Neue Studie "Taschengeld-Treffen: Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen und die Rolle von Online-Anzeigenportalen"
ECPAT Deutschland e.V. beleuchtet erstmals sexuelle Ausbeutung in Form von Taschengeld-Treffen in Deutschland und beschreibt gravierende Schutzlücken bei Kleinanzeigenmärkten und Dating-Plattformen. Die Kinderrechtsorganisation fordert gezielte Unterstützung für betroffene Kinder und Jugendliche des Menschenhandels und eine bessere Umsetzung des Kinderschutzes im digitalen Raum.
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Menschenhandel am 30. Juli 2025 veröffentlicht ECPAT Deutschland e.V. eine neue Studie zur sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen durch sogenannte "Taschengeld-Treffen". Die Studie wertet journalistische Reportagen aus und analysiert die allgemeinen Geschäftsbedingungen von vier Online-Anzeigenportalen. Sie basiert auf neun Interviews mit Expert*innen aus spezialisierten Fachberatungsstellen, Justiz und Online-Anzeigenportalen und stellt die Erkenntnisse in Zusammenhang mit der internationalen Studienlage. Die Studie bringt Licht in einen Deliktsbereich, der bisher weitgehend übersehen wurde und bei dem Expert*innen von einem hohen Dunkelfeld ausgehen.
Die Studie verdeutlicht, dass ein umfassender Ansatz für den Kinderschutz vor Ausbeutung und Menschenhandel notwendig ist. Steigende Zahlen in Deutschland fordern dringendes Handeln und die Zusammenarbeit aller. "Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Menschenhandel muss oberste Priorität haben - auch im digitalen Raum. Online-Plattformen sind längst zu Tatorten geworden und Minderjährige erfahren zu wenig Schutz und Unterstützung", sagt Antje Monshausen, Geschäftsführerin von ECPAT Deutschland.
Taschengeld-Treffen sind Verabredungen, bei denen sexuelle Handlungen gegen geringere Geldbeträge oder Geschenke auf Online-Anzeigenportalen oder in den sozialen Medien angeboten werden. Betroffen sind Minderjährige mit unterschiedlichen sozioökonomischen Hintergründen. Viele der Betroffenen leiden unter gravierenden seelischen und körperlichen Folgen. Scham- und Schuldgefühle verhindern, dass sie sich selbst als Betroffene erkennen, Hilfe suchen oder mit Behörden sprechen. In den meisten Fällen sind die Täter männliche Personen im Erwachsenenalter. Die sexuelle Ausbeutung findet sowohl physisch in Wohnungen, Hotels oder Parks, als auch digital über das Teilen von Fotos, Videos oder in Livestreams statt.
"Um die Minderjährigen bestmöglich zu unterstützen, sind flächendeckende und langfristige spezialisierte Unterstützungs- und Beratungsangebote nötig. Präventionsmaßnahmen müssen sowohl im digitalen wie analogen Raum für betroffene Minderjährige zur Verfügung stehen. Strafverfolgungsbehörden, Justiz, Beratungsstellen und Kinder- und Jugendhilfe müssen gezielt personell und fachlich gestärkt werden", fordert Nina Stephainsky, Expertin für Menschenhandel bei ECPAT Deutschland.
Bei der Umsetzung von mehr Kinderschutz im digitalen Raum stehen Politik und Privatwirtschaft in der Verantwortung. Denn besonders alarmierend ist, dass Anzeigen für diese Form der sexuellen Ausbeutung auf allgemeinen Anzeigenportalen geschaltet werden und Kinder und Jugendliche ohne Probleme Zugang zu Dating-Apps und Erotikportalen für Erwachsene haben. "Die Studie verdeutlicht den dringenden Bedarf zur Einführung einer verpflichtenden und effektiven Altersverifikation auf solchen Online-Plattformen, nach wirksamen Haftungsmechanismen für Plattformbetreibende und nach einer konsequenten Umsetzung des bestehenden Kinder- und Jugendmedienschutzes", so Lea Peters, Expertin für digitalen Kinderschutz bei ECPAT Deutschland.
Quelle: ECPAT Deutschland e.V. (ots)