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Eigenbeteiligung im Abgasskandal? Diese rechtlichen Folgen hätten die Hardware-Nachrüstungen für die Verbraucher

Archivmeldung vom 27.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: "obs/Kraus Ghendler Ruvinskij/Riko Best"
Bild: "obs/Kraus Ghendler Ruvinskij/Riko Best"

Als Reaktion auf Fahrverbote in vielen Städten sollen betroffene Diesel-Motoren nachgerüstet werden. Wie am Sonntag bekannt wurde, sollen die Kosten dafür teilweise die Kunden zahlen, so der Plan des Verkehrsministeriums. Wieder ein Dieselgipfel, wieder ohne zufriedenstellendes Ergebnis. Nachdem sich die Regierung beim letzten Dieselgipfel mit Software-Updates abspeisen ließ, waren die Erwartungen dieses Mal gering.

Und die Idee, die Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) nun präsentiert, blieb noch hinter diesen niedrigen Erwartungen zurück. Nach langer Weigerung lenkt er zwar ein und erkennt endlich die Notwendigkeit einer Hardware-Nachrüstung manipulierter Diesel an. Dabei beinhaltet sein Modell aber ein Detail, das viele enttäuschte Dieselkunden aufschreien lässt: Eine Selbstbeteiligung von 600 EUR. Insbesondere Geschädigte im Abgasskandal bekämen eine Hardware-Nachrüstung, für die sie tief in die eigene Tasche greifen müssten. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht die geplante Beteiligung als "bitter und unverschämt" an und fordert "Verursachergerechtigkeit".

Kunde zahlt Gewinnmaximierung der Konzerne

"Dass der Kunde nun auch noch die Folgekosten einer illegalen Gewinnmaximierungsmaßnahme der Automobilgiganten tragen muss, ist eine Frechheit.", findet auch Dr. Veaceslav Ghendler, Rechtsanwalt und Partner der Verbraucherrechtskanzlei KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ in Köln. Die Kunden seien durch sinkende Restwerte, Fahrverbote, Stilllegungsrisiken und Folgeschäden der Software-Updates bereits genug gebeutelt.

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig ist Ausgangspunkt für Diesel-Fahrverbote

Ausgangspunkt für die bundesweiten Diesel-Fahrverbote ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig vom 27. Februar 2018. Das Gericht sieht Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Diesel-Fahrverboten in besonders belasteten Städten wie Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und München vor. Hamburg hat bereits Fahrverbote für Euro-4-Diesel eingeführt, für Euro-5-Fahrzeuge werden sie ab September 2019 ebenfalls in Kraft treten. Alle Fahrzeuge, die dann die Euro-6-Grenzwerte nicht einhalten, dürfen bestimmte Straßen nicht befahren.

Hardware-Lösung überhaupt zielführend?

Untersuchungen der Deutschen Umwelthilfe haben ergeben, dass viele Fahrzeuge des VW-Konzerns auch nach durchgeführtem Software-Update die Euro-5-Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten. Insofern stellt sich bereits die Frage, ob eine ergänzende Hardware-Lösung dazu führt, dass die Euro-5-Grenzwerte sicher eingehalten werden. Hierzu liegen bislang keine belastbaren Ergebnisse vor. Eine Annäherung an den nochmals deutlich verschärften Grenzwert der Euro-6-Norm ist daher bestenfalls als "ambitioniert" zu bewerten. Damit ist fraglich, ob Dieselfahrverbote über eine Hardware-Nachrüstung tatsächlich - und rechtssicher - umgangen werden können.

Rechtliche Fragen zur Nachrüstung ungeklärt

Auch abseits einer möglichen Beteiligung sieht der Verbraucheranwalt rechtliche Probleme bei der Umsetzung einer Hardware-Nachrüstung. Bisher ist nicht klar, wer die Hardware letztlich entwerfen und einbauen wird. Schließlich weigern sich die Hersteller hartnäckig, den Umbau selbst durchzuführen. Daher ist es unwahrscheinlich, dass herstellereigene Werkstätten diese Aufgabe übernehmen. "Sollte die Nachrüstung letztlich von einem Fremdanbieter vorgenommen werden, könnten Ansprüche auf Nachbesserung und Schadensersatz gegen die Hersteller nicht mehr durchsetzbar sein.", befürchtet Dr. Ghendler. Denn durch dieses Vorgehen würde für den betroffenen Verbraucher eine unzumutbare Rechtsunsicherheit bezüglich des zuständigen Haftungsgegners entstehen.

Wer haftet für mögliche Folgeschäden nach der Nachrüstung?

Ähnlich wie bei Software-Updates könnte eine Nachrüstung einen höheren Verschleiß an den Motorteilen verursachen oder zu einem höheren Verbrauch führen. Der Hersteller wird sich hier aller Voraussicht nach auf den Standpunkt stellen, dass der Kunde durch die Nachrüstung keine weiteren Ansprüche gegen ihn habe. Im Hinblick auf das Software-Update hat sich inzwischen eine positive Rechtsprechung zugunsten des Verbrauchers etabliert. Das Update gilt nicht als taugliche Nacherfüllung, sodass Schadensersatzansprüche auch weiterhin bestehen. Eine solche Rechtssicherheit gibt es bei Hardware-Nachrüstungen noch nicht.

Schlimmstenfalls: 600 EUR für einen defekten Diesel

Dr. Ghendler zweifelt an dem jüngsten Konzept Scheuers."Das Worst Case Scenario bei der Hardware-Nachrüstung ist folgendes: Der Kunde wird von den Zulassungsbehörden dazu genötigt, eine Nachrüstung mit Selbstbeteiligung von 600 EUR vornehmen zu lassen. Bei seinem Diesel treten Folgeschäden auf, die der Hersteller nicht beheben will. Am Ende könnte der Kunde schlechter dastehen als zuvor und für diese Schlechterstellung auch noch 600 EUR hinblättern."

Sicherer Ausweg: Rückabwicklung

Einen sicheren Ausweg aus dem Abgasskandal bietet weiterhin nur ein rechtliches Vorgehen gegen die Automobilriesen. Solange die Hersteller keine kostenlose Nachrüstung anbieten und keine Garantie für Folgeschäden übernehmen, bleibt eine Rückabwicklung des Kaufvertrags das Mittel der Wahl. Dabei können Kunden einen bestehenden Finanzierungsvertrag widerrufen, oder aber Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verlangen. Die Rückzahlung kompensiert in den meisten Fällen den Wertverlust der manipulierten Diesel. Den Geschädigten wird somit die Neuanschaffung eines nicht manipulierten Fahrzeugs ermöglicht.

Quelle: Kraus Ghendler Ruvinskij (ots)

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