SPD lehnt Prien-Vorstoß zu Migrationsquoten an Schulen ab

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Jasmina Hostert, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, lehnt den Vorschlag von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ab, in Schulen Migrationsquoten einzuführen. "Kinder sollen - ganz unabhängig von ihrem Hintergrund - Unterstützung in Schulen bekommen, dafür müssen wir dafür sorgen", sagte Hostert dem "Tagesspiegel".
"Die Einführung von 'Migrationsquoten', Obergrenzen oder vergleichbare Modelle lehne ich kategorisch ab."
Hostert
erklärte, die SPD wolle für alle Kinder beste Bildungschancen. Deshalb
habe man sich im Koalitionsvertrag auf frühe Sprachförderungen und eine
Ausweitung des Startchancenprogramms verständigt. "Gute Bildung und
Integration gelingt durch gezielte Förderung, nicht durch Ausgrenzung",
sagte die Bildungspolitikerin. "Dafür müssen wir Kitas und Schulen
stärken und nicht Kinder nach unsinnigen Kriterien aufteilen wollen."
Auch
die Linkspartei weist den Vorschlag der Bildungsministerin zurück. "Es
stellt sich die Frage, wie sich das Frau Prien praktisch vorstellt",
sagte die bildungspolitische Sprecherin der Linkenfraktion, Nicole
Gohlke, der "Welt" (Samstagausgabe). Die größten Probleme bestünden in
Ballungsgebieten, in denen 70 bis 90 Prozent der Kinder aus Familien mit
Migrationshintergrund stammten. "Das Problem lässt sich nur lösen, wenn
wir alle Kinder und auch Familien ausreichend fördern. Die Forderung
nach einer pauschalen Obergrenze löst da gar nichts und übertüncht nur
das politische Versagen", so Gohlke. "Mit populistischen Plattitüden
kommen wir nicht weiter."
Rückendeckung für Karin Prien aus dem
Bundestag kommt lediglich aus ihren eigenen Reihen. Das Bildungssystem
stehe unter Druck, erklärt Anja Weisgerber (CSU), stellvertretende
Vorsitzende der Unions-Fraktion mit Zuständigkeit für Bildung. "Die hohe
Zuwanderung der letzten Jahre hat viele Schulen überlastet. In etlichen
Klassen fehlt inzwischen die sprachliche Basis für erfolgreichen
Unterricht - individuelle Förderung wird so unmöglich. Eine frühzeitige,
verbindliche und konsequente Sprachförderung, wie sie auch im
Koalitionsvertrag verankert ist, bleibt deshalb zentral", sagte sie der
"Welt". Andere Länder mit ähnlichen Herausforderungen zeigten, dass es
"Wege" gebe. "Von ihren Erfahrungen sollten wir lernen."
Diese
Einschätzung teilt der Deutsche Lehrerverband nicht. "Eine Obergrenze
für Kinder mit Migrationsbiografie in Schulklassen erscheint zwar auf
den ersten Blick als möglicher Lösungsansatz für Bildungsprobleme -
praktisch ist sie jedoch kaum umsetzbar", sagte Stefan Düll, Präsident
des Deutschen Lehrerverbandes, der "Welt".
In Ballungsräumen wie
Berlin oder München liege der Anteil der Bevölkerung mit
Migrationsbiografie bei rund 50 Prozent, in manchen Grundschulen sogar
bei 80 oder 90 Prozent. "Eine künstliche Begrenzung würde bedeuten, dass
Kinder zu ihren Schulen weite Strecken zurücklegen müssten - entgegen
dem Prinzip wohnortnaher Beschulung", so Düll. Statt fixer Quoten müsse
der Fokus auf frühzeitiger und gezielter Sprachförderung liegen.
Andreas
Schleicher, Direktor für Bildung und Kompetenzen bei der Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), weist darauf
hin, dass Studien durchaus für die Einführung einer Obergrenze sprächen.
"Ich sehe das ähnlich, wir wissen aus unseren Vergleichsstudien, dass
die Konzentration von Schülern mit Migrationshintergrund ein ganz
entscheidender Faktor für Schulleistungen ist", sagte er der "Welt".
"Das heißt, Bildungssysteme, die Schüler mit Migrationshintergrund
gleichmäßig verteilen, haben einen ganz entscheidenden Vorteil."
Quelle: dts Nachrichtenagentur