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Europarechtler: ABS-Kaufprogramm der EZB verstößt gegen EU-Recht

Archivmeldung vom 02.10.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Guenter Hamich / pixelio.de
Bild: Guenter Hamich / pixelio.de

Nach Einschätzung des Londoner Europarechtlers Gunnar Beck verstößt die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem ABS-Kaufprogramm in mehrfacher Hinsicht gegen EU-Recht. Zwar dürfe die EZB grundsätzlich Wertpapiere und Euro-Forderungen auch von Banken aufkaufen, aber nur über den Kapitalmarkt zu Marktpreisen, zu geldpolitischen Zwecken und gemäß dem "Vorsichtsprinzip" nur gegen ausreichende Sicherheiten, sagte Beck dem "Handelsblatt" (Onlineausgabe).

Bei Ramschpapieren sei dies nicht der Fall. "Damit geht die EZB erhebliche Kreditausfall- und Verlustrisiken ein, die sie den privaten Geschäftsbanken abnimmt." Die ABS-Käufe könnten daher selbst bei begrenzten Ausfällen das geringe Eigenkapital der EZB aufzehren, warnte Beck. Die Lücken müssten die Euro-Regierungen schließen. Andernfalls müsste die EZB Staatsanleihen kaufen oder neues Geld drucken. "Das wäre monetäre Staatsfinanzierung, die laut EU-Recht untersagt ist."

Aus europarechtlicher Sicht problematisch ist laut Beck zudem, dass die EZB mit den ABS-Käufen marode Banken entschuldet und Unternehmenskredite subventioniert. "Kredithilfen sind jedoch allenfalls Aufgabe der nationalen Industrie- und Ausgabenpolitik, wie etwa der Kreditanstalt für Wiederaufbau", sagte Beck. "Mit der beschlossenen Banken- und Unternehmenssubventionierung überschreitet die EZB eindeutig ihr Mandat." Für nicht mit dem EZB-Mandat vereinbar hält Beck überdies den Umstand, dass die Zentralbank mit den ABS-Käufen und Billigkrediten Kapital dorthin lenke, wohin es eigentlich aufgrund von Marktprozessen nicht flösse: in marode Banken und in südeuropäische Staatsanleihen und Unternehmenskredite. "Dadurch animiert EZB-Präsident Draghi die Kreditinstitute erneut genau die Risiken einzugehen, die er ihnen mit den ABS-Käufen gerade abnehmen will. In ein paar Jahren kommt es dann zur nächsten, noch größeren Finanzkrise."

Die ABS-Käufe würden daher, wie Beck betonte, auf Jahrzehnte "gewaltige Risiken" für die Steuerzahler bergen. "Kommt es zu Ausfällen, belasten diese die Staatskassen oder es kommt zu Geldentwertung", sagte. Inflation sei für Draghi derzeit zwar kein Thema. Das sei allerdings nur bedingt richtig, denn nur die Preise für Konsumgüter stiegen moderat. "Immobilien oder Aktien steigen seit Jahren um zehn oder mehr Prozent, auch die Mietpreise steigen vielerorts rapide, während Sparer für ihr Geld keine Zinsen erhalten", erläuterte Beck. "Draghi setzt damit die Grundlagen der deutschen sozialen Marktwirtschaft aufs Spiel", resümierte der Europarechtler.

SPD und Grüne reagieren zurückhaltend auf EZB-Ankaufpläne

Politiker von SPD und Grünen haben zurückhaltend auf den Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) reagiert, für die Dauer von zwei Jahren Banken durch den Ankauf von Kreditpaketen zu entlasten. Der Kauf von besicherten Kreditpaketen (Asset Backed Securities; ABS) sei ein "zweischneidiges Schwert", sagte der Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, dem "Handelsblatt" (Onlineausgabe). "Es gibt berechtigte Zweifel, ob der Ankauf von diesen Papieren die Kreditklemme in Südeuropa lösen kann. Auf der anderen Seite ist aber klar, dass sich die Risiken der EZB und die der Steuerzahler erhöhen würden." Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick stellt generell den Nutzen der jüngsten EZB-Maßnahmen in Zweifel. "Der Aufkauf von ABS-Papieren würde das Problem zu geringer Investitionen und deflatorischer Gefahren nicht lösen. Nicht die Kreditvergabe, sondern die schwache Nachfrage sind die Hauptursache für die Investitionszurückhaltung der Unternehmen", sagte der Bundestagsabgeordnete dem "Handelsblatt" (Onlineausgabe). Abgesehen davon hätte der Aufkauf der ABS-Papiere "gravierende Nachteile". Gute Papiere fänden heute schon Abnehmer, dafür brauche es die EZB nicht. "Wenn die EZB den Verbriefungsmarkt nur dadurch wiederbeleben kann, dass sie für die Risiken der Finanzinstitutionen durch den Kauf schwer verkäuflicher Papiere einspringt, rettet sie wieder schwache Banken", sagte Schick. "Bankenrettung ist aber nicht Aufgabe der EZB." Schick hält es vor diesem Hintergrund für geboten, dass die Bundesregierung und die anderen europäischen Regierungen Probleme wie die Investitionsschwäche angehen.

Der SPD-Politiker Poß sieht die Banken in der Pflicht, die von der EZB zur Verfügung gestellten Mittel auch an die Wirtschaft weiterzugeben. In Südeuropa müssten zudem die zügige Umsetzung struktureller Reformen und die Nutzung bereits vorhandener Mittel, wie die sogenannte europäische Jugendgarantie und die europäischen Strukturfonds, in Gang kommen.

Wissing: Aufkaufprogramm der EZB ist "Verzweiflungstat"

Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) Risikopapiere aufzukaufen, ist nach Ansicht des FDP-Präsidiumsmitglieds Volker Wissing eine "geldpolitische Verzweiflungstat". "Die Reformunfähigkeit der Regierungen der Eurozone, einschließlich der Großen Koalition in Berlin, zwingt die EZB dazu, die Eurokrise geldpolitisch zu lösen, wo eigentlich eine politische Lösung gefordert wäre", erklärte der FDP-Politiker am Donnerstag in Berlin. Vor allem die Große Koalition aus Union und SPD trage durch ihre "haushaltspolitische Verantwortungslosigkeit" die Schuld an dieser "Neuauflage der Eurokrise". Laut Wissing ist die Entscheidung der EZB ein deutliches Signal: "Die Eurokrise ist wieder da, wiederbelebt von verantwortungslosen Regierungen, die Schuldentilgung lieber auf morgen verschieben, statt sie endlich entschlossen anzugehen."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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