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Kleinstparteien bei der Bundestagswahl: Zwischen nicht messbar und Achtungserfolg

Archivmeldung vom 28.09.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.09.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Briefwahl (Symbolbild)
Briefwahl (Symbolbild)

Bild: © CC0 / webandi / Pixabay

Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag traten 47 Parteien an. Nur die wenigsten hatten realistische Chancen auf einen Einzug ins deutsche Parlament. Doch es gibt auch immer wieder Parteien, die überraschen. Die derzeit vorliegenden Zahlen bestätigen diese Erfahrungen auch bei dieser Bundestagswahl. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Dass je die Möglichkeit bestand, am Tag nach dieser Wahl einen Bundestagsabgeordneten der Partei der Liberal-Konservativen Reformer (LKR) oder der Europäischen Partei Liebe (Liebe) verkünden zu können, dürfte ernsthaft niemand behaupten wollen. Anders sieht es schon für die Basisdemokratische Partei Deutschland (Die Basis) aus und zwar nicht wegen deren eigenen, natürlich überbordenden Beschwörungen über kolossale Zustimmungsraten unterm Wahlvolk, sondern weil die besondere programmatische Spezifik dieser Partei – ihre dezidierte Kritik an den und ihre Ablehnung der Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern – angesichts des Ausmaßes des Protestes in den zurückliegenden Monaten der Pandemie durchaus ernsthafte Anhaltspunkte dafür bot, dass diese Parteineugründung nicht das Schicksal von LKR und Liebe hätte teilen müssen.

Allerdings ist die sagenumwobene Fünf-Prozent-Hürde kein Kinderklettergerüst, das sich ohne Probleme überwinden ließe. Das mussten schon viele Rabauken auf dem Spielplatz der Parteipolitik lernen. Dass selbst der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), der als Repräsentant der nationalen dänischen Minderheit vor der Fünf-Prozent-Hürde eigentlich keine Angst haben muss, mehr als 60 Jahre verstreichen ließ, bevor er das Wagnis einging, wieder einen eigenen Bundestagsabgeordneten zu stellen, liegt an der simplen Tatsache, dass im SSW gerechnet werden kann. Und dort wissen die Verantwortlichen, dass sie sich nicht um die Fünf-Prozent-Hürde sorgen müssen, sondern um die Mindeststimmenzahl, die für ein Bundestagsmandat erforderlich sind. Denn der SSW muss mindestens die Stimmen erzielen, die durchschnittlich für einen Sitz im deutschen Parlament nötig sind.

Auch ohne Fünf-Prozent-Klausel gibt es einen Bundestagssitz nur mit einer Mindeststimmenzahl

Dazu gibt es ein nicht unkompliziertes Berechnungsmodell, das bei der Bundestagswahl 2017 eine je nach Partei etwas abweichende erforderliche Mindestquote zwischen 63.000 und 64.000 Stimmen für einen Sitz im deutschen Parlament errechnete. Bei der Bundestagswahl des vergangenen Sonntags reichten 55.330 Stimmen für den SSW aus, um ein Bundestagsmandat zu erzielen. Das klingt nicht unbedingt nach einer unlösbaren Aufgabe. Aber: 1. die dänische Minderheit lebt praktisch ausschließlich in Schleswig-Holstein, im Grenzgebiet zu Dänemark; 2. die dänische Minderheit wird von der Landesregierung in Kiel mit nur etwa 50.000 Angehörigen beziffert; 3. die dänische Minderheit ist bislang nicht dadurch aufgefallen, eine Wahlbeteiligung von 100% zu erzielen.

