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Schadensersatzforderungen gegen Nutzer von Tauschbörsen - Download ist nun auch strafbar

Archivmeldung vom 19.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Viele Abmahnungen beziehen sich auf das so genannte „Filesharing“. Gemeint ist damit der Austausch von Dateien zwischen verschiedenen Nutzern über das Internet, häufig über ein so genanntes Peer-to-Peer-Netzwerk (P2P). Schon seit einigen Jahren werden Internetnutzer für die Ermöglichung des Zugriffs auf Dateien (Upload) abgemahnt, seit Anfang dieses Jahres ist nun aber auch der Download geschützter Inhalte strafbar.

Gegen überzogene Forderungen können und sollten Betroffene sich allerdings zur Wehr setzen.

Wie funktioniert „Filesharing“?

Wer am „Filesharing“ teilnimmt, hat als Nutzer die Möglichkeit auf vorhandene Dateien anderer Teilnehmer zuzugreifen und verpflichtet sich, anderen Nutzern seine eigenen Dateien zur Verfügung zu stellen; seien es E-Books, Musik- und Filmdateien, Software oder Spiele. Zu den ersten Netzwerken dieser Art zählte das als Inbegriff der Tauschbörse bekannt gewordene Napster. Bei Napster wurden die Dateien noch über einen zentralen Server ausgetauscht, d.h. mit Hilfe einer „übergeordneten Quelle“. Klagen von Urheber-Verwertungsgesellschaften führten dazu, dass Napster zu einem kostenpflichtigen Anbieter wurde, der nunmehr lizenzierte Inhalte gegen Geld anbietet.

Inzwischen existieren eine ganze Reihe von Tauschbörsen, die gänzlich anders funktionieren und als dezentral organisierte Netzwerke aufgebaut wurden. Dazu gehören beispielsweise Kademlia (Azureus, eMule), Gnutella (LimeWire, Bearshare) oder FastTrack (Kazaa Lite K++). Die Möglichkeit des Zugriffs auf die Dateien erfolgt in diesem Fall direkt zwischen den einzelnen Internetnutzern, bei dem jeder Nutzer die Möglichkeit hat, auf die Daten des jeweils anderen zuzugreifen. In vielen Fällen ist die Gestattung des Zugriffs auf die eigenen Inhalte Voraussetzung zur Teilnahme beziehungsweise erhöht die Anzahl der Uploads die Geschwindigkeit oder die Menge der Downloads. Jeder Teilnehmer ist deshalb Anbieter und Nutzer gleichermaßen, was die Kontrolle der Inhalte und das Bestimmen der für die Inhalte verantwortlichen Stelle deutlich erschwert. Einige Tauschbörsen versuchen zudem, die Anonymität der Teilnehmer durchzusetzen, so etwa StealthNet, ANts P2P, I2Phex, GNUnet und Freenet.

Der rechtliche Hintergrund: Urheberrecht

Die meisten der in den Tauschbörsen angebotenen Inhalte, seien es Musikstücke, Texte, Filme oder Computerprogramme, sind urheberrechtlich geschützt. In diesem Fall steht gemäß §19a Urheberrechtsgesetz (UrhG) allein dem Urheber das Recht zu, sein Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Einstellen im Internet, wo jederzeit und weltweit die Möglichkeit des Zugriffs existiert, gilt als eine Veröffentlichung im Sinne des Urheberrechts, die ohne die Erlaubnis des Urhebers eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Ausnahmen gelten lediglich dort, wo der Urheberrechtschutz nicht greift, etwa wenn eine freie Weitergabe zuvor ausdrücklich gestattet wurde (etwa bei Freeware) oder weil es sich aus anderen Gründen um frei verwendbares Gemeingut handelt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Werk aufgrund des Ablaufs der Schutzfristen gemeinfrei wurde (70 Jahre nach dem Tod des Autors).

Ohne das Einverständnis des Urhebers kann das Anbieten von Werken auch strafrechtliche Relevanz haben. § 106 UrhG sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Bei gewerbsmäßigem Handel erhöht sich der Strafrahmen auf bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe. Nach den neueren Änderungen im Urheberrechtsgesetz gilt dies auch dann, wenn das Angebot nicht dazu dienen soll, Gewinne zu erzielen.

Die Ermöglichung des Zugriffs auf urhebergeschützte Inhalte (Upload) ist bereits seit dem Jahre 2003 verboten. Damit drohen grundsätzlich die strafrechtliche Verfolgung und die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen durch den Urheber oder eine Verwertungsgesellschaft. Der bloße Download solcher Inhalte ohne gleichzeitigen Upload ist erst seit Anfang 2008 ausdrücklich untersagt. Jetzt ist das Herunterladen nicht mehr nur dann strafbar, wenn bereits das Einstellen der Datei in das Internet rechtswidrig war, sondern immer dann, wenn der Rechtsinhaber damit nicht einverstanden ist.

Risiko der rechtlichen Inanspruchnahme

Das Internet ist keineswegs so anonym wie gemeinhin angenommen wird. Grundsätzlich lässt sich über die IP-Adresse, sofern diese nicht gefälscht wurde, der Inhaber des Internetanschlusses ermitteln. Dabei wird zunächst mit Hilfe der IP-Adresse der Provider ermittelt. Der wiederum kann von den Strafverfolgungsbehörden zur Auskunft über den Anschlussinhaber verpflichtet werden. Die Verwertungsgesellschaften nutzen dann häufig die Strafverfolgungsorgane, um mit Hilfe eines Akteneinsichtsrechtes in die Strafermittlungsakte an die Anschriften der Kunden zu gelangen. Die Anschlussinhaber werden dann angeschrieben, um sie zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen.

