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"Es wird grün!" Usbekistan steht vor der Herausforderung, seine Wirtschaft nachhaltig zu reformieren

Archivmeldung vom 13.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Usbekistan auf der Welt
Usbekistan auf der Welt

Foto: TUBS
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Ambitioniert, ehrgeizig, radikal - so werden die wirtschaftlichen und sozialen Reformen oft beschreiben, die in Usbekistan seit fünf Jahren im Gange sind. Armutsbekämpfung, Regulierung der Migration, Modernisierung der Wirtschaft, Liberalisierung des politischen Systems - das sind die Ziele, die sich der Präsident Shavkat Mirziyoyev, der erst vor fünf Jahren an die Macht kam, gesetzt hat.

Das Land führt umfassende Maßnahmen durch, die darauf abzielen, die Strukturreformen zu vertiefen, die grundlegenden Wirtschaftssektoren zu diversifizieren und die sozioökonomische Entwicklung der Regionen auszugleichen.

Aber selbst das ist für das aufstrebende zentralasiatische Land nicht genug. Jetzt hat Usbekistan die grüne Agenda "entdeckt". Bereits 2018 hat die Republik Usbekistan das Pariser Abkommen ratifiziert und sich damit verpflichtet, die spezifischen Treibhausgasemissionen pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts bis 2030 um 10 % gegenüber 2010 zu senken. Die Unterzeichnung internationaler Abkommen ist jedoch kein Tribut an eine politische Mode. Zentralasien leidet erheblich unter den Auswirkungen des Klimawandels, da 80 % seines Territoriums trocken sind. Usbekistan ist also unmittelbar vom Klimawandel betroffen. Experten zufolge wird die globale Erwärmung in den nächsten 10 bis 20 Jahren zu einem Anstieg der durchschnittlichen Jahrestemperatur, einem zunehmend heißen und trockenen Klima und zu Wasserknappheit in dem Land führen.

Die wachsende Bevölkerung Usbekistans, die Verstädterung und die bestehenden Ungleichheiten zwischen städtischen und ländlichen Gebieten erfordern eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und eine Begrenzung der Klimaauswirkungen sowie die Sicherstellung des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Verringerung der Kohlenstoffemissionen und nicht nachhaltiger Verbrauchs- und Produktionsmuster. Die Notwendigkeit, den Druck auf die natürlichen Ressourcen und die Umwelt zu verringern und gleichzeitig das Land zu entwickeln, ist genau die Herausforderung der grünen Wirtschaft. Der nicht nachhaltige Verbrauch natürlicher Ressourcen und die langsame technologische Erneuerung behindern die Verwirklichung der nationalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung des Landes. Allein in den letzten vier Jahren hat sich beispielsweise die Zahl der Industriebetriebe in Usbekistan verdoppelt, und der Grad der Staub- und Luftverschmutzung in den Städten hat die Norm um das Vierfache überschritten. In den Regionen des Landes sind die Grünflächen um das 3-4fache zurückgegangen.

Der Pegel des ober- und unterirdischen Wassers sinkt kontinuierlich. All diese allarmierenden Fakten bedeuten, dass der Übergang zu einer "grünen" Wirtschaft für Usbekistan keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Die usbekische Politik ist sich sehr wohl bewusst, dass nur durch technologische Modernisierung ein rationeller Verbrauch der natürlichen Ressourcen möglich ist. Daher wurde bereits 2019 das Gesetz "Über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen" verabschiedet, und im selben Jahr wurde die Strategie für den Übergang der Republik Usbekistan zu einer "grünen" Wirtschaft für den Zeitraum 2019 - 2030 angenommen. Hauptziel der Strategie ist es, durch die Integration von Grundsätzen der grünen Wirtschaft in die laufenden Strukturreformen einen nachhaltigen wirtschaftlichen Fortschritt zu erzielen, der zur sozialen Entwicklung, zur Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie zur Klima- und Umweltverträglichkeit beiträgt.

Generell ist das Thema der grünen Wirtschaft immens, und so steht Usbekistan vor einer Reihe Herausforderungen in fast allen Lebensbereichen wie Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Stadtentwicklung. Die Wirtschaft, die von der Chemie und dem Bergbau dominiert wird, verbraucht fast ein Viertel der gesamten Energie des Landes. Der Sektor steht nicht nur vor der Herausforderung, die Emissionen und die Umweltverschmutzung zu reduzieren, sondern auch auf die sich schnell verändernden globalen Produktionssysteme zu reagieren, die sauberere Produktionsverfahren, Innovationen und einen Talentpool erfordern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier muss also das Prinzip gelten: weg von der Ausfuhr von Rohstoffen hin zur Herstellung von Qualitätsprodukten und zur nachgelagerten Verarbeitung, was die Neuausrichtung der Wirtschaft bedeutet.

