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Missing Link im Stammbaum von kosmischen Schwarzen Löchern

Archivmeldung vom 05.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Links: Optisches Bild der Galaxie NGC 2276, aufgenommen mit HST. Rechts: Radiostruktur der Quelle NGC 2276-3c, gemessen mit dem europäischen VLBI-Netzwerks (EVN ) bei hoher Auflösung. Quelle: nach Mezcua et al. 2015, MNRAS 448, 1893 (idw)
Links: Optisches Bild der Galaxie NGC 2276, aufgenommen mit HST. Rechts: Radiostruktur der Quelle NGC 2276-3c, gemessen mit dem europäischen VLBI-Netzwerks (EVN ) bei hoher Auflösung. Quelle: nach Mezcua et al. 2015, MNRAS 448, 1893 (idw)

Der Nachweis eines Schwarzen Lochs in der Galaxie NGC 2276 gibt einen wichtigen Hinweis zum Auffüllen einer Lücke in der Entwicklungsgeschichte von Schwarzen Löchern. Dies gelang einem Forscherteam unter der Leitung von Mar Mezcua (Harvard-CfA), zu dem auch Andrei Lobanov (MPIfR Bonn) gehört. Die Kombination von Radio- (EVN) und Röntgenmessungen (Chandra) ermöglicht das "Abwiegen" des Schwarzen Lochs mit dem Ergebnis, dass es ca. 50000mal massereicher ist als die Sonne. Damit füllt es eine Lücke zwischen stellaren supermassereichen Schwarzen Löchern. Derartige Objekte von mittlerer Masse bilden vermutlich die Saatkörner für die Entstehung von supermassereichen Schwarzen Löchern.

Die neu gefundenen Quelle liegt in einem Spiralarm der Galaxie NGC 2276 in einer Entfernung von rund 100 Millionen Lichtjahren. Diese Galaxie befindet sich in Richtung des Sternbilds Kepheus, nicht weit vom Himmelsnordpol entfernt. Die Entdeckung könnte Antworten liefern auf einige seit langem bestehende Fragen zur Entwicklung von Schwarzen Löchern und ihrem Einfluss auf die jeweilige Umgebung.

“In der Paläontologie hilft die Entdeckung bestimmter Fossilien dabei, Lücken im Stammbaum der Dinosaurier zu füllen”, sagt Mar Mezcua vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, die Leiterin des Forschungsprojekts. „Wir tun dasselbe in der Astronomie, aber mit dem Unterschied, dass unsere Ausgrabungen in vielen Billionen Kilometern Entfernung erfolgen.“

Es ist ein faszinierendes Objekt, dem Anschein nach das, was die Astronomen als „Schwarzes Loch von mittlerer Masse“ („Intermediate-mass Black Hole” oder IMBH) bezeichnen. Seit vielen Jahren finden die Forscher überzeugende Hinweise auf die Existenz von Schwarzen Löchern mit Massen von nur einigen Sonnenmassen („Stellare Schwarze Löcher“). Darüber hinaus gibt es eine Menge von Informationen über sogenannte „Supermassereiche Schwarze Löcher“ in den Zentren von vielen Galaxien, deren Masse die der Sonne um das Millionen- oder sogar Milliardenfache übersteigt.

Wie der Name schon besagt, bilden die IMBHs eine Gruppe von Schwarzen Löchern, die von ihrer Masse her zwischen den beiden anderen gängigen Gruppen von Schwarzen Löchern liegen. Ein Grund für ihre Bedeutung dürfte darin liegen, dass sie mögliche Saatkörner für die Entstehung von supermassereichen Schwarzen Löchern im frühen Universum darstellen. Das Objekt in der Galaxie NGC 2276 wäre erst das zweite IMBH, das außerhalb des Zentrums einer Galaxie nachgewiesen werden konnte.

„Die Astronomen haben sehr intensiv nach diesen Schwarzen Löchern mittlerer Masse geforscht“, erklärt Timothy Roberts von der Universität Durham in Großbritannien, ein Ko-Autor der Veröffentlichung. „Es gab schon vorher Hinweise darauf, aber die IMBHs verhalten sich wie ein lange verschollener Verwandter, der kein Interesse daran zeigt, entdeckt zu werden.“

Um mehr über dieses Objekt zu erfahren, haben die Forscher NGC 2276 nahezu gleichzeitig sowohl in Radiowellenlängen mit den europäischen EVN-Teleskopen (inklusive des 100-m-Radioteleskops Effelsberg) und in Röntgenwellenlängen mit Chandra beobachtet. Beide Teleskopsysteme haben dabei entscheidende sowie einander ergänzende Informationen beigetragen. Darüber hinaus konnte erst über die Verbindung beider Datensätze eine genaue Bestimmung der Masse des Schwarzen Lochs erfolgen, mit dem Resultat der 50000fachen Masse der Sonne.

“Diese Quelle weist Wesenszüge sowohl von stellaren als auch von supermassereichen Schwarzen Löchern auf”, sagt Andrei Lobanov vom MPIfR, ebenfalls Ko-autor ein der Veröffentlichung. „Mit anderen Worten gesagt, hilft es dabei, die gesamte Familie von Schwarzen Löchern miteinander zu verbinden.“

.Zusätzlich zu der Masse und der Lage innerhalb der Galaxie gibt es noch weitere interessante Eigenschaften der neu gefundenen Quelle in der Galaxie NGC 2276. Das Schwarze Loch weist einen energiereichen Jet auf, der sich bis in eine Entfernung von 2000 Lichtjahren erstreckt.

Eine Region mit fast 1000 Lichtjahren Ausdehnung in der Nachbarschaft des Jets scheint nahezu frei von jungen Sternen. Das deutet darauf hin, dass der Jet einen Hohlraum im Gas erzeugt hat, in dem die Entstehung von neuen Sternen unterdrückt wurde. Das ist ein wichtiger Hinweis darauf, wie IMBHs ihre Umgebung beeinflussen. Die Entdeckung des Jets zeigt vielleicht auch, dass die Vorgänger von Schwarzen Löchern im frühen Universum einen starken Einfluss auf ihre Umgebung ausübten.

„Es bleibt eine interessante offene Frage”, schließt Mar Mezcua. „Wir wollen herausfinden, ob dieses Schwarze Loch mittlerer Masse in NGC 2276 innerhalb der Galaxie entstanden ist, oder ob es durch die Verschmelzung mit einer Zwerggalaxie in der Vergangenheit erzeugt wurde.“

Quelle: Max-Planck-Institut für Radioastronomie (idw)

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