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DIVSI Meinungsführer-Studie vorgestellt - Das verantwortungslose Netz

Archivmeldung vom 13.11.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.11.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

DIVSI, das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet, hat gestern seine Meinungsführer-Studie "Wer gestaltet das Internet?" vorgestellt. In ausführlichen persönlichen Gesprächen wurden dazu führende Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Medien, Öffentlichem Dienst, Wissenschaft, Verbänden sowie weitere Vertreter der Zivilgesellschaft interviewt. Die qualitative Untersuchung entstand in Zusammenarbeit mit dem renommierten Heidelberger SINUS-Institut auf wissenschaftlicher Basis.

Erstmals liegen jetzt Antworten zu bislang kaum oder überhaupt nicht gestellten Fragen vor: Wie gut kennen sich Meinungsführer im Netz aus? Wie schätzen sie ihre Einflussmöglichkeiten ein? Wie bewerten sie Sicherheits- und Freiheitsbedürfnisse? Welche Chancen, Konfliktfelder und Risiken erwachsen daraus?

Die Untersuchung zeigt vier Grund-Erkenntnisse:

* Keiner ist mehr offline - Leben ohne Internet ist eine Illusion

Das Internet gewinnt in immer mehr Lebensbereichen an Bedeutung. Online- und Offline-Sphären durchdringen sich zunehmend. Es wird zunehmend schwieriger, die beiden Zustände voneinander zu unterscheiden. Digitale Gräben sind dabei vielen Akteuren vollständig egal. Diese werden nicht als Herausforderung gesehen, die es zu meistern gilt. Die Macher sehen darin vielmehr einen Zustand, der sich von allein auflösen wird, weil die meisten Alltagshandlungen ohnehin online gesteuert sind.

* Die Verantwortung bleibt beim Nutzer hängen - keiner nimmt sie ihm ab

Eine Gesamtverantwortung für "das Internet" wird von den Meinungsführern strukturell weder als möglich betrachtet noch gewollt. Ihre Lösung besteht darin, die Verantwortung zu großen Teilen an den Nutzer weiter zu reichen. Unklar bleibt, wo Grenzen dieser Eigenverantwortung liegen. Gleichzeitig ist man sich jedoch einig, dass dem Nutzer die dafür notwendige Kompetenz fehlt.

* Die Macht liegt bei den Machern: Marktführende Unternehmen prägen die Verhaltensregeln

Privatwirtschaftliche Unternehmen sind Treiber aktueller Entwicklungen im Netz. Sie sind damit nicht nur Akteure, die Angebote bereitstellen. Sie sind es auch, die die Regeln bestimmen und kontinuierlich verändern. Dabei unterscheiden fast alle zwischen Wirtschaft in der Gesamtheit und wenigen globalen Playern, "den ganz großen Vier".

* Das Internet gibt es nicht (mehr)

Es wird immer schwieriger, für den Verhandlungsraum Internet generell gültige Regelungen und gegenseitige Vereinbarungen zu treffen. Dies allein schon deshalb, weil bereits unter dem Begriff "Internet" oft ganz Unterschiedliches verstanden wird. Der Diskurs bewegt sich von einer rein technologischen Perspektive zunehmend zur Frage nach einer "digitalen Kultur". Es geht um die Definitionsmacht für zentrale Werte einer Gesellschaft.

Warum hat DIVSI die Meinungsführer-Studie initiiert?

Direktor Matthias Kammer: "Uns geht es darum, einen offenen und transparenten Dialog über Vertrauen und Sicherheit im Netz zu organisieren und mit neuen Aspekten zu beleben. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, wollen wir der Öffentlichkeit aktuelle Fakten liefern, die dann als Basis für breite Diskussionen zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse der Studie sollen also fernab jeder Vordergründigkeit und Effekthascherei mit dazu beitragen, unsere vernetzte Welt vertrauenswürdiger und sicherer zu machen."

Was leistet die Studie?

Projektleiterin Dr. Silke Borgstedt: "Fast alle Studien zum Thema Internet haben bislang die Nutzer im Blick. Mit unserer Untersuchung rücken wir erstmalig die Akteure in den Fokus, die im Netz nicht nur mitspielen, sondern maßgeblich die Spielregeln bestimmen. Transparenz ist ein Schlüsselbegriff im Netz-Diskurs, denn Online-Strukturen durchdringen immer mehr Bereiche unseres Alltags. Daher ist es wichtig, dass nicht nur Entscheider wissen, was die Nutzer im Netz machen, sondern auch die Nutzer wissen, wer eigentlich das Netz macht."

DIVSI hatte bereits zum Jahresbeginn 2012 eine repräsentative "Milieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet" vorgelegt. Darin wurde untersucht, welche Motivationen und Einstellungen die in Deutschland lebenden Menschen in ihrem Verhältnis zum Internet bestimmen und welche Erwartungen sie hinsichtlich Sicherheit und Datenschutz haben. 39 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen wurden in dieser Studie als "Digitale Outsider" eingestuft, die kaum oder gar keinen Anteil am Internet haben.

Matthias Kammer: "Vordergründig mag das dem jetzt gewonnenen Fazit, wonach keiner mehr offline ist, widersprechen. Doch aus Sicht derjenigen, die das Internet gestalten, leben auch die Outsider in einer Umgebung, die fortwährend stärker von der Online-Welt geprägt wird - ob sie das nun wollen oder nicht. Die Bewertung von Erkenntnissen dieser Form liefert wertvolle Impulse für zukünftige Diskussionen. Es wird deutlich, welcher Umbruch in Sachen Internet aktuell stattfindet."

Die jetzt vorgelegte Untersuchung wird derzeit durch das SINUS-Institut zu einer bundesweit repräsentativen Studie ausgebaut. Diese Ergebnisse will DIVSI zur CeBIT 2013 präsentieren.

Quelle: DIVSI (ots)

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