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Joschka Fischer beim Nato-Talk: „Weitere vier Jahre Trump hätte der Westen nicht überstanden“

Archivmeldung vom 17.11.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Bild: Screenshot Youtube
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Am Montag fand in Berlin der „NATO Talk 2020“ statt. Stargast war Joschka Fischer. Der Ex-Außenminister sieht das transatlantische Verhältnis durch Trump schwer beschädigt. Dies würde eine „politische Neugründung der Nato“ erfordern. Fischer hält die Nato für „alternativlos“. USA und EU bräuchten einander in der Auseinandersetzung mit China. Dies berichtet das online Magazin "Sputnik".

Bild: Screenshot Twitter
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Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Die Ausrichter der jedes Jahr im Herbst stattfindenden Konferenz „Nato-Talk“, die Bundesakademie für Sicherheitspolitik und die Deutsche Atlantische Gesellschaft, bemühten sich, auch im Corona-Jahr 2020 der Veranstaltung und damit der Nato angemessene Bedeutung zu geben. Ein schwieriges Unterfangen, wenn ein paar Kilometer weiter die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten neue Corona-Maßnahmen beraten, also Dinge, die die Menschen wirklich betreffen.

„Wir Deutschen müssen wieder anfangen strategisch zu denken“

Während beim Nato-Talk im vergangenen Jahr Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und 2018 gar NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die jeweiligen Stargäste der Veranstaltung waren, musste diesmal Ex-Außenminister Joschka Fischer von den Grünen diese Rolle ausfüllen. In einer sogenannten Keynote sagte der ehemalige Vizekanzler (1998 – 2005):

„Ich hätte nie gedacht, dass ein amerikanischer Präsident die Nato je als obsolet bezeichnen würde.“

Fischer meint, die Nato wurde schwer beschädigt durch die Äußerung von Donald Trump.

„Weitere vier Jahre Trump hätte der Westen nicht überstanden“, behauptete der Ex-Außenminister.

Zu Deutschland konstatierte der Ex-Politiker, dass es hier eine tiefgehende Aversion gegen militärische Außenpolitik gäbe. Fischer erklärt dies mit den zwei großen Weltkriegen. „Es wird für jede Koalition in Berlin verdammt schwer, dies zu überwinden.“, meint Fischer. „Wir Deutschen müssen wieder anfangen strategisch zu denken.“

Die Lösung sieht Fischer darin, die Aufrüstung nach Brüssel zu verlegen. Gemeint ist eine europäische Armee, die gerade wieder, auch angeregt durch die SPD, diskutiert wird.

„Faktisch läuft es auf eine politische Neugründung der Nato hinaus“

In der anschließenden Fragerunde mit Fischer, die von Klaus Scharioth moderiert wurde, der von 2006 bis 2011 deutscher Botschafter in den Vereinigten Staaten war, versuchte Fischer die aktuelle Geopolitik zu erklären. Der Ex-Vizekanzler sieht die Zukunft in China. Während der Zweck der Nato siebzig Jahre war „die Amerikaner drin, die Russen draußen und die Deutschen klein zu halten“, sollte man jetzt die Rolle der Nato neu bewerten.

„Faktisch läuft das auf eine politische Neugründung der Nato hinaus“, so Fischer.

Trotzdem hält Fischer die Nato für „alternativlos“. Die USA und die EU bräuchten einander in der Auseinandersetzung mit China.

Wirtschaftlich spricht sich der Ex-Außenminister allerdings für „Handel auf Augenhöhe“ der EU mit China aus. Fischer meint, „das Land ist zu groß, um es zu isolieren.“ „Das ist eine der großen Differenzen, die ich im Dialog mit den USA sehe“, so Fischer.

Fischer schränkte allerdings ein: „Ich sehe die Entwicklung in China mit großer Sorge.“ Als Stichworte nannte Fischer die „Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong“.
Ein weiteres Problem sieht Fischer im Expansionsstreben Chinas im Südchinesisches Meer.

China bleibt Feind Nummer Eins

Im ersten Panel des diesjährigen Nato-Talks ging es um die U.S.-Wahlen 2020 und die Folgen für Europa. Erwartungsgemäß herrschte hier große Erleichterung ob des wohlmöglichen Sieges von Joe Biden. Als Trump-Fans outete sich in diesen europäischen Nato-affinen Kreisen niemand.

Auch in diesem Panel war das dominierende Thema überraschenderweise nicht die USA, sondern China.

Daniela Schwarzer, Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), meinte, dass China auch in der Amtszeit von Biden das Kernthema amerikanischer Außenpolitik bleiben werde.