Wenn also selbst eine Partei, die nur einen einzigen Kandidaten ins Rennen schickt, der sich nur Gedanken machen muss, wie er die Mindeststimmenzahl für einen Bundestagssitz zusammenbekommt, sich das jahrzehntelang sehr genau überlegt, um wieviel schwieriger muss es dann für Parteien sein, die bundesweit mit mehreren Einzelkandidaten und Kandidaten auf Landeslisten antreten? Wie schwierig das werden kann, zeigt sich am Beispiel der Linkspartei. Die ist bekanntlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, obwohl sie immerhin beinahe 2,27 Millionen Zweitstimmen erhielt und kann nur wegen drei gewonnenen Direktmandaten auch weiterhin als Fraktion in den Bundestag einziehen.

Hat „Die Basis“ zu sehr auf scheinbare Zustimmung auf Demonstrationen und im Internet vertraut?

Die Basis war offenbar der Ansicht, dass sie das auch schafft. Und dann auch noch aus dem Stand, denn die Partei ist ja erst etwas mehr als ein Jahr existent. Ihr Geburtsimpuls waren die Proteste gegen die Grundrechtseinschränkungen wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Und ihr quasi Geburtsland war Baden-Württemberg, wo sie im Umfeld der Querdenken-Bewegung entstand. Dass die Basis ausgerechnet bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg im März dieses Jahres mit gerade mal einem Prozent alles andere als ein ermutigendes Ergebnis erzielen konnte, hat die blutjunge Partei offenbar nicht nachdenklich werden lassen. Das mag daran liegen, dass die phasenweise beeindruckenden Teilnehmerzahlen bei den Protestveranstaltungen in der gesamten Republik eine zur Wahl bereite Anhängerschaft suggerierten, die es so nicht gab. Vielleicht hat es sie nie gegeben, jedenfalls nicht in den Dimensionen, die für einen Einzug in den Bundestag nötig sind?

Am Ende des Wahlsonntagabends jetzt meldete der Bundeswahlleiter 628.432 Zweitstimmen als vorläufiges Endergebnis für Die Basis. Das sind 1,4 Prozent Stimmenanteil aller Wähler im Bund. Hochburg für Die Basis ist unverändert Baden-Württemberg. Alleine etwas mehr als 131.000 der rund 628.000 Zweitstimmen kamen dort zusammen. Und zusammen mit Bayern und Nordrhein-Westfalen stammen mit mehr als 392.000 Stimmen über 53% des Wahlergebnisses für Die Basis aus diesen drei Bundesländern. Damit lässt sich kein Bundestagsmandat erringen. Das war aber nicht der Grund, wieso der Bundeswahlleiter die Auszählungsergebnisse nicht nur von kleinen oder neuen Parteien wie Die Basis im Laufe des Wahlabends nicht in die Wahl-Redaktionen der Republik übermittelten, obwohl viele Mediennutzer, so auch die von SNA, danach explizit fragten.

Warum fehlten am Wahlabend im Fernsehen Auszählungsergebnisse für Parteien wie „Die Basis“?

Die Leiter der wichtigsten Wahlforschungsinstitute Deutschlands erklärten das am Montag nach der Wahl sehr nüchtern mit einer Abwägungsentscheidung. Die Vielzahl der Wahlen und Abstimmungen an jenem Abend, die Dramatik der Auszählung, wegen der geringen Abstände oder wechselnder Mehrheiten, wie im Fall der Abgeordnetenhauswahlen in Berlin, führte zur Entscheidung, sich auf die Übermittlung bestimmter Auszählungsergebnisse zu konzentrieren, die als unerlässlich für diesen Wahlabend angesehen wurden. Die Institute wollten die Zuschauer, Zuhörer und Leser nicht mit zu vielen Daten noch mehr verwirren, so die offizielle Erklärung.

