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Müntefering entsetzt über SPD-Kampagne

Archivmeldung vom 13.08.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.08.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Franz Müntefering Bild: franz-muentefering.de
Franz Müntefering Bild: franz-muentefering.de

Der frühere SPD-Chef Franz Müntefering hat der aktuellen Parteiführung schwere Versäumnisse im Wahlkampf vorgeworfen. "In dem Moment, in dem der Kandidat auftritt, muss die Kampagne stehen", sagte Müntefering der Wochenzeitung "Die Zeit". Das sei bei der legendären Kampa 1998 so gewesen und bei allen anderen Wahlkämpfen auch.

"Für Steinbrück gab es keine Kampagne, keine Bühne, keine Mitarbeiter, da gab es nichts", so Müntefering weiter. Wenn intern klar gewesen sei, dass von drei möglichen Kandidaten zwei gar nicht wollten, frage er sich, wie so etwas passieren könne.

"Der Start war misslungen. Mir standen die Haare zu Berge", sagte Müntefering. Umso bemerkenswerter sei es, wie Steinbrück jetzt kämpfe: "Ich bin bei ihm." Müntefering warnte die SPD-Führung davor, den Kanzlerkandidaten "umschminken" zu wollen. "Steinbrück muss Steinbrück sein", so der Ex-Parteichef. Er solle sagen, was er denke, machen, was er für richtig halte - so wie er das über Jahre stets getan habe. Daraus sei das Vertrauen entstanden, dass Steinbrück es könne. "Man darf Leute nicht umschminken." Auch dürfe sich der Kandidat sich nicht im Kleinteiligen verlieren. Willy Brandt und Johannes Rau hätten als Generalisten die Richtung gezeigt. "Heute muss das in der Europa- und Finanzpolitik geschehen, denn die Kanzlerin tut es überhaupt nicht", sagte Müntefering.

Als tieferen Grund der anhaltend schlechten Umfrageergebnisse nannte Müntefering die Weigerung vieler Sozialdemokraten, sich vorbehaltlos hinter die letzten elf Regierungsjahre der SPD zu stellen, die Partei habe sich selbst nicht gelobt. "Wir haben einiges getan, um das Land erheblich zu stabilisieren", sagte Müntefering. Wenn man das alles für falsch erkläre, zum Teil in dramatischen Worten, dürfe man sich nicht wundern, wenn die Leute sagten: "Warum sollen wir die denn jetzt wieder wählen? Wir müssen uns nicht von unserer Vergangenheit distanzieren", so Müntefering.

Müntefering hat sein Image bewusst kultiviert

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat eingeräumt, sein Image als sauerländischer Sonderling, als Alleiner oder kultiger Dreiwortsatz-Künstler bewusst befeuert zu haben. "Manches habe ich auch kultiviert", sagte Müntefering der Wochenzeitung "Die Zeit".

"Als ich merkte, dass die Heimat-Kiste, Volksschule-Sauerland und so, gut funktionierte, habe ich das bewusst hochgezogen. Das machte mich erkennbar", so Müntefering weiter. Er betonte aber, "nix am Reißbrett erfunden" zu haben, er habe lediglich herausgestellt, "was an Eigenem da war". Die Dreiwortsätze, die klare Kante, die kurze Rede - das alles komme auch daher, dass er 20 Jahre als Industriekaufmann gearbeitet habe. "Da wurde kurz gesprochen - und schnell entschieden", sagte Müntefering. Seine Erfahrung sei: "Wer lange redet, weiß entweder selbst nicht genau, wovon er spricht. Oder er versucht, etwas zu verkleistern."

Ein Ereignis aus dem Jahr 1967 habe seinen Blick auf die Politik geprägt, erzählte Müntefering. Zu diesem Zeitpunkt war Willy Brandt zwei mal als Kanzlerkandidat gescheitert, hatte die Wahlen 1961 und 65 verloren. Fritz Erler, so Müntefering sei damals der kommende Mann in der SPD gewesen, der nächste Kanzlerkandidat. Als Erler im Februar 1967 überraschend starb, trat zwei Jahre später erneut Brandt an. "Wäre Erler nicht gestorben, würden sich heute vielleicht keiner mehr an den großen Willy Brandt erinnern", sagte Müntefering. "Im Leben und in der Politik steckt viel Zufall. Wer das weiß, wird bescheiden."

Müntefering rechnet nicht mit Großer Koalition

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat eine Große Koalition nach der Bundestagswahl als unwahrscheinlich bezeichnet. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit", die am Mittwoch erscheinen wird, widersprach Müntefering zwar der Einschätzung, wonach seine Partei nur geschwächt auf einer Neuauflage der schwarz-roten Koalition gehen könne: "Aus der Großen Koalition 1966-69 ist die SPD gestärkt, aus der jüngsten geschwächt hervorgegangen. Es gibt keine Zwangsläufigkeit", betonte Müntefering. Zugleich räumte er aber ein: "Es wäre aber wahrscheinlich, dass sich bei entsprechendem Ergebnis in der SPD die Meinung durchsetzen könnte, dass man sich nicht in eine Große Koalition hinein bewegen darf."

Auf die Frage, ob es eine Situation gäbe, in der die Volkspartei SPD die Partei vor das Land stellen würde, entgegnete Müntefering: "Wie hält man das auseinander? Was heißt das: gut für die Partei? Das nächste Wahlergebnis?" Das greife viel zu kurz. Trotz der Niederlagen 2005 und 2009 werde in den Geschichtsbüchern stehen: Die SPD habe mit der Agenda dafür gesorgt, dass Deutschland besser durch die Krisen dieser Jahre gekommen sei. "Was gut ist für das Land, ist am Ende gut für die Partei", sagte Müntefering.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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