Jean Asselborn: Netanjahu plant Vertreibung der Palästinenser und ein Groß-Israel

Der frühere luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat die europäischen Staaten und vor allem Deutschland darin bestärkt, sich Gedanken darüber zu machen, ob angesichts der aktuellen Entwicklungen Waffenlieferungen an Israel noch möglich sind. In der Vergangenheit seien diese Waffen von Israel zur Verteidigung genutzt worden.
„Wir sind jetzt in einem anderen Film. Israel greift an, und man weiß nicht, was das Ziel dieser Angriffe ist“, erklärte Asselborn beim WDR Europaforum auf der re:publica in Berlin. Er verstehe, dass die Existenz und Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei, „aber man darf nicht dulden, was jetzt in Israel geschieht“.
Der israelische Premier Netanjahu verfolge offenbar einen Plan. „Er will die Menschen aus Gaza herausbekommen. Er will auch Ost-Jerusalem und die Westbank besitzen als Groß-Israel. Das ist etwas, was die Welt nicht dulden kann“, so der frühere luxemburgische Außenminister. Die Region benötige als Ausweg eine Zwei-Staaten-Lösung. „Solange Palästina keinen Staat hat, wird Israel keine Ruhe haben.“
"Amerika hat die Seiten gewechselt"
Skeptisch äußerte sich Asselborn über das Verhältnis von Europa mit den USA. „Amerika hat die Seiten gewechselt, Amerika ist nicht mehr auf unserer Seite“, führte der Luxemburger Politiker die Abstimmungen bei den Vereinten Nationen an, wo die USA mit Weißrussland, Russland und Nordkorea votiert hätten. Der amerikanische Präsident halte sich aktuell weder an nationales noch an internationales Recht und greife die Gewaltenteilung an. „Wir als Europäer haben sehr oft auf Amerika geschaut als eine Referenz von Demokratie und von Liberalismus. Das alles ist weg“, so Asselborn, der hinzufügte: „Trump könnte Präsident von einem Golf-Verein in Mar-a-lago sein, aber nicht Präsident von dem größten Land der Welt.“ Besorgt müsse man sein, dass sich Trump bislang noch nicht positiv zur Beistandspflicht der NATO geäußert habe. Und längst hätte der US-Präsident deutlich machen müssen, dass der russische Präsident Putin in der Ukraine alle roten Linien überschritten habe. „Wir dürfen nicht müde werden, Trump zu sagen, dass es nicht zwei Seiten gibt, die im Krieg sind, sondern dass es einen Angreifer und ein sehr tapferes Opfer gibt.“
Europa müsse aus den aktuellen Entwicklungen die richtigen Schlüsse ziehen und enger zusammenrücken, vor allem aber auch die eigenen Werte verteidigen. Dabei schlug Asselborn gegenüber dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban deutliche Töne an. „Wir dürfen nicht noch 15 Jahre diesen Illiberalismus von Orban mitschleppen, sonst orbanisieren wir die Europäische Union."
Quelle: WDR Westdeutscher Rundfunk (ots)