„Es gibt einen Konsens in den USA, dass man mit China hart umgehen muss und sie erwarten Europa dabei an ihrer Seite.“

Peter Beyer (CDU) ist seit 2018 der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung. Seine Aufgabe ist es, sich für ein möglichst gutes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten einzusetzen. Beyer schätzt das Thema China, aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Interessen Europas ebenfalls als Streitpunkt mit den USA ein:
„Ein komplettes ‚Decoupling‘, also ein Auflösen der Wirtschaftsbeziehungen, kann es für uns nicht geben. Wir hoffen, dass Biden dafür Verständnis haben wird.“, so Biden.

Angesichts des gerade unterzeichneten Freihandelsabkommens der Chinesen mit 15 asiatischen Nachbarn, was zum Entstehen der größten Freihandelszone der Welt führt, mahnt Beyer, schnell wieder mit den USA an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um doch noch eine Art TTIP hinzubekommen. Allerdings befürchtet Beyer, dass auch Biden sich erst einmal um die US-amerikanische Wirtschaft kümmern und eher protektionistisch handeln wird.

Zu Nord Stream 2: „Im Moment steht das Ding“

Zu Nord Stream 2, der von den USA sanktionierten Erdgas-Pipeline, die von Russland nach Deutschland führen soll, sagt Beyer salopp:

„Im Moment steht das Ding. Ich würde mir wünschen, dass die restlichen Kilometer zu Ende gebaut werden. Dies hat auch nichts mit Nawalny zu tun.“

Zum von Trump angekündigten US-Truppenabzug aus Deutschland bestätigt Beyer, dass bisher nicht ein Soldat abgezogen wurde und bezweifelt, dass es unter Biden wirklich dazu kommen wird.

Die USA als Friedensstifter?

Im zweiten Panel des Nato-Talks wurde eine Videobotschaft von Ivo H. Daalder, Präsident des US-Think-Tanks Chicago Council on global Affairs und ehemaliger US-Botschafter bei der NATO eingespielt. Der Ex-Nato-Diplomat verwies darauf, dass sowohl der Erste, wie der Zweite Weltkrieg nur durch den Eingriff der USA beendet wurden. Darauf schloss Daalder auch für die Jetztzeit: „Frieden braucht aktives amerikanisches Engagement, wirtschaftlich, aber auch militärisch.“
Der US-Politologe versicherte, dass die Kritik an der Nato einzig von Trump persönlich kam. Alle anderen hochrangigen Politiker in den USA schätzen die Nato. Die Krise der Nato sei überstanden, meinte der US-amerikanische Transatlantiker.
Es gäbe große Differenzen in Bezug auf Russland innerhalb der Nato, räumte der ehemalige Nato-Diplomat ein. „Manche meinen, Russland solle Teil einer europäischen Sicherheitsarchitektur sei.“ Dies schloss Daalder aus.

„Man kann nicht zur Tagesordnung übergehen mit einem Regime, das Grenzen verschiebt und Gegner vergiftet.“

Daalder sprach sich für starke Verteidigungs- und Abschreckungsmaßnahmen in Osteuropa aus.

Türkischer Botschafter: „Frankreich gießt Öl ins Feuer“

Am Nato-Talk 2020 nahm auch der türkische Botschafter in Deutschland Ali Kemal Aydın teil. Die Türkei ist zwar seit 70 Jahren Mitglied der Nato, aber mit ihren neuen geopolitischen Ambitionen seit Längerem Sorgenkind des Militärbündnisses, sei es mit Alleingängen in Syrien, Rohstoffstreit im östlichen Mittelmeer mit Griechenland, Waffenkäufen von Russland oder aktuell dem Eingreifen auf postsowjetischem Territorium im Kaukasus.

Beim Nato-Talk ging die Kritik des Botschafters vor allem in Richtung Frankreich. So meinte Aydın, Frankreich ermutige die Griechen noch, sich maritime Zonen zu sichern.

„Frankreich gießt Öl ins Feuer…Exportieren Sie bitte ihre bilateralen Probleme nicht in die Nato.“, erregte sich der Botschafter.

Es gäbe EU-Nato-Staaten, die der Türkei misstrauen und nicht möchten, dass sein Land an bestimmten Nato-Operationen teilnehme, so der Botschafter weiter. Auch hier gehe die Initiative von Griechenland und Frankreich aus, meinte Aydin.

Ein anderes Streitthema zwischen den Türkei und Frankreich, wo eine große armenische Diaspora lebt, ist der Konflikt in Berg-Karabach. Die Türkei hat hier ganz offen die aserbaidschanische Seite militärisch und diplomatisch unterstützt. Beim Nato-Talk hielt sich der Botschafter allerdings bei diesem Thema zurück und bestätigte nur, dass die Türkei in Aserbaidschan ein Friedensmonitoring-Zentrum eingerichtet habe."

Quelle: Sputnik (Deutschland)


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