DIW schlägt "Boomer-Soli" vor - Kritik vom IW
Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben einen sogenannten "Boomer-Soli" zur Stabilisierung des Rentensystems vorgeschlagen. Dabei handele es sich um eine Sonderabgabe auf alle Alterseinkünfte ab einer gewissen Höhe, heißt es im neuen Wochenbericht des Instituts.
Wer im Alter höhere Einkommen hat, soll dem Vorschlag zufolge einen Teil
davon an ärmere Rentner abgeben. Dabei werden zwei Varianten
betrachtet: In der ersten werden nur die Alterseinkünfte aus definierten
Altersvorsorgeplänen berücksichtigt, in der zweiten werden auch
Kapitaleinkünfte der zusätzlichen Abgabe unterworfen. Alterseinkünfte,
die einen Freibetrag von monatlich 902 Euro beziehungsweise 1.048 Euro
übersteigen, sollen mit einer proportionalen Abgabe von zehn Prozent
belastet werden. Erwerbseinkommen würden in keinem Szenario zusätzlich
besteuert.
Kritik an dem Vorschlag kam unter anderem vom Institut
der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Der Vorschlag stelle nicht
sicher, dass jeder Niedrigeinkommensbezieher über die
Armutsrisikoschwelle gehoben, geschweige denn vor dem Gang zum Sozialamt
geschützt werde. Viel schwerwiegender aber sei, dass der Wohlstand im
Alter auch durch Vermögen gesichert werde. Und das sei bei
Rentnerhaushalten nicht wenig: Die Altersgruppen über 65 Jahren verfügen
in Deutschland im Mittel über ein Haushaltsnettovermögen von über
172.500 Euro.
Am Ende würde es vor allem zu "Fehlanreizen"
kommen, so das IW: So wäre es beispielsweise sinnvoll, die betriebliche
Altersvorsorge in einer Summe auszahlen zu lassen, statt eine monatliche
Betriebsrente zu bekommen. Das Alterseinkommen würde dann nämlich
niedriger ausfallen - und damit auch der zu zahlende "Boomer-Soli".
"Der
vorgeschlagene Boomer-Soli mag auf den ersten Blick charmant sein, doch
wer die Vermögen bei Rentnerhaushalten nicht mit einbezieht, schießt am
Ziel vorbei", sagte IW-Ökonom Jochen Pimpertz. Das aber leisteten die
steuerfinanzierten Hilfen des Sozialstaats bereits. "Die gesetzliche
Rente sollte nicht allein betrachtet werden und dennoch ist sie besser
als ihr Ruf. Denn hier gilt: Wer länger einzahlt, erhält im Alter mehr.
Diesen Leistungsanreiz braucht es mehr denn je, wenn ab jetzt die Boomer
aus dem Erwerbsleben ausscheiden."
Kritik äußerte auch die
Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, Gitta Connemann (CDU).
"Jemand, der in die Rente eintritt, der sein Portfolio berechnet hat,
(...) dem kann ich nicht so mal über Nacht sagen, ich nehme dir davon
zehn Prozent weg", sagte Connemann den Sendern RTL und ntv. Man bräuchte
stattdessen Planungssicherheit und Vertrauen, nicht nur in der
Altersvorsorge. "Deshalb Vorschläge aus der Hüfte geschossen, mal über
Nacht, sind eine Katastrophe und auch Gift für den Standort", so
Connemann.
Quelle: dts Nachrichtenagentur