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Schäuble räumt 2,74 Milliarden Euro an Haushaltsbelastungen durch neue Griechenland-Hilfe ein

Archivmeldung vom 28.11.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.11.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Gerd Altmann/shapes:Fr�d�ric Moser / Anonymous / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann/shapes:Fr�d�ric Moser / Anonymous / pixelio.de

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Haushaltsausfälle für die Bundesrepublik im Zuge der neu verabredeten Griechenlandhilfe für die nächsten Jahre von rund 2,7 Milliarden Euro eingeräumt. Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstagausgabe) teilte Schäuble dies dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier brieflich mit.

Das sechsseitige Schreiben, das der Zeitung vorliegt, stellt zugleich "weitere schuldenstandssenkende Maßnahmen" durch die Finanzminister der Eurozone in Aussicht, "falls dies notwendig ist, um eine weitere glaubwürdige und nachhaltige Reduzierung des Schuldenstandes zu erreichen."

Schäuble teilte in diesem Zusammenhang mit, dabei könne es sich um "mögliche Maßnahmen im Zusammenhang mit den Strukturfonds-Mitteln aus dem EU-Haushalt und/oder weitere Zinssenkungen handeln". Zur Frage nach konkreten Belastungen für den Bundeshalt stellt Schäuble in dem Schreiben klar, man habe für die nächsten Jahre rund zehn Milliarden Euro ausfallende Gewinne bei der Europäischen Zentralbank im Zuge der vereinbarten Anleihen-Aufkaufprogramme verabredet.

Der deutsche Anteil entspreche dem Anteil an der EZB von rund 27 Prozent. Dies bedeute, dass "rund 600 Millionen Euro im Jahr 2013 und rund 530 Millionen Euro im Jahr 2014" zu Lasten des Bundeshaushaltes anfielen. "Insgesamt beläuft sich der rechnerische deutsche Anteil aus aktueller Sicht auf rund 2,74 Milliarden Euro", so Schäuble. Darüber hinaus verzichte der Bund "pro Jahr auf rund 130 Millionen Euro an Zinsgewinnen".

Steuerzahlerbund fordert Verschiebung der Griechenland-Abstimmung

Der Bund der Steuerzahler fordert eine Verschiebung der Bundestagsabstimmung über die neuen Griechenland-Hilfen. Obwohl der Eigenbeitrag Griechenlands zur Sanierung durch Privatisierungen bisher "faktisch ein Totalausfall" sei, zierten die Euro-Staaten die Rettungspakete mit einer "goldenen Schleife". Das werde den Reformdruck weiter mindern, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel "Handelsblatt-Online". "Es ist daher notwendig, vor einer Entscheidung des Bundestages die Beteiligung der privaten Gläubiger an den Anleiherückkäufen abzuwarten oder einen substanziellen Schuldenschnitt für die Privaten anzusetzen", fügte er hinzu. "Gelingt dies nicht, muss ein Euro-Austritt Griechenlands politische Option bleiben."

Trotz der neuen Griechenland-Hilfen rechnet Holznagel mit weiteren Belastungen für den Bundeshaushalt. Die Auszahlung zugesagter Tranchen im Umfang von 44 Milliarden Euro und die jetzt ausgehandelten Stützungsmaßnahmen verschafften Griechenland gerade mal Luft bis Ende 2014, vorausgesetzt die "bisher stets zu optimistisch angesetzten Prognosen" fielen nicht noch weiter in den Keller. "De facto ist und bleibt Griechenland pleite", sagte Holznagel. "Weitere milliardenschwere Rettungsmaßnahmen werden folgen und ein kostspieliger Schuldenschnitt ist schon absehbar."

Die abermalige Lockerung der Rettungskonditionen werde zudem den Bundeshaushalt "dauerhaft belasten". Holznagel kritisierte in diesem Zusammenhang, dass Griechenland bei der Schuldenrückführung geholfen werden soll, indem unter anderem Gewinne der Europäischen Zentralbank in Höhe von elf Milliarden Euro aus ihrem Programm zum Kauf von Staatsanleihen verwendet werden. Davon entfallen rund 27 Prozent auf Deutschland, nach Angaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) allein 599 Millionen Euro in diesem Jahr. Das Geld fließt der Bundesbank zu, die ihren Gewinn - falls vorhanden - an den Bund ausschüttet.

Holznagel sagte dazu: "Die Ausschüttung der EZB-Gewinne über die Staatshaushalte wird gar dazu führen, dass die EZB-Geschäfte Grundlage für eine monetäre Staatsfinanzierung Griechenlands werden." Das sei ein "schwerwiegender Rechtsbruch" und gehe ebenfalls zu Lasten der Steuerzahler. "Das Grundübel der griechischen Tragödie wird damit aber nicht behoben, da die Regierung weiterhin nicht in der Lage sein wird, notwendige Reformschritte zügig umzusetzen", unterstrich der Steuerzahlerbund-Chef.

