Neues Bundeskabinett: Gesunkener Frauenanteil im Bundestag bringt Deutschland unter EU-Durchschnitt
Ob im Deutschen Bundestag, in den Landesparlamenten oder in kommunalen Vertretungen: Der Frauenanteil liegt im Schnitt bei lediglich einem Drittel. Im neu gewählten Bundestag ist der Frauenanteil auf 32,4 Prozent gesunken. Damit ist Deutschland im weltweiten Ranking nationaler Parlamente von Platz 45 auf 58 gerutscht. Das neue Bundeskabinett ist mit einem Verhältnis von acht Frauen zu zehn Männern ebenfalls weiterhin nicht paritätisch besetzt.
Dass Frauen in gleichem Maße wie Männer an demokratischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind, ist wichtig, damit ihre Perspektiven einfließen können. Viele Verbesserungen in der Lebenssituation von Frauen konnten erst erreicht werden, weil sich die wenigen weiblichen Abgeordneten im Deutschen Bundestag zusammenschlossen und für ihre Rechte eintraten. Beispiele dafür sind Reformen im Sexualstrafrecht, bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, bei der Selbstbestimmung in Sachen Finanzen und der Beteiligung auf dem Arbeitsmarkt.
Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung: "Eine gleichberechtigte politische Beteiligung von Frauen ist kein bloßes Nice-to-Have, sondern ein fundamentales demokratisches Gut. Es ist essenziell, dass alle Menschen einen Zugang zu politischen Ämtern haben, der frei von Diskriminierung ist, damit sie die Zukunft ihres Landes aktiv mitgestalten können. Besonders in Zeiten, in denen antifeministische und autoritäre Kräfte an Stärke gewinnen, ist es von großer Bedeutung, die Gleichstellungspolitik aktiv zu fördern."
Dr. Arn Sauer, Direktor der Bundesstiftung Gleichstellung: "Nach einer Phase des vorsichtigen Aufwärtstrends erleben wir leider deutliche Rückschritte. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Sie liegen sie in hartnäckigen, tradierten Rollenerwartungen an Frauen und Männer gleichermaßen wie an strukturellen Barrieren. Beispielsweise erschweren männlich geprägte Partei- und Parlamentskulturen Frauen nach wie vor den Zugang zu politischen Ämtern. Doch gibt es wirksame Maßnahmen, um die Beteiligung von Frauen in der Politik zu erhöhen, und es ist daher wichtiger denn je, diese konsequent umzusetzen."
Die Herstellung tatsächlicher Gleichberechtigung ist Verfassungsauftrag, und die Unterrepräsentanz von Frauen in der Politik eine Demokratiefrage. Inwieweit Paritätsgesetze mit der Verfassung in Einklang stehen, wird rechtlich kontrovers diskutiert. Im Februar 2021 stellte das Bundesverfassungsgericht klar, die Gesetzgebenden hätten einen weiten Spielraum das Wahlrecht zu gestalten. Dabei können Paritätsgesetze ein legitimes Mittel sein, um dem Gleichstellungsgebot aus Art. 3, Abs. 2, S. 2 Grundgesetz nachzukommen (BVerfG 2020: Rn. 112-113).
Quelle: Bundesstiftung Gleichstellung (ots)