Ob es für die Partei Die Basis, ihre Wähler und Sympathisanten vielleicht ein wenig Trost ist, zu wissen, dass die Bergpartei, die der Querdenken-Bewegung während ihrer Protestveranstaltungen in Berlin immer wieder mit mehr oder weniger gelungenen Aktionen zusetzte, ganze 222 Erst- und 0 (in Worten Null) Zweitstimmen erringen konnte, wissen wir nicht. Was wir wissen ist, dass selbst eine Vereinigung wie die Tierschutzpartei, die bei der ausgeprägten Tierliebe der Deutschen eigentlich wie ein Zweitstimmenstaubsauger funktionieren müsste, doch nur 674.789 Zweitstimmen auf sich vereinigen und damit nur 0,6 Prozent mehr Wähler von sich überzeugen konnte als bei der vorangegangenen Bundestagswahl 2017. Insofern könnten die Vertreter von Die Basis durchaus mit etwas Stolz auf ihr Ergebnis blicken, denn sie haben ein annähernd ähnliches Ergebnis auf Anhieb in nur wenigen Monaten geschafft.

DKP konnte nicht vom Sieg über den Bundeswahlleiter profitieren

Dass jedoch mehr oder weniger große mediale Aufmerksamkeit vor einer Bundestagswahl alleine nicht reicht, um Wähler zur Abgabe ihrer Zweitstimme für eine Partei in nennenswerten Größenordnungen zu bewegen, musste auch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) lernen. Sie konnte sich vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich ihre erneute Teilnahme an der Bundestagswahl erstreiten, nachdem der Bundeswahlleiter sie wegen formaler Fehler nicht zur Wahl zulassen wollte. Der mediale Hype um diese Entscheidungen hatte kurzzeitig zu einer Menge an Berichterstattung über die DKP geführt, die mancherorts schon hoffen ließ, diesmal könnte eine Art Mitleidsbonus die Partei zu ungeahnten Höhen führen. Doch am Ende lag die DKP mit 15.158 Zweitstimmen zwar fast 4000 Stimmen über ihrem Ergebnis von 2017, aber dennoch in einem Bereich, der für die Statistik des Bundeswahlleiters nur noch die ernüchternde Prozentzahl 0,0 zulässt.

Als besonders demütigend wird die DKP vielleicht das Abschneiden der Erzrivalen von der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) empfunden haben, die die DKP gerne auch schon mal als Revisionisten beschimpfen. Die sich als wahre Kämpferin für die Interessen der Arbeiterklasse verstehende MLPD ließ die konkurrierenden Genossen von der DKP mit 17.994 Zweitstimmen zwar klar hinter sich, hatte dafür aber mehr als 11.700 Stimmen gegenüber der Wahl von 2017 verloren und landete deshalb auch nur noch im Bereich der 0,0 Prozent-Parteien, nachdem sie 2017 wenigstens noch eine 1 hinter dem Komma vorweisen konnten.

Der seit Jahren andauernde Zoff zwischen DKP und MLPD erinnert in der unerbittlichen Härte und der schwülstigen Sprache, mit der er ausgetragen wird, ein wenig an den göttlich morbiden und deshalb brüllend komischen Grundsatzstreit zwischen der „Volksfront von Judäa“ und der „Judäischen Volksfront“ aus dem Filmklassiker „Das Leben des Brian“. Für die MLPD scheinen Bundestagswahlen mit ihren nicht unerheblichen Kosten für die Wahlwerbung kein wirkliches Problem darzustellen. Und das, obwohl die Partei nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz nur rund 2800 Mitglieder hat. Dafür aber hat die MLPD etwas, was andere Parteien händeringend suchen – großzügige Spender. Seit 2002 die Sofort-Meldepflicht für Parteispenden eingeführt wurde, die die Summe von 50.000 Euro überschreiten, wurden der MLPD alleine von ein paar Einzelpersonen mehr als 4,8 Millionen Euro gespendet.

Die Freien Wähler tauchen mit solchen Summen in den Unterlagen des Bundestages nicht auf. Dafür konnten sie von den kleinen Parteien, die in der Kategorie „Andere“ oder „Übrige“ landen mit 1.127.171 Zweitstimmen das respektabelste Ergebnis und damit einen Zuwachs von 1,4 Prozent verbuchen, scheiterten aber dennoch mit insgesamt nur 2,4 Prozent an der Fünf-Prozent-Klausel des deutschen Wahlrechts."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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