Österreichs Bundeskanzler Kern: AfD profitiert von Ausgrenzung
Archivmeldung vom 12.12.2016
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Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) warnt Deutschland nach den Erfahrungen seines Landes mit der FPÖ davor, die AfD auszugrenzen. "Es ist vermutlich keine Erfolgsstrategie, die AfD zu tabuisieren und ihre Wähler zu ächten", sagte Kern der "Bild am Sonntag". Er verstehe, dass man der AfD nicht nah kommen wolle. Spätestens wenn die Partei weiter Wahlen gewinne, werde sich die Auseinandersetzung aber entwickeln, so Kern.
"Man muss sie in inhaltlichen Auseinandersetzungen stellen. Dann zeigt sich ziemlich schnell, wie wenig Substanz da ist." In Deutschland drohe sonst eine ähnliche Entwicklung wie mit der FPÖ in Österreich, so Kern: "Wir haben die FPÖ und das, wofür sie steht, zurecht immer abgelehnt. Vom Versuch, sie auszugrenzen hat die Partei allerdings profitiert. Sie konnte beleidigt in eine Ecke flüchten und sich als Opfer darstellen.
Das hat sie unnötig mystifiziert und zum vermeintlichen Rächer der Enterbten gemacht." Zu Parallelen zwischen der österreichischen FPÖ und der AfD sagte Kern: "Inhaltlich gibt es viele Übereinstimmungen. Verglichen mit der FPÖ ist die AfD aber noch relativ unprofessionell, heillos zerstritten und kaum kampagnenfähig. Das war in den frühen Phasen der FPÖ sehr ähnlich. Meine Befürchtung ist deshalb, dass der Aufstieg der AfD erst beginnt."
Für Europa sei der Sieg des Grünen-Kandidaten Alexander van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich eine gutes Signal, aber kein Grund zur Entwarnung, sagte Kern: "Ich bin froh, dass die Wahl so ausgegangen ist. Aber man darf nicht übersehen, dass die Kräfte, die Rechtsdemagogen derzeit so stark machen, weiter walten. Europa steht vor großen Herausforderungen, das spüren die Menschen.
Aber es fehlt in der EU an Führung und an klarer Kante. Wenn das so bleibt, ist der Aufstieg von Demagogen sicher nicht zu Ende." Dennoch sieht Kern für seine eigene Bewegung, die Sozialdemokratie, noch eine große Zukunft: "Die Problemstellungen unserer Zeit sind sozialdemokratisch. So lange ein Prozent der Bevölkerung so viel besitzt wie die übrigen 99 Prozent, steht die Sozialdemokratie vor ihrer Blüte, nicht vor ihrem Verschwinden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur