seines Anwalts entspricht betrügerischen Methoden. Es gab eine Zeit, in der die Richter selbst empört waren, dass solche Methoden angewendet werden könnten. Das Gerede über 'Praktikabilität', die darauf abzielt, diese Art des Abhörens zu rechtfertigen, wirft viele Fragen auf “, sagte Sauveur weiter.

Nicolas Sarkozy (66), Staatspräsident der Französischen Republik von 2007 bis 2012, war am Montag von einem Gericht in Paris wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden, davon zwei Jahre zur Bewährung. Er muss nach der Entscheidung des Gerichts nicht ins Gefängnis: Er kann die Strafe zu Hause unter elektronischer Überwachung verbüßen. Das Urteil gilt in Frankreich dennoch als beispiellos, bisher wurde in der 1958 gegründeten Fünften Republik kein früherer Staatschef so hart bestraft. Sarkozy selbst hat seine Verurteilung heftig kritisiert und eine Berufung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht ausgeschlossen."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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