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Liebe geht DOCH durch den Magen: Beziehungsgebäck

Archivmeldung vom 17.11.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.11.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Essen und Philosophie passen bestens zusammen, wie sich zeigt. Etwa so gut wie Christstollen und Beziehungen oder Einfallslosigkeit und Heißhunger ...

Es hat Dich nicht wirklich verwundert, dass Deine Freundin Biggi Dir diese Frage stellt … oder – naja, eigentlich schon ein wenig, dass es gerade DIESE ist. Aber insgesamt rechnest Du mit dem Schlimmsten, seit Biggi ihre Freizeit einmal pro Woche mit einer selbstgestrickten Gruppe pseudo-philosophischer Im-Café-Sitzer verbringt, die sich irreführenderweise „Denkstube“ nennen. Vermutlich haben sie diesen Namen gewählt, weil die zutreffendere Bezeichnung „Kaffee-und-Kuchen-Klatsch-und-Tratsch-Gesellschaft“ zu sperrig wäre.Jedenfalls hat irgendeine der dort versammelten Geistes- und Konfektionsübergrößen angesichts einer prallgefüllten Kuchentheke die Frage aufgeworfen „Was ist eigentlich Dein spezielles Beziehungsgebäck?“ und nun trifft selbige auf Dich, da Biggi, die sich zunächst Bedenkzeit ausgebeten hat, händeringend und augenrollend nach einer tiefsinnigen Antwort sucht.

„Jeder Mensch hat doch irgendeine Erinnerung an irgendeine Situation, die gleichzeitig mit Beziehungen und mit Gebäck zu tun hat“, antwortest Du etwas unwirsch, „stell' Dich nicht an.“

Nein, versichert Biggi, sie stelle sich nicht an und es gebe in ihrer an sich gewiss reichhaltigen und bunten Beziehungsvergangenheit nichts dergleichen. Und selbst wenn, dann wäre dies zwar sicher eine sehr dramatische Geschichte (ALLE Beziehungsgeschichten in Biggis Leben sind zutiefst dramatisch!), jedoch nicht unbedingt philosophisch.

„Wie ist es denn mit etwas, dass Du – wie man so sagt – 'mit Liebe gebacken' hast für irgendwen? Diesen Rudi zum Beispiel, diesen Stationsarzt. Den hast Du doch dauernd bekocht“, erinnerst Du sie, erkennst aber schon am Gesichtsausdruck Deiner Freundin, dass Du hier auch nicht auf der richtigen Fährte bist.
Nein, so wird Dir beschieden, erstens sei der Name Kurt gewesen, zweitens habe sie ihn wohl bekocht, aber nie bebacken. Und drittens habe auch diese Beziehung leider jeglicher seelischen Tiefe entbehrt, so dass sie auch im günstigsten Falle nichts zur seriösen Beantwortung der Frage beisteuern könne.

Du findest das alles irgendwie kleinlich, sagst das aber nicht. Schließlich: „Rudi“ und „Kurt“, das klingt doch fast gleich. Und Kochen oder Backen … Gut, zugegeben: das mit der seelischen Tiefe hat was als Argument. So betrachtet, musst Du betrübt feststellen, kommt Biggis gesamte Existenz wohl nicht als Inspiration in Frage.

„Mach doch eine Straßenumfrage“, rätst Du deshalb. Es muss dort draußen schließlich Menschen geben, die in dieser Hinsicht mehr zu bieten haben als Deine Freundin. Aber auch das sagst Du natürlich nicht laut.
Unsinn, wehrt Biggie wütend ab (und sie wird jetzt wirklich pampig), sie habe keine Straße, die sie umfragen könne.
Dein wirklich kreativer Vorschlag „Dann lass' uns 'Monopoly' spielen. Du kaufst dir die Parkallee oder die Schlossstraße und fertig ist die Laube … beziehungsweise Umfrage“ findet seltsamerweise auch nicht die angemessene Würdigung.

Biggi versinkt in dumpfes Brüten und stopft noch mehr von dem Christstollen in sich hinein, den Du zwar zu diesem Zweck aufgetischt hast, von dem Du aber trotzdem gern wenigstens eine Scheibe übrig behalten würdest.
Und während Du noch überlegst, wie Du den Rest des weihnachtlichen Gebäcks unbemerkt unter dem Sofa verschwinden lassen kannst, um ihn zu retten, kommt plötzlich diese Offenbarung über Dich. Es ist nicht ganz so, als würden die schönsten Lichter aufleuchten und Engelschöre singen, es ist aber auch wirklich nicht weit davon entfernt.

„DA!“ rufst Du begeistert und zeigst mit gestrecktem Finger auf den Tisch. Biggis Antwort ist ein leises „Umpf?“, da Du sie erstens intellektuell und zweitens mit vollen Backen überrascht hast.
„Christstollen“, erklärst Du mit Nachdruck, „DAS ist Deine Antwort!“
Du wünschtest, Biggi könnte gleichzeitig essen und einen halbwegs gescheiten Eindruck machen, doch zu dieser Variante des Multi-Tasking ist sie leider nicht fähig.

