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Subsidarität stärken: Söder will mehr Rechte für Bundesländer

Archivmeldung vom 11.02.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.02.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Vertikale Staatsstruktur Deutschlands: Es gilt jedoch europaweit das Subsidaritätsprinzip. Die kleinste soziale Einheit darf alle Aufgaben eigenverantwortlich erledigen, wenn diese sie mindestens so gut wie die größere Einheit erbringt.
Vertikale Staatsstruktur Deutschlands: Es gilt jedoch europaweit das Subsidaritätsprinzip. Die kleinste soziale Einheit darf alle Aufgaben eigenverantwortlich erledigen, wenn diese sie mindestens so gut wie die größere Einheit erbringt.

Foto: Fred the Oyster
Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder strebt eine fundamentale Reform der Beziehungen zwischen Bund und Ländern an. "Wir brauchen zunächst eine Art Bestandsschutzklausel für Länderkompetenzen. Es darf keinen weiteren Eingriff in Länderkompetenzen durch den Bund geben", sagte Söder der "Welt am Sonntag".

Es liefe immer häufiger nach dem Muster: "Der Bund gibt Geld und fordert im Gegenzug Kompetenzen. Diesen Mechanismus müssen wir durchbrechen. Wir müssen vielmehr das nötige Geld erhalten, um unsere Kompetenzen erfüllen zu können." Der Föderalismus sei Garant des Erfolgs. Darüber hinaus will Söder den Bundesländern neue Freiräume für eigene Entscheidungen verschaffen. Im Bundesrecht sollten deshalb deutlich mehr Öffnungsklauseln zu Gunsten der Länder eingeführt werden. "So können die Länder auf Grund ihrer regionalen Kompetenz etwa im Jagdrecht oder Naturschutz viel besser entscheiden, was nötig und wichtig ist."

Auch der Grundsatz der Subsidiarität müsse wieder mehr beachtet werden. Was Länder vor Ort regeln könnten, das solle nicht der Bund regeln. Prinzipiell müssten die Länder gestärkt werden, indem die Anteile an der Umsatzsteuer "wieder fair und aufgabengerecht" zwischen Bund und Ländern verteilt werden. "Die Länder brauchen entsprechend ihren ständig steigenden Aufgaben eigenes Geld und eigene Einnahmen." Schließlich will der CSU-Chef einen "Föderalismus der zwei Stufen" möglich machen. Dafür will er mit dem Prinzip der Gleichbehandlung brechen. "Länder, die sich etwa auf Grund knapper Kassen schwertun, bestimmte Kompetenzen wahrzunehmen, sollten die Möglichkeit haben, temporär Kompetenzen vom Bund wahrnehmen zu lassen."

Denn das eine Land suche nach finanziellen Entlastungen, das andere strebe lieber mehr eigene Kompetenzen an. "Nichts zwingt dazu, alle Länder im Hinblick auf ihre Kompetenzen immer über den gleichen Kamm zu scheren." Auch Verbundlösungen sind laut Söder denkbar. "Eine Neuordnung des Bundesgebiets strebt niemand an. Aber es sollte möglich sein, dass sich mehrere Länder für bestimmte Aufgaben zusammentun." Laut Söder sind die Beziehungen zu Berlin an einem Tiefpunkt angelangt. "Das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ist im Moment sehr angespannt. Es herrscht eine frostige Stimmung. Der Föderalismus wird ausgehöhlt und das belastet das Miteinander." Die Länder fühlten sich durch die Politik des Bundes gegängelt. Als aktuelles Beispiel nannte er die Auseinandersetzung um den Digitalpakt für die Schulen und die damit verbundene Grundgesetzänderung. Einige Länder befürchten, damit die Hoheit über die Schulpolitik zu verlieren. Abseits einer Föderalismusreform fordert Söder eine gezielte Stärkung der Regionen.

"Der Bund kann finanzschwache Länder auch durch geeignete Strukturpolitik unterstützen. Die Ansiedlung von Behörden und Hochschuleinrichtungen kann einen Aufschwung bewirken." Es spreche auch nichts dagegen, Teile von Bundesministerien nach Mecklenburg-Vorpommern, Bra ndenburg oder Sachsen zu verlagern. "Wir in Bayern haben das bereits vorgemacht." Das Ministerium für Heimat ist in Nürnberg angesiedelt, das Gesundheitsministerium soll bis 2020 dorthin umziehen. Schließlich erwartet Söder, dass der Bundesrat als gleichwertiger Partner im Gesetzgebungsprozess begriffen wird.

"Der Bundesrat darf kein Verfassungsorgan zweiter Klasse werden. Die Länderkammer muss zu Gesetzen des Bundestags sofort Stellung nehmen. Umgekehrt gilt das nicht. Auch dies sollten wir ändern." Söder übernimmt in der zweiten Jahreshälfte den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz. Er will seine Vorschläge dann nach eigener Aussage "zum Topthema" machen, sagte Söder der "Welt am Sonntag". Eine schnelle Umsetzung der Reform erwartet er dennoch nicht. Bayern will deshalb bereits im Vorfeld auf Länder wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen zugehen und sich in Fragen der inneren Sicherheit und Digitalisierung stärker abstimmen. Es waren diese fünf Länder, die im Falle des Digitalpakts die Anrufung des Vermittlungsausschusses erzwungen haben. Die Verhandlungen stecken aber fest; auch weil sich ein Grundsatzstreit entzündet hat, den Söder nun mit seinen Vorschlägen weiter befeuert.

Hintergrund

Subsidiarität (von lateinisch subsidium „Hilfe, Reserve“) ist eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Maxime, die Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und die Entfaltung der Fähigkeiten des Individuums, der Familie oder der Gemeinde anstrebt.

Das Subsidiaritätsprinzip legt eine genau definierte Rangfolge staatlich-gesellschaftlicher Maßnahmen fest und bestimmt die prinzipielle Nachrangigkeit der nächsten Ebene: Die jeweils größere gesellschaftliche oder staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinere Einheit dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend eingreifen. Hilfe zur Selbsthilfe soll aber immer das oberste Handlungsprinzip der jeweils übergeordneten Instanz sein.

Aufgaben, Handlungen und Problemlösungen sollten so weit wie möglich vom Einzelnen, von der kleinsten Gruppe oder der untersten Ebene einer Organisationsform unternommen werden. Nur wenn dies nicht möglich ist, mit erheblichen Hürden und Problemen verbunden ist oder der Mehrwert einer Zusammenarbeit offensichtlich ist und diese eine allgemeine Zustimmung erfährt, sollen sukzessive größere Gruppen, öffentliche Kollektive oder höhere Ebenen einer Organisationsform subsidiär, das heißt unterstützend, eingreifen. Das sind meist nach den strittigen, privaten Zwischenebenen (Familie oder Haushaltsgemeinschaft, das weitere persönliche Umfeld und andere private Gemeinschaften) territoriale, öffentliche Kollektive wie Gemeinden, Städte, Landkreise, Länder, Staaten und zuletzt Staatengemeinschaften und supranationale Organisationen.

Das Subsidiaritätsprinzip ist ein wichtiges Konzept und bewährte Praxis für föderale Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland oder die Schweizerische Eidgenossenschaft sowie föderale Staatengemeinschaften wie die Europäische Union. Es ist auch zentrales Element des ordnungspolitischen Konzepts der sozialen Marktwirtschaft.

Quelle: dts Nachrichtenagentur / André Ott

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