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Nahverkehr: Baden-Württemberg holt Millionen von der Bahn zurück

Archivmeldung vom 25.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Zentrale der Deutsche Bank in Frankfurt am Main. Bild: Deutsche Bank
Zentrale der Deutsche Bank in Frankfurt am Main. Bild: Deutsche Bank

Zwischen der Deutschen Bahn und dem Land Baden-Württemberg bahnt sich nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" (Donnerstagausgabe) eine neue Kraftprobe an. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verweigert der Bahntochter DB Regio Zahlungen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe für den Schienenpersonennahverkehr im Südwesten. Seine Begründung: durch die bisher gewährten Entgelte würden Kostensteigerungen gleich doppelt ausgeglichen, was eine unvertretbare "Überkompensation" darstelle.

Zugleich lässt Hermann den sogenannten großen Verkehrsvertrag mit der Bahn, der rund 40 Millionen Schienenkilometer umfasst und noch bis 2016 läuft, umfassend unter wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten überprüfen. Erste Zwischenergebnisse deuten nach StZ-Informationen darauf hin, dass das Land jährlich 100 Millionen Euro zu viel zahlt; über die gesamte Laufzeit des 2003 geschlossenen Vertrages würde sich dies auf einen Milliardenbetrag summieren. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kommt bei einem Vergleich mit Bayern zu dem Ergebnis, dass der Verkehrsvertrag mit dem Land um etwa eine Milliarde Euro zu teuer sei. Der VCD-Landeschef Matthias Lieb spricht von "signifikant überhöhten Entgelten".

Aktuell geht es bei dem Streit um die Frage, ob die Bahn zusätzlich zu dem Ersatz für tatsächliche Kostensteigerungen Anspruch auf eine pauschale Erhöhung um jährlich 1,5 Prozent hat. Das Verkehrsministerium verneint dies neuerdings und hat bereits etwa 70 Millionen Euro einbehalten; insgesamt sollen die Zahlungen um rund 140 Millionen Euro gekürzt werden. Auf Anfrage wollte sich das Ressort nicht äußern. Die Bahn hält die Kürzungen für unbegründet. "Ein doppelter Ausgleich für Mehrkosten liegt nicht vor", sagte ein Sprecher. "Die Deutsche Bahn bedauert das Vorgehen des Landes", fügte er hinzu. Ob der Staatskonzern nun gegen das Land klagen wird, blieb offen.

Baden-Württemberg soll laut SWR-Recherche für Nahverkehrsleistungen seit Jahren zu viel bezahlt haben

Baden-Württemberg hat nach Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) der Deutschen Bahn für den Schienennahverkehr deutlich zu viel bezahlt. Es gehe um rund eine Milliarde Euro, berichtet der SWR unter Berufung auf den bisher geheimen Nahverkehrsvertrag von 2003 sowie auf einen Informanten bei der Bahn, eine interne Berechnung der Landesregierung und eine Rechnung des Verkehrsclubs Deutschland.

Der Konflikt zwischen dem Land und der Deutschen Bahn könne sich schon bald zuspitzen, heißt es in der Dokumentation "Die Methode Bahn - Preise rauf, Angebote runter", die am heutigen Mittwoch um 20.15 Uhr im SWR Fernsehen ausgestrahlt wird. Denn die Landesregierung verweigere der Bahn inzwischen die Zahlung von rund 140 Millionen Euro, da es nicht zulässig sei, die Nutzung der Eisenbahntrassen sowie der Bahnhöfe und Haltepunkte zum Teil zweimal zu bezahlen. Grund: Zur tatsächlichen Kostensteigerung, die ohnehin vergütet werden müsse, stelle die Bahn eine weitere Erhöhung von 1,5 Prozent pro Jahr in Rechnung. Eine derartige Regelung gäbe es in keinem anderen Bundesland, berichtet der SWR.

Vermutlich müssten jetzt Gerichte klären, ob es sich bei den Zahlungen um einen Wucherpreis handle oder ob Verstöße gegen das Vergabe- oder Wettbewerbsrecht vorliegen. Der Versuch einer Einigung über ein Schlichtungsverfahren zwischen Bahn und Land sei bereits gescheitert.

Stefan Mappus bestreitet seine Urheberschaft

2003 hatte Baden-Württemberg unter Federführung des damaligen Verkehrsstaatssekretärs Stefan Mappus mit der Bahn-Tochter DB Regio einen Vertrag über die Bestellung von Schienennahverkehr abgeschlossen. Die Laufzeit endet 2016. Der Vertrag, der bisher geheim war, liegt dem SWR vor.

Nach SWR-Angaben wollten weder das Landesverkehrsministerium, noch die Bahn, noch Stefan Mappus zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Über seinen Anwalt habe der frühere Ministerpräsident lediglich mitteilen lassen, dass er den Verkehrsvertrag aus dem Jahre 2003 "weder verhandelt bzw. verantwortet" habe, noch habe er ihn unterzeichnet. Damalige Fernsehbilder zeigen Mappus allerdings, wie er den Vertrag unterzeichnet.

Der Verkehrsclub Deutschland hat errechnet, dass der Mappus-Vertrag im Vertragszeitraum mehr als eine Milliarde Euro kostet. Grundlage für die Rechnung seien die Trassenpreise, die das Nachbarland Bayern für die Bestellung von Schienennahverkehr bezahlt.

Quelle: Stuttgarter Zeitung - SWR (ots)

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