„Schau doch mal: So ein Christstollen, der ist DAS Beziehungsgebäck überhaupt“, beginnst Du mit Deinem Referat. „Der muss vier Wochen durchziehen, bis er wirklich gut schmeckt und gegessen werden sollte. - Na?“
Biggi zuckt die Schultern.
„Das ist doch wie in einer Beziehung. Du weißt erst nach einer bestimmten Zeit, ob sie wirklich tragfähig ist und hält, was sie verspricht. Anders gesagt: erst wenn die Phase der Verliebtheit vorbei ist, dann fängt die Liebe an. Dann – im übertragenen Sinne – ist sie soweit, dass sie wirklich genossen werden kann.“
Die Augen Deiner Freundin weiten sich in plötzlichem Verständnis. Du hörst fast, wie der Groschen fällt – und in ihrem Hals stecken bleibt, weil sie noch immer gierig am Essen kaut und schluckt.

„Und dann: Rosinen, Orangeat und Zitronat. Das sind Dinge die gehören da rein – ABER nicht jeder mag sie. Ich zum Beispiel mag keine Rosinen. Trotzdem esse ich gern Stollen. Magst Du ...“, Du brichst ab. Unnötig zu fragen. Ja, Biggi mag. Und zwar jede Menge davon, egal, was es ist.
„Auch wie in einer Beziehung: Man kann nicht immer alles mögen und über alles glücklich sein. Aber das verdirbt nicht den Spaß an der Sache insgesamt. Es gehört einfach dazu, verstehst Du?“
Die Antwort ist ein begeistertes „Mhmpf!“

„Ja und zum Schluss: der Zuckerguss oder der Puderzucker. Das ist all das, was man in eine Beziehung investiert, um sie lecker und schmackhaft zu halten, all die süßen Worte und Dinge ...“, dabei denkst Du an Deinen Schatz und Rührung würgt Dich in der Kehle, während alles, was Biggi würgt, der Stollen ist, den sie nun mit einigen gierigen Schlucken aus ihrer Kaffeetasse hinunterspült.
„Das is' toll!“ meint sie schließlich anerkennend und klatscht begeistert in die Hände. „Kannst Du mir das aufschreiben?“

Nein, kannst Du nicht. Und gerade als sie sich wieder nach dem Stollen reckt, bekommst Du die Kuchenplatte zu fassen und reißt sie an Dich.
„Und außerdem“, sagst Du dazu, „ist es mit dem Stollen auch so wie in jeder Beziehung: Wenn einer alles kriegt und der andere immer leer ausgeht, ist sie vorbei. - Mahlzeit. Oder besser: Eben gerade diese nicht mehr!“ Damit verlässt Du den Raum, um den nicht mehr sehr umfänglichen Rest des Beziehungsgebäcks biggisicher in der Küche zu verstecken.

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgt hier nun das Rezept.

Christstollen nach einem Rezept aus der früheren DDR

Zutaten für 2 Christstollen
750 g Mehl, doppelgriffiges
375 g Butter, weiche
140 g Rohrohrzucker
42 g Hefe
125 ml Milch, warme
375 g Sultaninen, eingeweichte
125 g Mandel(n), gehackt
125 g Zitronat
1 Zitrone(n), unbehandelt, den Abrieb davon
1 TL, gestr. Muskat, frisch gerieben
2 TL, gestr. Meesalz
10 Tropfen Bittermandelöl
1 Schuss Rum

Zubereitung
Man gibt das Mehl in eine Schüssel und drückt eine Mulde hinein. Dort hinein zerreibt man die Hefe, gießt 1/3 der Milch (leicht angewärmt) darauf, bestreut sie mit etwas Zucker und Mehl und verrührt es zu einem Brei. Darüber streut man etwas Mehl und lässt an einem warmen Ort so lange gehen, bis das Mehl starke Risse zeigt.

Nun gibt man die weiche Butter, den Zucker, die restlichen Milch und die Gewürze zu und verknetet es mit der Hand zu einem festen Teig mit (nicht rühren). Sobald der Teig keine weißen Stellen mehr zeigt und sich etwas speckig anfühlt, wird er gut geschlagen wie folgt:

Das fest zusammenhängende Teigstück wird mit den beiden Händen mehrmals kräftig auf eine ganz glatte Platte (z. B. auf eine feste glatte Tischfläche) geworfen. Das Ganze so lange, bis der Teig ganz glatt ist.

Dann wird das Teigstück in ungefähr 4 – 5 Teile geschnitten. Nachdem nun die gewaschenen Sultaninen, Mandeln und Zitronat gut durcheinander gemengt sind, werden die Teigstücke in dieser Mischung gewälzt und leicht angedrückt, bis sich die Zutaten mit dem Teig gut verbunden haben. Nun werden die die Teigstücke wieder zu einem Ganzen leicht zusammengedrückt. Man lässt den Teig nun noch ungefähr 1 Stunde gehen.

Aus dem Teig werden 1 oder 2 Stollen geformt, in Backpapier eingeschlagen und über Nacht in den Kühlschrank gelegt. Am nächsten Tag wird der Backofen auf 220°C aufgeheizt. Das Backgut wird auf die mittlere Schiene eingesetzt, 10 Minuten gebacken, dann wird die Hitze auf 180°C zurückgenommen und in ca. 45 Minuten zu Ende gebacken.

Nachdem der Stollen ausgebacken ist, wird er mit zerlassener Butter gut überstrichen, dann mit Zucker bestreut und diese Zuckerkruste wieder mit Butter bespritzt. Richtig schmackhaft wird dieses Gebäck erst nach 4 – 5-tägiger Lagerung und ist wochenlang haltbar.
Arbeitszeit: ca. 1 Std. 30 Min.
Ruhezeit: ca. 12 Std.

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