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Liebe geht DOCH durch den Magen: Der letzte Stollen – Teil 1

Archivmeldung vom 30.11.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.11.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Die Adventszeit beginnt. Viele, die selbst einen Stollen backen wollen, nehmen das nun in Angriff. Denn das leckere Backwerk muss sich verfestigen und eine Weile durchziehen, um das volle Aroma zu entfalten. Etwa sechs Tage, so sagt man. Manche Entschlüsse hingegen benötigen wesentlich mehr Zeit, um zu reifen. Wenn es dann soweit ist, sind sie oft für die Umwelt umso überraschender.

Alles ist soweit fertig. Du hast den großen, schweren Stollen vor Dir liegen. Er sieht gut aus. Warum auch nicht? Es ist Tradition, dass Du Ende November einen Stollen backst, seit mehr als fünfundzwanzig Jahren. Und jeder von ihnen war gut.
Du hast ihn schon mit Zucker ummantelt, um ihn zu konservieren. Nun fehlt nur noch ein großer Berg des süßen weißen Puders. Also machst Du Dich an die Arbeit.

Es ist nicht weiter verwunderlich, wenn Deine Gedanken zurückreisen in die Vergangenheit. Es wäre eher erstaunlich, kämen die Erinnerungen nicht wieder in diesem Moment.
Da waren die ersten zwei Weihnachten, nur Du und er zusammen und dann im einen Jahr seine Familie, im anderen Freunde. Allein hättet ihr dieses riesige Backwerk nicht bewältigen können. Oder jedenfalls nicht, ohne davon kugelrund zu werden und mindestens unter Bauchschmerzen zu leiden.

Dann, im dritten Jahr, wart ihr auch zu dritt. Das war kurz nach Markus' Geburt gewesen. Er war ein anstrengendes Baby gewesen. Plötzlich fühlst Du wieder diese Schwere, diese Übermüdung. Ja, irgendwie ist es wie damals. Obwohl Ihr heute nur noch zu zweit seid, Dein Mann und Du. Die Kinder sind inzwischen beide aus dem Haus. Sie werden auch an Weihnachten nicht kommen … Aber das ist in Ordnung. Es ist sogar gut so. Es ist ein Zeichen. Es ist das Zeichen, auf das Du gewartet hast.

Als Tine am Telefon sagte, sie werde mit einem Teil ihrer Clique im Schwesternheim feiern, da hatte es in Deinem Kopf „Klick!“ gemacht.
„Bist du böse?“, hatte sie gefragt.
„Warum soll ich dir böse sein? Mach' das so, wie du denkst.“
„Weißt du, es ist vor allem wegen Flora. Ich hab' dir doch erzählt ...“
„Das ist schon okay“, hattest Du sie unterbrochen. Du musstest lächeln und Du hofftest, sie würde es hören können. Irgendwo hast Du gelesen, dass man das kann. „Du brauchst dich doch nicht rechtfertigen, Schatz. - Schau mal, du bist alt genug … Natürlich hätte ich dich gern hier, aber du hast dein Leben und wir … wir haben unsers.“
„Du bist süß“, hatte sie leise gesagt. Dann hatte sie gefragt: „Sagst du's Papa?“
„Ja, ich sag's ihm. Er versteht das ...“

Nein, er hatte es eigentlich nicht verstanden. Dass Markus nicht kommen würde, das hatte er eingesehen. Aber Christine? - Nein, das hatte er nicht verstanden.
„Wo ist der Unterschied?“, hattest du wissen wollen. Daraufhin schob er die Blätter der Zeitung in seinem Schoß hin und her, dass sie raschelten. Es klang irgendwie unwirsch – so, wie er aussah in diesem Moment.
„Markus ist ein Mann. Und er hat Familie.“ War seine Antwort.
„Natürlich ist er ein Mann. Aber erstens macht das in meinen Augen keinen Unterschied und zweitens hat er keine Familie. Er hat eine Freundin. Das ist noch keine Familie.“
„So gut wie“, brummte Dein Mann und zog dann die Zeitung vors Gesicht. Die Diskussion war beendet.

