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"Spiegel": BND und BfV setzen US-Spähprogramm ein

Archivmeldung vom 20.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Crypto City: Hauptquartier der NSA in Fort Meade
Crypto City: Hauptquartier der NSA in Fort Meade

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

BND und BfV setzen US-Spähprogramm ein Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND und das im Inland operierende Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) setzen eine Spähsoftware der amerikanischen NSA ein. Das geht aus geheimen Unterlagen der National Security Agency hervor, die der "Spiegel" einsehen konnte. Das BfV wurde den Dokumenten zufolge vor allem deshalb mit dem Programm namens "XKeyscore" ausgerüstet, "um dessen Fähigkeiten auszubauen, die NSA bei der gemeinsamen Terrorbekämpfung zu unterstützen". Der BND solle den Inlandsgeheimdienst im Umgang damit unterweisen, heißt es in den Papieren.

Das System ist einer internen NSA-Präsentation vom Februar 2008 zufolge ein ergiebiges Spionagewerkzeug. Ausgehend von Verbindungsdaten ("Metadaten") lässt sich dar über den Unterlagen zufolge beispielsweise rückwirkend sichtbar machen, welche Stichworte Zielpersonen in Suchmaschinen eingegeben haben.

Zudem ist das System in der Lage, für mehrere Tage einen "full take" aller ungefilterten Daten aufzunehmen – also neben den Verbindungsdaten auch zumindest teilweise Kommunikationsinhalte. Aus deutscher Perspektive ist das auch deshalb relevant, weil von den monatlich rund 500 Millionen Datensätzen aus Deutschland, auf die die NSA Zugriff hat, den Unterlagen zufolge ein großer Teil (z.B. rund 180 Millionen im Dezember 2012) von XKeyscore erfasst wird. BND und BfV wollten auf "Spiegel"-Anfrage den Einsatz des Spionagewerkzeugs nicht erläutern. Auch die NSA wollte zu dem Gesamtkomplex keine Stellung nehmen und verwies auf die Worte von US-Präsident Barack Obama bei dessen Berlin-Besuch.

Wie aus den Dokumenten ferner hervorgeht, hat sich die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit der NSA zuletzt intensiviert. Darin ist vom "Eifer" des BND-Präsidenten Gerhard Schindler die Rede. "Der BND hat daran gearbeitet, die deutsche Regierung so zu beeinflussen, dass sie Datenschutzgesetze auf lange Sicht laxer auslegt, um größere Möglichkeiten für den Austausch von Geheimdienst-Informationen zu schaffen", notierten NSA-Mitarbeiter im Januar. Im Lauf des Jahres 2012 habe der Partner sogar "Risiken in Kauf genommen, um US-Informationsbedürfnisse zu befriedigen".

In Afghanistan, heißt es an anderer Stelle in den Papieren, sei der BND in Sachen Informationsbeschaffung sogar "fleißigster Partner". Auch auf persönlicher Ebene ist der Austausch eng: Erst Ende April, wenige Wochen vor Beginn der Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, war eine zwölfköpfige hochrangige BND-Delegation zu Gast bei der NSA und traf dort auf diverse Spezialisten in Sachen "Datenbeschaffung" ("Data Acquisition").

Rösler macht in NSA-Affäre Druck auf eigene Regierung

Sechs Wochen nach Bekanntwerden der Abhöraffäre des US-Geheimdienstes NSA macht FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler Druck auf die eigene Regierung. Er sei "alarmiert", sagte Rösler dem "Tagesspiegel am Sonntag". Als Liberaler habe er ein "besonderes Interesse daran zu erfahren, was wirklich geschehen ist und in welchem Umfang". Erkennbar auf Distanz ging Rösler zu Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Äußerungen Friedrichs, im Verhältnis der Grundrechte Freiheit und Sicherheit gebühre der Sicherheit das Prädikat eines "Super-Grundrechtes", kritisierte Rösler im Gespräch mit der Zeitung scharf.

Merkel dringt auf globales Datenschutzabkommen

Angesichts der Enthüllungen über das US-Spähprogramm "Prism" dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ein globales Datenschutzabkommen nach dem Vorbild des Kyoto-Protokolls für den Klimaschutz. "Das muss unser Ziel sein, so anspruchsvoll es auch ist", sagte die CDU-Vorsitzende im Interview mit der "Welt am Sonntag". "Frühere Generationen haben sich eine Menschenrechtscharta gegeben oder eine Welthandelsorganisation. Wir sollten auch im 21. Jahrhundert imstande sein, globale Vereinbarungen zu schließen." Die Kanzlerin wies Einwände zurück, "man habe schon am Kyoto-Protokoll gesehen, wie schwer das alles sei".

Wenn die digitale Kommunikation die ganze Welt vor völlig neue Fragen stelle, "dann müssen wir uns dieser Herausforderung stellen", forderte sie. "Deutschland setzt seine Kraft dafür ein." Die Bundesrepublik prüfe eine Initiative, den UN-Pakt für bürgerliche und politische Rechte zu ergänzen. "In einem Zusatzprotokoll könnte ein Bekenntnis zu einem zeitgemäßen und weitreichenden Datenschutz verankert werden", so die Kanzlerin. Zugleich zeigte sich Merkel offen für eine Überarbeitung der europäischen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung und für eine Verringerung der Speicherfristen von sechs auf drei Monate. "Ich kann der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht vorgreifen, aber denkbar wäre das", sagte Merkel auf eine entsprechende Frage. "Die allermeisten Zugriffe erfolgen im Übrigen ohnehin in den ersten paar Tagen. Vielleicht sind lange Speicherfristen bei der voranschreitenden technischen Entwicklung gar nicht mehr notwendig."

Merkel bekräftigte, sie selbst und auch Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) hätten erst "über die aktuelle Berichterstattung von - wie es heißt - flächendeckenden Datensammlungsprogrammen wie Prism erfahren". Jetzt gelte es zu klären, was von den Berichten zu solchen Programmen genau zutreffe.

Die Reise von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) habe dazu gedient, "den Aufklärungsprozess zusammen mit unseren US-Partnern in Gang zu setzen". Als Bundeskanzlerin habe Merkel das Ziel, "sicherzustellen, dass die Bürger sich darauf verlassen können, dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehalten wird". Ihre Verantwortung sei es, die Sicherheit der Bürger in Deutschland umfassend zu gewährleisten. "Dazu gehört der Schutz vor terroristischen Anschlägen - und der Schutz der persönlichen Daten. Beides muss miteinander in Einklang gebracht werden", sagte sie. "Jeder Eingriff in die Privatsphäre, also auch in die Daten eines Menschen, muss streng dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen und unterliegt Recht und Gesetz." Der Zweck heilige nicht die Mittel, betonte Merkel. "Nicht alles, was technisch machbar ist, darf auch gemacht werden."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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