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Beck hat Verständnis für griechische Reparationsforderungen

Archivmeldung vom 09.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Volker Beck Bild: volkerbeck.de
Volker Beck Bild: volkerbeck.de

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, hat Verständnis für die vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras gegen Deutschland erhobenen Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg gezeigt. "Die Forderung klingt doch eher innenpolitisch motiviert, was man vor dem Hintergrund der antigriechischen Stimmungsmache deutscher Medien auch verstehen kann", sagte Beck dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe).

Beck, der auch Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag ist, lehnt generelle Reparationszahlungen zwar ab.

Die Bundesrepublik könne aber beispielsweise durchaus mit der Jüdischen Gemeinde Thessaloniki über eine individuelle Hilfe verhandeln. "Die dortige jüdische Gemeinde stellt einen Sonderfall dar", sagte Beck. Die Juden aus der Gemeinde hätten sich 1943 mit einem "Lösegeld" von umgerechnet 45 Millionen Euro von Deportation und Zwangsarbeit freigekauft, seien aber nach der Zahlung trotzdem deportiert und in Auschwitz ermordet worden. Von ehemals 50.000 Juden zähle die dortige jüdische Gemeinde heute noch 1.800 Mitglieder. "Doch darüber müsste man mit der Jüdischen Gemeinde Thessaloniki verhandeln, nicht mit Tsipras und seinem teils auch antisemitischem Regierungspartner", betonte Beck.

Griechenland hatte von Deutschland bereits mehrfach Entschädigungen wegen der Nazi-Kriegsverbrechen gefordert. Die Bundesregierung pochte jedoch stets darauf, dass die Frage der Reparationen im November 1945 durch internationale Abkommen geregelt worden sei.

Koalitionspolitiker weisen griechische Reparationsforderungen zurück

Politiker von CDU und SPD haben die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, seine Wahlversprechen unter anderem mit Geld aus Deutschland finanzieren zu wollen, scharf zurückgewiesen. In einer Rede vor dem Parlament in Athen hatte Tsipras es seine "moralische Pflicht" genannt, Reparationsforderungen aus der Nazi-Zeit einzutreiben. Der Chefhaushälter der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle (CDU), sagte dazu dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe): "Ich finde es eine seltsame Vorstellung von Demokratie, sich Wahlgeschenke von anderen Staaten finanzieren lassen zu wollen. Das geht gar nicht. Da werden wir sehr hart bleiben, denn so ein Vorgehen darf in Europa nicht erfolgreich sein." Auch Deutschland habe ein gewähltes Parlament und der Bundestag habe nur mit großen politischen Mühen das Hilfsprogramm für Griechenland auf den Weg gebracht. Athen sollte daher langsam beginnen, "seinen bisher nur auf sich selbst gerichteten Blick auch einmal auf seine Partnerländer in der EU auszuweiten", betonte der CDU-Politiker. Das Thema Reparationszahlungen sei im Übrigen bereits abschließend geregelt.

Zurückhaltend reagierte der SPD-Bundesvize Ralf Stegner auf die Tsipras-Ankündigung. Deutschland habe zwar nach "den monströsen Verbrechen der Nazi-Diktatur" allen Grund gehabt, sich seiner historischen Verantwortung gegenüber den europäischen Nachbarn zu stellen. Dies sei auch nach 1945 auf unterschiedlichste Weise geschehen. "Gerade auch die solidarische Hilfe für andere europäische Staaten in den letzten Jahrzehnten ist ein Teil dieser besonderen Verpflichtung", sagte Stegner dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). "Allerdings gilt auch, dass die 2015 anstehenden europäischen Fragen nicht unter Verweis auf die NS-Vergangenheit gelöst werden können oder sollten."

Historiker kritisiert griechische Reparationsforderungen scharf

Der Historiker Michael Wolffsohn hat mit scharfer Kritik darauf reagiert, dass der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras seine Wahlversprechen unter anderem mit Geld aus Deutschland finanzieren will. In einer Rede vor dem Parlament in Athen hatte Tsipras es seine "moralische Pflicht" genannt, Reparationsforderungen aus der Nazi-Zeit einzutreiben. Wolffsohn erklärte dazu in einem Beitrag für das "Handelsblatt" (Online-Ausgabe): "Wenn heute die deutsch-griechische Geschichte in Zeiten von Weltkrieg und Holocaust thematisiert wird, muss auch über die Kollaboration von Griechen mit Nazis, SS und Wehrmacht gegen Juden, Kommunisten und Partisanen gesprochen werden. So klein war die diese Mitarbeit nicht. Wer H wie Hitler sagt, muss auch die eigene Geschichte von A bis Z durchgehen."

Unabhängig davon schätzt Wolffsohn die Chancen auf Durchsetzung der griechischen Reparationsforderungen äußerst gering ein. Schon frühere griechische Regierungen hätten seit Jahrzehnten mehrfach diese Forderungen gestellt - auch vor internationalen Gerichtshöfen. "Stets waren sie gescheitert, denn, anders als im Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg, sollte (West-) Deutschland nicht zusätzlich geschwächt, sondern in seiner Erneuerung gestärkt werden", erklärte der Historiker. "Wie wir wissen, war diese Entscheidung für alle segensreich."

Scharfe Kritik äußerte Wolffsohn auch an Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis, der vergangene Woche unter Anspielung auf die deutsche Geschichte um Unterstützung für sein Land gebeten hatte. Mit Blick auf Varoufakis` Vergleich der Sparauflagen der internationalen Geldgeber für Athen mit den Auflagen des Versailler Vertrags für Deutschland erklärte Wolffsohn: "Die antideutsche, letztlich antieuropäische Speerspitze der neugriechischen Männer-Phalanx ist jetzt Finanzminister Varoufakis."

Wolffsohn betonte, der Versailler Vertrag habe Deutschland schwächen sollen, währen die Griechenlandpolitik der EU und Deutschlands Griechenland helfen wolle. "Sie hilft Griechenland. Ohne sie bekämen noch weniger Griechen ihren Lohn. Fazit: Der Professor stellt die Wahrheit von den Füßen auf den Kopf." Wolffsohn nahm dabei Bezug auf Äußerungen des Ministers in der Wochenzeitung "Die Zeit".

Mit Blick auf die Sparauflagen für Griechenland hatte Varoufakis gesagt: "Wenn ich so etwas höre, denke ich manchmal, dass Europa aus der Geschichte nichts gelernt hat." Deutschland habe nach dem Ersten Weltkrieg den Vertrag von Versailles unterschrieben. "Aber dieser Vertrag war schlecht. Europa wäre viel Leid erspart geblieben, wenn er gebrochen worden wäre." Selbst der britische Ökonom John Maynard Keynes habe damals schon gewarnt, dass es keine nachhaltige Strategie sei, ein Land in den Ruin zu treiben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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