Du hattest auf den Stollen verzichten wollen, den nun mehr und mehr Puderzucker bedeckt. Aber Dein Mann war dagegen gewesen.
„Es ist Weihnachten. Und an Weihnachten haben wir einen Stollen“, war sein Argument. Du fragtest ihn, ob er jemanden einladen wollte. Ihr könntet doch unmöglich das große Ding allein essen, nur ihr beide. Oder solltest Du einen kleineren backen? Die trocknen dann allerdings schneller aus …

„Warum soll etwas anders sein als sonst?“,lautete die Gegenfrage. Du zucktest nur Deine Schultern gezuckt und gingst aus dem Zimmer.

Eigentlich hatte er recht – aus seiner Sicht. Es hatte sich nie wirklich etwas verändert. Warum nun plötzlich damit anfangen, Dinge anders zu machen? Dafür gab es eigentlich keinen Grund. Zumindest nicht für ihn.

Du betrachtest Deine Hände, die nun auch schon etwas weiß vom feinen Zuckerstaub sind. Man sagt, im Augenblick des Todes zieht noch einmal das ganze Leben an einem vorüber. So war das in diesem Augenblick. Doch Du bist nicht gestorben. Du bist immer noch da. Auch wenn Deine Hände ein wenig wie die eines Geistes aussehen mögen.
Nein, Du bist nicht gestorben. Im Gegenteil. Du bist aufgewacht in diesem Moment. Du bist zurückgekehrt ins Leben. Es war Dir nicht bewusst gewesen. Aber an den darauffolgenden Tagen hattest Du es mehr und mehr gespürt und durchdacht und am Ende verstanden. Ganz am Ende, als Du plötzlich wusstest, was Du zu tun hast.

Der Stollen sieht gut aus. Sehr gut. Er ist jetzt fertig. Du wäschst Deine Hände, nimmst die Schürze ab und hängst sie innen an die Tür zur Speisekammer. Du bist so froh, dass Du seinerzeit darauf bestanden hast, eine Wohnung mit Speisekammer zu finden. Er hatte in einen Neubau ziehen wollen. Du hattest Dich letzten Endes durchgesetzt.
„Die bauen doch keine gescheiten Wohnungen mehr“, hattest Du zu ihm gesagt, „da gibt’s keinen Stauraum, keine Speisekammer. Das ist völlig unpraktisch.“
„Altbau ist unpraktisch“, hatte er unwirsch geantwortet.
„Warum?“
Seine Antwort war einer dieser Töne gewesen, die man nicht in einem Text wiedergeben kann, weil es für sie keine Buchstaben im Alphabet gibt. Einer dieser Töne, die zu fünfzig Prozent absolutes Missfallen ausdrücken und zu fünfzig Prozent Ratlosigkeit oder Überforderung. Du hast sie so oft gehört in Deinem Leben …! Hättest Du sie sammeln und für jeden den üblichen Flaschenpfand kassieren können, wärst Du jetzt reich.
Was den Altbau anbelangte, hatte es eine Zeit gegeben, in der Du ihm fast zugestimmt hättest. Ja, es war ein wenig unpraktisch gewesen mit dem Kinderwagen und der Treppe. Aber erstens hätte es vermutlich in einem neueren Haus nicht anders ausgesehen und zweitens war das, wie sich herausgestellt hatte, überwiegend Dein Problem gewesen und Du hattest damit umgehen können.

Deine Hand streicht noch einmal über die Schürze, bevor Du die Tür schließt. Dann gehst Du in den Flur, nimmst Deinen Schal und ziehst Deinen Mantel an.
Ganz am Anfang, als Du Deinen Mann kennengelernt hattest, hatte er Dir in den Mantel geholfen. Auch noch, als ihr frisch verheiratet gewesen wart. Wann hatte er damit eigentlich aufgehört? - Es ist egal. Selbst wenn er es nicht getan hätte – er ist nicht da. Er ist bei seinem Stammtisch.