Anlegerschützer befürworten Schuldenrückkaufprogramm für Griechenland

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) befürwortet den Rückkauf von griechischen Staatsanleihen am freien Markt, um dem Mittelmeerland beim Schuldenabbau zu helfen. "Ein freiwilliger Rückkauf ist wohl die beste aller Optionen, da gegen keine Gesetze oder Regeln des Marktes verstoßen wird", sagte SdK-Vorstandsmitglied Daniel Bauer "Handelsblatt-Online". "Ein Schuldenschnitt auch der öffentlichen Institutionen sollte nur dann erwogen werden, wenn trotz Zinsverzicht und Schuldenrückkauf sich die Situation nicht verbessern sollte", fügte er hinzu. "Aber anhand von langfristigen Planszenarien bis ins Jahr 2022 hinein heute schon einen Schuldenschnitt für unausweichlich zu erklären, ist hochspekulativ."

Eine seriöse Einschätzung über die Erfolgsaussichten zum geplanten Schuldenrückkauf könne man derzeit aber nicht abgeben, da die Details des Rückkaufplans noch nicht bekannt seien, sagte Bauer weiter. Je nachdem welches Verfahren man anwende, würden die Erfolgsaussichten sinken oder steigen. "Generell kann der Schuldenrückkauf jedoch vor allem für diejenigen spekulativen Investoren wie Hedgefonds eine Ausstiegsoption sein, welche zuvor die Anleihen günstig am Markt erworben haben, und nun zu den aktuellen Kursen auf ansehnlichen Renditen sitzen", sagte Bauer.

Zudem könne das Konzept für Privatanleger eine Option sein, wenn der Rückkauf der Anleihen gebührenfrei erfolgen könne. "Da viele Privatanleger seit der Zwangsumschuldung auf Ministückzahlen von 20 verschiedenen Anleihen sitzen, kann dies eine Option sein, das Depot nun zu bereinigen", erläuterte Bauer. Außerdem dürfe "nicht vergessen werden, dass eventuell über politischen Druck Banken und Versicherer zum freiwilligen Andienen der Anleihen gedrängt werden könnten".

Seehofer warnt vor Schuldenschnitt für Griechenland

CSU-Chef Horst Seehofer hat eindringlich davor gewarnt, Griechenland die Schulden zu erlassen. "Einen Schuldenschnitt bei den öffentlichen Gläubigern halte ich nicht für machbar", sagte Seehofer der "Welt". "Das wäre ein verheerendes Signal und würde zur Nachahmung animieren."

Würde man Griechenland die Schulden erlassen, "stünde sofort Portugal auf der Matte", argumentierte der bayerische Ministerpräsident. "Es wäre auch rechtlich gar nicht möglich, dass die Bundesregierung auf Forderungen verzichtet."

Mit der Entscheidung der europäischen Finanzminister über weitere Griechenland-Hilfen zeigte sich Seehofer "sehr zufrieden". Das Prinzip, Hilfen nur gegen Auflagen zu leisten, bleibe bestehen. "Wir müssen berücksichtigen, dass sich die wirtschaftliche Lage in Griechenland verschlechtert hat", betonte Seehofer. "Der Reform- und Sparprozess wird nicht aufgegeben."

Der CSU-Vorsitzende sagte eine Mehrheit der schwarz-gelben Koalition bei der bevorstehenden Abstimmung im Bundestag voraus. "Ob es eine Kanzlermehrheit wird, ist immer schwer vorherzusagen", fügte er hinzu. Seehofer äußerte Respekt vor abweichenden Meinungen, "wenn sie fundiert sind und nicht allein der Selbstdarstellung dienen".

Bosbach befürwortet Schuldenschnitt für Griechenland

In der CDU wird der Ruf nach einem Schuldenerlass für Griechenland immer lauter: Nach einem Bericht der "Bild-Zeitung" macht sich unter anderem der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, für einen Schuldenschnitt stark und geht damit auf Konfrontationskurs zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU). "Ich fürchte, dass es ohne einen Schuldenschnitt auf Dauer nicht gehen wird", sagte Bosbach der Zeitung. Allerdings würden dann auch andere Länder entsprechendes fordern.

Nach Ansicht des CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus-Peter Willsch ist es "ausgeschlossen", dass Griechenland ohne Schuldenschnitt wieder auf die Beine kommt. Ähnlich äußerte sich sein Fraktionskollege und Haushaltsexperte Norbert Brackmann: "Ich gehe davon aus, dass es am Ende einen Schuldenschnitt geben muss." Allerdings könne die Höhe derzeit nicht seriös ermittelt werden. Schäuble hat bislang immer erklärt, er lehne einen Schuldenschnitt für Griechenland strikt ab.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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