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Studentin kämpft gegen Diffamie als Chinas Sprachrohr: Sie klagte gegen Springer-Verlag und gewann

Archivmeldung vom 16.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Bild: Screenshot Twitter
Bild: Screenshot Twitter

Die deutsche Studentin Navina Heyden twittert über China oft unkritisch. Doch macht das sie zu „Chinas heimlicher Propagandistin?“ oder zum „Teil eines Desinformationsnetzwerks“? Heyden hat gegen eine solche Diffamierung durch den Axel-Springer-Verlag geklagt. Nun erhielt der „Welt“-Artikel den Deutschen Journalistenpreis. Was bedeutet das für sie? „SNA News“ fragt nach.

In dem Artikel unter dem Namen „Chinas heimliche Propagandisten“ geht es nicht nur Heyden, sondern auch um einen rheinland-pfälzischen Fernsehmacher und einen ehemaligen Bundesinnenminister. Heyden ist jedoch ein ganz großer Teil des Artikels gewidmet. Inzwischen hat die 22-Jährige auf Change.org eine Petition gestartet, die ihr helfen soll, dem Axel-Springer-Verlag den Journalistenpreis zurückzunehmen. Die Petition hat bisher über 3000 Stimmen gesammelt und soll an die Jury-Mitglieder des Preises gehen.

„Ob das nun wirklich was bringt, das weiß ich nicht. Aus der Petition entsteht ja kein rechtlicher Anspruch“, erzählt Heyden in einem Telefonat mit SNA. Sie möchte aber ein bisschen mehr Druck auf die Jury aufbauen. Denn sie einfach anzuschreiben bringt offenbar nichts. „Einige haben geantwortet, dass sie sich nicht dazu äußern wollen. Die anderen haben mich einfach ignoriert.“

Wie wird man in der „Welt“ zur chinesischen Propagandistin?

Als Heyden gegen den „rechtswidrigen“ Artikel in der „Welt“ geklagt habe, habe das Landgericht Frankfurt beschlossen, dass der Artikel falsche Tatsachenbehauptungen über sie enthalte. Nicht über das Gericht, sondern durch eine Unterlassungserklärung sei etwa die Behauptung noch freiwillig entfernt worden, Neyden würde von ihrem Lebenspartner, einem Chinesen, Stichworte bekommen, was sie sagen soll.

„Dann hat das Landgericht Frankfurt noch die Aussage gesperrt, dass ich die Berichte über die Unterdrückung der Uiguren auf Twitter als Erfindung bezeichne. Das Wort ‘Erfindung’ wurde dann durch ‘zensiert’ ersetzt“, erzählt die junge Frau weiter.

„Auch der Teil wurde aus dem Artikel rausgenommen, dass alle meine Freunde angeblich zustimmen würden, dass es keine Beweise für Konzentrationslager in China gebe.“ Entfernt wurde aus dem Artikel auch, dass die Analyse ihrer Follower gezeigt habe, dass sie „Teil chinesischer Desinformationskampagnen“ sei.

Jetzt wird Heyden da nicht direkt als chinesische Propagandistin abgestempelt, sondern als jemand, der sich dessen vielleicht nicht bewusst sei, als „Teil des Propagandanetzes“ instrumentalisiert zu werden. Verdächtig finden es die Axel Springer-Leute, dass sie ihr Twitter-Konto erst im März 2020 eröffnete und jetzt schon fast 50.000 Follower (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des „Welt“-Artikels noch rund 26.000) hat.

Als Beweis für eine mögliche Verbindung zum chinesischen Staat bringen die „Welt“-Journalisten die Teilnahme der BWL-Studentin an einer digitalen Informationskonferenz der chinesischen Botschaft zur Uiguren-Region Xinjiang im Mai. Auch fünf chinesische Diplomaten und Beamte – als „Wolfskrieger“ bezeichnet – hätten Heyden abonniert und ihre Tweets repostet, argumentiert die Zeitung. Also soll Heyden nach dieser Logik unbewusst Teil des chinesischen Desinformationsnetzwerkes sein.

„Habe nie behauptet, dass meine Wahrnehmung richtig ist“

„Zu der Uiguren-Konferenz wurde ich per Mail eingeladen, die ich einmal in meinem Twitter-Account veröffentlicht habe“, erklärt die Studentin weiter. Sie habe auf der Konferenz nur „hingeguckt“ und sei da nicht aufgetreten, bekräftigt sie nochmal. Wie hat sie aber erkannt, dass die deutsche Öffentlichkeit über den Völkermord an den Uiguren angeblich irreführend informiert wird? Sie habe sich mit den Vorwürfen des deutschen Anthropologen Adrian Zenz gegen den chinesischen Staat auseinandergesetzt und habe dann chinesische Freunde, die schon seit über zehn Jahren in der Region leben, angeschrieben.