Du betrachtest Deine Koffer, die neben der Garderobe stehen. Da ist mit einem Mal dieser Gedanke „Ist das alles? Ist das alles, was ich habe? In diesen beiden Gepäckstücken? Ist mein Leben so klein geworden?“
Du schüttelst leicht den Kopf. Die Antwort ist naheliegend. Wäre es anders, dann wären diese beiden Koffer jetzt nicht dort, wo sie sind, wären nicht gepackt …
Du gehst noch einmal zurück in die Küche. Der Brief liegt am einen Ende der Anrichte, der Stollen steht am anderen. Du nimmst das Kuvert und lehnst ihn gegen den großen weißen Laib. In dem Brief steht, dass er eine Woche warten soll, bevor er ihn anschneidet. Und es steht darin, dass Du ihn verlässt, Deinen Mann.
Du löschst das Licht in der Küche. Dann öffnest Du die Tür zum Treppenhaus und stellst die Koffer nach draußen. Es ist soweit. Es ist Zeit. Zeit für Dich. Zeit zu gehen …

(Fortsetzung folgt)

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegetarisch

Herzhafter Stollen

Rezept für 4 Portionen
Zutaten

370 g Mehl
1 Hefe (Trockenhefe)
1 TL Meersalz
250 ml Wasser
50 g Butterschmalz
3 Würste (Landjäger), enthäutet, klein gewürfelt
50 g Zwiebel(n) (Röstzwiebeln)
75 g Marone(n), Dose oder vakuumverpackt, grob gewürfelt
1 TL Kümmel
Öl, für die Form
Mehl, zum Bestäuben

Zubereitung:

Mehl und Hefe mischen, mit Schmalz, Salz und Wasser zu einem glatten Teig verarbeiten und gehen lassen. Röstzwiebeln, Kümmel, Wurst und Maronen unter den Teig mischen. In einer gefetteten Stollenform nochmals gehen lassen. Ofen auf 180° vorheizen, Backblech mit Backpapier auslegen und die Form mit der offenen Seite nach unten aufs Blech stellen. Nach 40 Min. die Form entfernen und den Stollen weitere 20-30 Min. backen. Auskühlen lassen und mit Mehl bestäuben.
Superlecker dazu:
100g Quark
80g weiche Butter
40g Gouda, gerieben
1EL saure Sahne
2EL frische Kräuter, gehackt
Alles zu einer Creme verrühren und mit Salz und Zitronensaft abschmecken.

Arbeitszeit: ca 20 Min.

Vollkorn - Weihnachtsstollen

Rezept für 4 Portionen
Zutaten

500 g Dinkelmehl, (Vollkorn), am besten frisch gemahlen
1 Pck. Backpulver
125 g Rohrohrzucker
1 Pck. Vanillezucker
1/2 Zitrone(n), (Saft davon)
1 TL Zimt
1/2 TL Nelkenpulver
1 Msp. Muskat, oder Macis (Muskatblüte)
1/2 TL Lebkuchengewürz
1 Prise Meersalz
1 Prise Kardamom
2 Ei(er)
250 g Quark
125 g Margarine
150 g Nüsse, gehackt
100 g Zitronat, ( oder 50gr. + 50gr. Orangeat)
200 g Rosinen, (in Rum eingelegt)
100 g Feige(n), getrocknete klein geschnittene
100 g Datteln, klein geschnittene

Zubereitung:

Alle Zutaten mischen, zusammen kneten und zu einem Stollen formen. Ofen vorheizen. Bei 175 Grad in der Mitte des Backofens ca. 1 Stunde backen. Noch warm mit flüssiger Butter bestreichen und evtl. mit Puderzucker bestäuben. Kann relativ bald gegessen werden, kann aber auch gut längere Zeit aufbewahrt werden.

Arbeitszeit: ca 30 Min.

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