EZB-Direktorin Schnabel warnt vor erhöhtem Inflationsrisiko
EZB-Direktorin Isabel Schnabel legt in der von ihr angestoßenen Debatte über einen Stopp der Zinssenkungen nach. Im "Handelsblatt" mahnt die deutsche Notenbankerin der Europäischen Zentralbank (EZB), die Inflation sei noch immer nicht besiegt. "Das Risiko, dass die Inflation länger als erwartet über zwei Prozent verharrt, ist größer als das Risiko, dass sie wieder dauerhaft unter zwei Prozent fällt", sagte Schnabel.
Damit setzt Schnabel sich von jenen Notenbankern ab, die
Wachstumsrisiken betonen und die Inflation auf Kurs zum
Zwei-Prozent-Ziel sehen - oder sogar darunter. Die EZB hat die
Leitzinsen am Donnerstag zum sechsten Mal seit Juni 2024 abgesenkt. Der
Beschluss fiel allerdings nicht einstimmig: Österreichs Notenbankchef
Robert Holzmann enthielt sich nach Angaben von EZB-Chefin Christine
Lagarde.
Schnabel sagte zu inhaltlichen Differenzen unter den
Euro-Notenbankern: "Wir sind innerhalb des EZB-Rats nicht immer einer
Meinung, aber wir haben immer gute inhaltliche Diskussionen." Daraus
leitet sie eine Stärke der EZB ab: "Meinungsvielfalt auch nach außen
zuzulassen, fördert unsere Glaubwürdigkeit." Schnabel relativierte
frühere Vorbehalte gegenüber Lagarde als Präsidentin der EZB. Sie
schätze Lagarde über alle Maßen. "Ihr ist es gelungen, den EZB-Rat
zusammenzuführen und die richtigen Weichen für die Geldpolitik zu
stellen", sagte Schnabel. "Dies hat sie auf beeindruckende Weise
gemeistert. Sie ist immer offen für gute Argumente."
Schnabel
zieht nach fünf von acht Amtsjahren eine positive Zwischenbilanz, die
von Erleichterung geprägt ist. Als Wirtschaftsweise hatte sie einen
schnellen Anstieg der Zinsen nach der langen Niedrigzinsphase als
größtes Risiko für eine Finanzkrise bezeichnet. "Viele unserer
Entscheidungen waren sehr, sehr schwierig", sagte sie. "Gleichzeitig ist
es uns gelungen, sicherzustellen, dass die Märkte trotz der starken
Zinserhöhungen relativ ruhig blieben. Das war nicht selbstverständlich."
Quelle: dts Nachrichtenagentur