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Wagenknecht: Bundesregierung deckt kriminellen Steuertourismus

Archivmeldung vom 04.02.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.02.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Sahra Wagenknecht (2012)
Sahra Wagenknecht (2012)

Foto: FlickreviewR
Lizenz: CC-BY-2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat nach den jüngsten Fällen von Steuerbetrug schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben: "Die Bundesregierung deckt kriminellen Steuertourismus. Deutschland verliert dadurch jährlich etwa 160 Milliarden Euro beziehungsweise einen halben Staatshaushalt", sagte Wagenknecht "Handelsblatt-Online".

"Für die großen Fische gilt: `Wer betrügt, fliegt 1. Klasse!`, während dem Mittelstand bei der verspäteten Abgabe einer Steuererklärung saftige Strafen drohen", kritisierte die Linke-Politikerin. Zugleich signalisierte Wagenknecht Unterstützung für einen Vorstoß der SPD nach einem weitgehenden Verzicht auf Straffreiheit bei geständigen Steuersündern.

"Die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerdelikten gemäß Paragraf 371 der Abgabenordnung sowie der Verzicht auf Strafverfolgung in besonders schweren Fällen gemäß Paragraf 398 Abgabenordnung müssen bis auf Bagatelldelikte entfallen", sagte Wagenknecht.

Union und SPD streiten über Straffreiheit für reuige Steuersünder

In der Großen Koalition bahnt sich ein Streit um die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuerhinterzieher an. SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte der "Bild-Zeitung" (Dienstagausgabe): "Die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert."

Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil: "Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wir müssen darüber reden, ob die strafbefreiende Selbstanzeige noch zeitgemäß ist." Dagegen sagte CDU-Finanzexperte Norbert Barthle der "Bild-Zeitung": "Wir brauchen die Selbstanzeige so lange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld."

Auch Steuerzahlerbund-Präsident Reiner Holznagel sprach sich dafür aus, die Regelung beizubehalten: "Um in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden, ist die strafbefreiende Selbstanzeige richtig und sinnvoll. Es ist die einfachste und effektivste Form für den Staat, an hinterzogene Steuern heranzukommen."

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warb für Neuregelung der straffreien Steuer-Selbstanzeige: "Bei reuigen Bagatellsündern ist Straffreiheit sinnvoll. Bei Steuerbetrug in großem Stil oder Wiederholungstaten kann man jedoch nicht einfach beide Augen zu drücken", sagte sie der "Bild-Zeitung".

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler plädierte ebenfalls eine Verschärfung der Regel: "Für kleine Fälle ist die Selbstanzeige in Ordnung. Aber für große Fälle ab einer Steuerhinterziehung von 50.000 Euro gehört sie abgeschafft. Wer betrügt, muss dann die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen." Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Hürden für die strafbefreiende Selbstanzeige von Steuerhinterziehern höher zu legen. Details stehen bisher nicht fest.

Widerstand in der SPD gegen Verzicht auf strafbefreiende Selbstanzeige

Die Forderung führender Sozialdemokraten nach einem Verzicht auf Straffreiheit für reuige Steuerhinterzieher stößt auch in der SPD auf Widerstand. "Wir brauchen volle Kassen, nicht volle Gefängnisse", sagte der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochausgabe). "Ja zur Selbstanzeige und den Fahndungsdruck erhöhen – das ist der richtige Weg", betonte Kühl.

Auch er sprach sich aber dafür aus, die Bedingungen für eine Straffreiheit zu verschärfen. In einem gemeinsamen Papier haben Finanzbeamte des Bundes und der Länder laut des Berichts aus verfassungsrechtlichen Gründen davor gewarnt, das Instrument abzuschaffen. Niemand müsse sich in unserem Rechtssystem selbst belasten, heißt es in der Stellungnahme. Gegenüber dem Finanzamt aber sei der Bürger auskunftspflichtig, etwa durch die Einkommensteuererklärung. Gäbe er dort erstmals rechtmäßig Kapitaleinkünfte an, die er bisher verschwiegen hat, könnte dies zu Ermittlungen und zu einer Bestrafung führen.

Streiche der Gesetzgeber die Möglichkeit der Strafbefreiung, müsse er auch die Auskunftspflicht fallen lassen. Auf die sind die Finanzämter jedoch angewiesen. Daher habe das Bundesverfassungsgericht "nur geringe Spielräume für eine Abschaffung" zugestanden, betonen die Fachbeamten.

CSU gegen Abschaffung der Selbstanzeige bei Steuerbetrug

Nach dem Bekanntwerden mehrerer prominenter Fälle von Steuerbetrug wendet sich die CSU gegen den Vorschlag aus der SPD, die strafbefreiende Selbstanzeige abzuschaffen. "Das Institut der Selbstanzeige hat funktioniert. Es ist bedauerlich, dass das Steuergeheimnis verletzt wurde und diese Fälle an die Öffentlichkeit gelangten", sagte der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Bartholomäus Kalb, der "Welt" (Mittwochausgabe). "Man darf das Institut der Selbstanzeige nicht beschädigen. Seine Abschaffung zu fordern, ist vollkommen verfehlt."

Die Landesverwaltungen bräuchten mehr Personal, forderte Kalb. Überdies müsse Deutschland auf Ebene der G20 "etwas gegen Steueroasen tun", so der CSU-Politiker weiter. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte am Dienstag vorgeschlagen, das Institut der Selbstanzeige zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi forderte, die Selbstanzeige bis zu einer Bagatellgrenze abzuschaffen.

Steuer-Debatte: Wissing fordert konkretes Handeln der SPD statt Polemik

Das FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing hat von der SPD ein konkretes Handeln zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung statt bloßer Polemik gefordert. "Die SPD fordert eine härtere Gangart gegen Steuerhinterziehung, bleibt aber konkrete Vorschläge schuldig. Offensichtlich ist es an ihr vorbeigegangen, dass sie nicht nur den Vizekanzler und Wirtschaftsminister, sondern obendrein den Außen- und den Justizminister stellt", sagte Wissing am Dienstag in Berlin. "Man sollte von einer Regierungspartei, die für die Bekämpfung von Steuerbetrug in zentralen Politikfeldern Verantwortung trägt, mehr als bloße Polemik erwarten dürfen."

Die Große Koalition könne ihre Mehrheit dazu nutzen, "die Steuerverwaltung bundesweit zu vereinheitlichen", so der Freidemokrat weiter. Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im Gespräch mit "Spiegel Online" erklärt, dass die Steuerfahndung dringend intensiviert werden müsse. "Wir wollen zudem die strafbefreiende Selbstanzeige überprüfen und gegebenenfalls ändern. Wir müssen massiv gegen Steueroasen vorgehen", sagte Oppermann.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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