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Dioxin im Futtermittel: Betrachtung eines Skandals

Archivmeldung vom 06.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Man konnte es spätestens nach Nitrofen und Gammelfleisch erahnen. Der nächste tatsächliche und nicht gefühlte Skandal rund um Lebensmittel wartet schon an der nächsten Ecke. Nun ist also Dioxin in etwa 2700 Tonnen Futtermittel gefunden worden. Dummerweise eben aber auch schon verfüttert und das Endprodukt ist bereits im Handel oder im wahrsten Sinne gegessen. Was bei solchen Vorfällen wohl immer dazu gehört ist die Verunsicherung der Verbraucher, geschädigte und zu Recht empörte Landwirte, schockierte Politiker auf Länder-, Bundes- und EU-Ebene, inklusive dem Ruf nach schärferen Gesetzen.

Die Ursache für die Verunreinigung soll im Unternehmen Harles & Jentzsch in Schleswig-Holstein liegen. Der Futtermittelzulieferer kaufte nach eigenen Angaben Reste aus der Biodieselherstellung und der Nahrungsmittelindustrie auf und verarbeitete sie zu Komponenten für die Futtermittelhersteller. Im November und Dezember lieferten Harles & Jentzsch pflanzliches Futterfett an bundesweit 25 Futtermittelhändler in NRW, Niedersachsen, Hamburg und Sachsen- Anhalt. Nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sollen sich in dem Futterfett technische Mischfettsäuren befunden haben, die nicht für die Verwendung in Futtermitteln, sondern für den Einsatz zur Papierherstellung bestimmt waren. Und da wären wir beim eigentlichen Skandal und der Frage, warum ein Futtermittelzulieferer Zwischenprodukte nutzt, die für sein Endprodukt schlicht nicht geeignet sind. Und dazu noch die Gefährdung von Verbrauchern in Kauf zu nehmen scheint.

Die Frage, ob mehr Kontrollen nutzen, beantwortet sich bei der Betrachtung der Zertifizierungen des betroffenen Unternehmens fast schon von selbst. Laut deren Internetseite ist ihre Qualitätssicherung auf hohem Niveau: Zertifikat ISO9001:2008, Zertifikat GMP+ B2, Zertifikat HACCP und zusätzlicher Systemteilnahme bei QS. Das ist eigentlich mehr als ausreichend. Wenn man danach handelt. Eine simple Wareneingangskontrolle von entsprechend geschultem Fachpersonal hätte reichen müssen, um zu erkennen, welche Anlieferungen für welche Produktionslinien taugen und welche vor allem nicht.

Das scheint nicht der Fall gewesen zu sein. Besonders brisant an diesem Fall ist auch die Tatsache, dass das Unternehmen nicht nur Futtermittelbestandteile, sondern auch technische Produkte herstellt. Entsprechend kann man hier nicht nach schärferen Kontrollen rufen sondern schlicht und einfach nach Justitia. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hat entsprechend gehandelt und ein Ermittlungsverfahren gegen Siegfried Sievert, den Geschäftsführer von Harles & Jentzsch, sowie gegen weitere Verantwortliche des Unternehmens eingeleitet.

Langfristige Konsequenzen werden auch von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner gemeinsam mit den zuständigen Bundesländern geprüft: "Es stellt sich die Frage, ob es nicht ein zu hohes Risiko darstellt, wenn Betriebe, die Bestandteile für Futtermittel liefern, gleichzeitig technische Produkte vertreiben, die unter keinen Umständen in Lebensmittel oder Futtermittel gelangen dürfen. Es darf nicht sein, dass auf einem Betriebsgelände womöglich ein Knopfdruck genügt, um durch das Öffnen eines falschen Ventils hochriskante Stoffe, die legal lagern, illegal in Futtermittel einzumischen. Dem müssen wir einen Riegel vorschieben", so Aigner. Die Frage nach der Haftpflicht und entsprechenden Ausfallentschädigungen für die betroffenen Landwirte wird die Gerichte sicher noch Monate beschäftigen.

Das NRW-Verbraucherschutzministerium gibt auf seiner Internetseite www.umwelt.nrw.de die Erzeugercodes von belasteten Eiern bekannt. Weitere Veröffentlichungen werden folgen, soweit sich noch Ware am Markt befindet. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner begrüßt das transparente Vorgehen der Bundesländer: "Sie handeln völlig richtig, wenn sie auch ohne Vorliegen konkreter Untersuchungsergebnisse alle Produkte (Eier und Fleisch) vorsorglich sperren, die unter Verwendung von möglicherweise kontaminiertem Futter erzeugt worden sind. Landwirtschaftliche Betriebe, die unter Verdacht stehen, dürfen erst wieder freigegeben werden, wenn die Proben unbedenklich sind. Der vorsorgende Gesundheitsschutz hat absoluten Vorrang."

Im Öko-Landbau sind isolierte Fettsäuren, die im aktuellen Fall die Kontaminationsquelle sind, nicht erlaubt. Entsprechend ist unter den gesperrten Betrieben kein Bio-Betrieb. Alexander Gerber, Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW): "Verbraucher können deshalb unbesorgt weiterhin Eier und Fleisch aus ökologischer Erzeugung kaufen".

Verbraucherfragen werden im Expertenforum auf www.was-wir-essen.de beantwortet.

Quelle: Harald Seitz / aid

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