„Die hatten überhaupt keine Ahnung, wovon da berichtet wurde. Sie haben auch nie von irgendeiner Familie gehört, bei der jemand in so ein Konzentrationslager gesteckt wurde. Und das war halt so der erste Moment, wo ich dachte, die Berichte scheinen mir ein bisschen überzogen zu sein“. Das sei aber ihre persönliche Wahrnehmung gewesen, die nicht auf den Berichten der chinesischen Medien basiere, versichert Heyden.

„Ich habe auch nie behauptet, dass meine Wahrnehmung richtig ist. Ich will den Leuten eine andere Sichtweise geben. Ich habe keine Ahnung, was in China passiert. Wenn sich wirklich herausstellt, dass da ein Völkermord stattfindet und alles was in den Medien steht, wahr ist, dann sage ich auch: ok, ich lag falsch. Aber ich habe meine Zweifel an der Berichterstattung, dass das wirklich ein Völkermord ist.“

„Ich wünschte mir, mehr Leute würden sich einen eigenen Eindruck von China machen“

Trotzdem wolle sich die Studentin nicht das Recht nehmen, auf Twitter ihre Meinung über China zu schreiben. In ihrem Twitter-Account gibt sie an, ein bisschen Chinesisch zu können. Ab und zu veröffentlicht sie Videos aus dem chinesischen Videoportal TikTok, das neue Blogger heutzutage so schnell an ihr Publikum bringt. Auf Weibo, im größten chinesischen Mikroblogging-Dienst, lässt sie sich auf Diskussionen über die deutsche Demokratie ein. „In diesem Weibo habe ich chinesischen Menschen geraten, die deutsche Demokratie und unsere Geschichte verstehen zu lernen, was in Deutschland sehr gefördert wird“, schrieb sie nach einer misslungenen Kommunikation. Viele von ihren nun fast 50.000 Followern scheinen zu ihr gekommen zu sein, nachdem der „Welt“-Artikel auch in China für Aufruhr gesorgt hatte. Über 72 Millionen hätten ihre Story in China gelesen, schreibt sie dazu Ende September.

„Ich bin nur eine Bachelorstudenten. Ich bin keine Professorin, sondern ich kommentiere einfach“, sagt sie weiter gegenüber SNA. Auch ihr Konto auf Twitter habe sie ursprünglich nur eröffnet, um ihre Englisch-Kenntnisse zu verbessern, und da sie zu Beginn der Pandemie 2020 in China gewesen sei, habe sie auch ihre Wahrnehmung über die Berichterstattung gleich auch gepostet. Und die „Wolfskrieger“ unter ihren Abonnenten? „Ich bin früher auch Donald Trump auf Twitter gefolgt. Das heißt nicht, dass ich nun Verbindungen zum Weißen Haus habe“, erwidert die junge Frau. „Ich habe keine Ahnung, wer mir folgt.“ Sie blockiere in erster Linie Follower, die sie beschimpfen würden – auf die anderen habe sie keine Lust.

„Bei den ganzen Diplomaten und offiziellen Personen aus China, die mir folgen, denke ich mir: Es sind halt genauso Politiker, nicht anders als hier in Deutschland, wie Laschet oder Baerbock. Leute, die ihren Job machen. Ich habe keine Sympathie für sie oder so. Es sind halt Politiker.“

Sie fühle sich auch nicht von ihnen instrumentalisiert, wenn sie ihre Meinung auf Twitter weiter benutzen. „Ich benutze auch teilweise Medien, nur ein paar Reporter, um meine Sichtweise zu unterstützen. Heißt das dann, dass ich die Medien instrumentalisiere?“, kontert Heyden. „Also mir ist es egal, was die Leute mit meinem Content machen, ich schreibe einfach meine Meinung. Wenn der „Welt“-Artikel nicht wirklich so verleumderisch wäre, hätte ich einfach darüber gelacht.“

Im Übrigen wünschte sich die Studentin, dass die Menschen mehrseitiger über China diskutieren und mal selbst nach China reisen und „sich das ganze angucken“ würden, um sich einen eigenen Eindruck zu machen – und nicht nur das, was in den Medien stehe."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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