Der Anschlussinhaber muss jedoch nicht zwingend mit dem Nutzer der Tauschbörse identisch sein, da es sich beim Anschlussinhaber auch um eine Universität, ein Internetcafé, ein Familienmitglied oder eine sonstige Person handeln kann. In vielen Fällen ist der Anschlussinhaber eine Person aus einem Mehrpersonenhaushalt. In vielen dieser Fälle stellt sich die Frage, ob der Anschlussinhaber für das Handeln anderer Personen überhaupt haftbar gemacht werden kann. Die Antwort auf diese Frage hängt vom konkreten Einzelfall ab.

Auch die ermittelte IP-Adresse kann aus unterschiedlichen Gründen mit Fehlern behaftet sein. Die meisten IPs werden nur für 24 Stunden vergeben, eine Ermittlung des Anschlusses nach dieser Zeitspanne erfordert daher eine Speicherung der Verbindungsdaten. Dies ist aber noch nicht flächendeckend der Fall. Erst ab dem 01.01.2009 werden Internetdienstanbieter durch das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet, die Verbindungsdaten ihrer Vertragspartner für sechs Monate zu speichern. Aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, der eine bessere Abwägung von Urheberrechtsschutz und Datenschutz einforderte, bereitet das Bundesjustizministerium nunmehr einen Gesetzesentwurf vor, der die Weitergabe der durch den Provider gespeicherten Verbindungsdaten bei bloßem Verdacht auf Urheberrechtsverletzungen untersagt.

Spektakuläre Hausdurchsuchungen in Privathaushalten, bei denen Polizeibeamte Hardware und raubkopierte DVDs in Waschkörben abtransportieren, finden zwar ein erhebliches Presseecho; sind aber in Deutschland in der täglichen Rechtspraxis die Ausnahme. Weitaus wahrscheinlicher ist die zivilrechtliche Inanspruchnahme. Die Logistep AG war im Spätsommer 2005 das erste Unternehmen, das über ein Computerprogramm verfügte, mit dem die Suche nach illegal angebotenen urheberrechtlich geschützten Werken im Internet automatisiert werden konnte. Logistep bot diese Suchmöglichkeit dann als Dienstleistung den Rechtsinhabern an. Zur Ermittlung der Daten des Anbieters wurde in der Regel eine Strafanzeige erstattet, um von den Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei zu profitieren. Von Anfang an war aber in erster Linie beabsichtigt, zivilrechtlich gegen die Anschlussinhaber vorzugehen.

Dieses Vorgehen entspricht auch heute noch der aktuellen Sachlage. § 14 Abs. 2 Teledienstmediengesetz gestattet den Internetprovidern zwar die Herausgabe der Kundendaten für Zwecke der Strafverfolgung ebenso wie zur Durchsetzung der Urheberrechte Dritter. Nach obergerichtlichen Urteilen können die Internetprovider aber nur dann zur Herausgabe von Kundendaten gezwungen werden, wenn bereits Strafantrag gestellt wurde.

Wie verteidigt man sich gegen Abmahnungen?

Hat der Rechtsinhaber erst einmal eine tatsächliche oder vermeintliche Urheberrechtsverletzung ausgemacht und die Anschlussdaten in Erfahrung gebracht, flattert dem Anschlussinhaber meist sehr schnell eine Abmahnung ins Haus. Im Textbausteinsystem wird diesem dann erklärt, dass er angeblich vor Monaten illegales „Filesharing“ betrieben habe. Nicht selten hört der Briefempfänger diesen Begriff zum ersten Mal. Ihm wird dann angeboten, dass diese Sache mit einer Einmalzahlung von einigen Tausend Euro aus der Welt geschafft werden könne. Natürlich dient diese Vorgehensweise auch der Einschüchterung; damit der Anschlussinhaber zahlt, auch wenn ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz durchaus fraglich sein kann.

Häufig ist bereits die Beweislage der Fälle, bei denen die Anschlussinhaber oftmals im Massenverfahren angeschriebenen werden, alles andere als eindeutig und natürlich spekulieren die Absender darauf, dass ein großer Teil der Angeschriebenen ohne Protest zahlt. Schon aufgrund der Schwierigkeit, den tatsächlich Verantwortlichen für die „Filesharing“-Aktivitäten zu benennen, wird fast immer der Anschlussinhaber angeschrieben. Ob Kampagnen der Medienindustrie wie „Eltern haften für ihre Kinder“ wirklich zutreffen, ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalls. Pauschal gilt dieser Satz jedenfalls nicht. Es ist Sache des Anspruchstellers, den behaupteten Sachverhalt zu beweisen. Letztendlich muss er auch darlegen, welche Person die Urheberrechtsverletzung begangen haben soll. Ob der geltend gemachte Vorwurf plausibel genug ist, um eine Inanspruchnahme zu rechtfertigen, ist immer eine Frage des Einzelfalles.

Fazit

Die meisten der derzeit noch existierenden Tauschbörsen arbeiten in oder am Rande der Illegalität. Neben den Risiken in Form von Viren, Würmern und anderen Schadprogrammen, die schlicht aus der Menge und der oft zweifelhaften Herkunft der Dateien resultieren, besteht für die Nutzer solcher Angebote immer auch die Gefahr einer Strafanzeige oder einer zivilrechtlichen Abmahnung.

Dennoch steht man den geltend gemachten Ansprüchen nicht völlig hilflos gegenüber. Mit anwaltlicher Hilfe gelingt es oft, den nicht selten völlig überzogenen Ansprüchen zu begegnen. Allerdings erfordert dies eine zügige Reaktion und die Inanspruchnahme rechtlicher Beratung von Anfang an.

Quelle: Ulrich Schulte, Rechtsanwalt


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