Der zweitgrößte "Ökosünder" ist der usbekische Agrarsektor. Die Landwirtschaft ist die zweitgrößte Quelle von Treibhausgasemissionen und der größte Wassernutzer. Dabei gehört Usbekistan zu den 25 Ländern, die am stärksten von Wasserknappheit betroffen sind, und die Situation wird sich durch den Klimawandel noch verschärfen. Die Ökologisierung der Landwirtschaft und die nach 2016 eingeleitete Liberalisierung des Agrarsektors können also Produktivität, Beschäftigung und Einkommen erheblich steigern und den Wasserverbrauch senken. In der Landwirtschaft sind mehr Menschen beschäftigt als in Industrie und Handel zusammen. Die kürzlich verabschiedete Agrarstrategie Usbekistans sieht ebenfalls die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor. Es muss ein Fahrplan entwickelt werden, um das Beschäftigungspotenzial des Sektors auszuschöpfen und ihn gleichzeitig umweltfreundlicher zu gestalten.

Auch die EU ist sich der Notwendigkeit der nachhaltigen Entwicklung von Zentralasien bewusst geworden. Im Januar 2020 fand in Berlin die Gründungs-Konferenz der Initiative Green Central Asia statt, die vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufen wurde. Mitglieder der Initiative sind Zentralasiatischen Staaten u.a. Usbekistan auch. Die zunächst auf vier Jahre angelegte Initiative bringt zentralasiatischen Staaten an einen Tisch, denn der Klimawandel in Zentralasien besonders starke Auswirkungen auf Wasserversorgung, Land und Bodenqualität hat. Green Central Asia ist ein Teil der im Juni 2019 von der Europäischen Union verabschiedeten Zentralasienstrategie. Auf diplomatischer Ebene wird die Annäherung der Staaten in der Region unterstützt. Daneben ist die Vernetzung verschiedener Akteure aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft in der Region, aber auch aus Deutschland ein wichtiges Ziel. Deutschlands Außenminister Heiko Maas betonte, dass "die Herausforderungen unserer Zeit - die Digitalisierung, die Globalisierung, die Migration, der Klimawandel" eins Gemein haben: "Sie kennen keine Grenzen".

Zum Schluss möchte man ein Paradebeispiel für einen erfolgreichen Übergang zu einer grünen Wirtschaft geben - die Eröffnung des ersten Solarkraftwerks mit einer Kapazität von 100 Megawatt in der Region Navoi im August dieses Jahres. Es ist offensichtlich, dass die Solarenergie in Usbekistan, wo es 248 Sonnentage im Jahr gibt, ein sehr vielversprechender Entwicklungsbereich ist. Das Potenzial der Solarstromerzeugung im Land beträgt 525-760 Mrd. kWt/h. Die in Betrieb genommene Anlage wird voraussichtlich 252 Mio. kWt/h Strom pro Jahr erzeugen und die Treibhausgasemissionen um 160 Tausend Tonnen reduzieren sowie 80 Mio. Kubikmeter Erdgas einsparen.

Angesichts des umfassenden und interdisziplinären Charakters des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft hat das Land einen speziellen interministeriellen Rat eingerichtet, der die Aufgabe hat, die Strategie für diesen Übergang umzusetzen. Ineffiziente Energienutzung kostet das Land jährlich mindestens 4,5 % des BIP, wobei Stromerzeugung, Wärmeversorgung und Gebäude die Hauptquellen der Energieverschwendung sind. Studien zeigen, dass das Potenzial des Landes für erneuerbare Energien 270 Millionen Tonnen Brennstoffäquivalent beträgt, mehr als das Dreifache des jährlichen Energiebedarfs, wobei ein Großteil dieses Potenzials auf die Solarenergie entfällt. Die Kosten für Solarenergie sind in den letzten 10 Jahren weltweit um 80 % gesunken; in Usbekistan können die Kosten sogar noch niedriger sein, da die Sonne im Überfluss vorhanden ist. Neue Solar- und Windkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 2.900 Megawatt sollen bis 2025 in Betrieb genommen werden. "Die praktischen Schritte, die Usbekistan unternimmt, um seine Wirtschaft umweltfreundlich umzugestalten, werden als solide Grundlage für die weitere nachhaltige und harmonische Entwicklung unseres Landes dienen und einen weiteren Zustrom grüner Investitionen und Technologien fördern. In diesem Zusammenhang hat das Solarkraftwerk Navoi, das jetzt in Betrieb ist, alle Chancen, zu einem Symbol für Usbekistans Engagement für eine nachhaltige Entwicklung im Einklang mit Ökologie und Umwelt zu werden", sagt der führende Forscher vom Internationalen Institut für Zentralasien Jasurkhodja Kodirov.

Quelle: Berliner Telegraph UG (ots)

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