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Landeskriminalamt NRW ermittelt wegen massiven Betrugs bei Integrationskursen

Archivmeldung vom 31.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Wappen von Nordrhein-Westfalen
Wappen von Nordrhein-Westfalen

Eine große Sprachschule in Nordrhein-Westfalen soll im großen Stil bei staatlich geförderten Integrationskursen betrogen haben. Das hat die Staatsanwaltschaft Dortmund auf Anfrage des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" mitgeteilt. Die umfangreichen Ermittlungen liegen in der Hand einer eigens gegründeten Ermittlungskommission des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen - "EK-Lingua". Es geht dabei um den Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs, der gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusung sowie des Erschleichens der Einbürgerung.

Die beiden Betreiber der Sprachschule mit Filialen in Lünen, Hagen und Wuppertal, zwei Deutsch-Türken im Alter von 33 und 34 Jahren, sollen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr Teilnehmer abgerechnet haben, als in den Integrationskursen tatsächlich anwesend waren. Darüber hinaus sollen die Beschuldigten auch die Sprachprüfungen für zahlreiche Kursteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet manipuliert haben. Bei den Tests waren die richtigen Antworten bereits im Voraus markiert.

Insgesamt wird das Verfahren derzeit gegen zehn Beschuldigte geführt. Dazu zählen neben den beiden Betreibern der Sprachschule als den Hauptbeschuldigten auch die Vermittler, die ihnen einbürgerungswillige Kursteilnehmer aus ganz Deutschland vermittelt haben sollen, die anderswo bei den Sprachprüfungen von Integrationskursen durchgefallen waren. Zurzeit werden bereits 96 Kursteilnehmer überprüft, die im Verdacht stehen, ein Sprachzertifikat auf irregulärem Weg erlangt zu haben. "Die Zahl dürfte im Verlauf der Ermittlungen weiter steigen", teilte die Dortmunder Oberstaatsanwältin Ina Holznagel gegenüber "Report Mainz" mit.

Wie erst jetzt bekannt wurde, ermittelt das Landeskriminalamt schon seit Februar 2011. Nach monatelangen verdeckten Ermittlungen, auch mit Telefonüberwachungen, werde erst seit Mitte Dezember offen ermittelt. Bei einer Razzia am 14. Dezember 2011 wurden schließlich laut Staatsanwaltschaft 17 Objekte, Sprachschulen und Privatwohnungen in Dortmund, Lünen, Kamen, Hagen, Bochum und Wuppertal durchsucht. Dabei beschlagnahmten die Ermittler zahlreiche Aktenordner und Speichermedien. Ausgangspunkt der groß angelegten Ermittlungen waren Hinweise von Ausländerämtern. So meldete das Ausländeramt Wuppertal zwei Fälle, bei denen einbürgerungswillige Ausländer trotz eines Sprachzertifikats bei der Verleihung der Einbürgerungsurkunde nicht einmal in der Lage waren, die deutsche Eidesformel zu sprechen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) war nach Angaben der Dortmunder Staatsanwaltschaft von Anfang an in die Ermittlungen einbezogen und habe während der verdeckten Phase zum Schein die Zusammenarbeit mit der Sprachschule weiter aufrecht erhalten. Schon während des laufenden Ermittlungsverfahrens habe das BAMF die Ausländerakten der Teilnehmer geprüft, die im Verdacht stehen, ein manipuliertes Sprachzertifikat erhalten zu haben. Noch am Tag der Durchsuchungen habe das BAMF den beiden Hauptbeschuldigten die Lizenz zum Betreiben der Sprachschule entzogen.

Das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" hatte in seiner Sendung am 25. Juli 2011 bereits über systematischen Abrechnungsbetrug bei Integrationskursen bundesweit berichtet. Dozenten von Integrationskursen und Verwaltungsmitarbeiter von Schulträgern hatten in der Sendung die Manipulation von Anwesenheitslisten geschildert. Außerdem hatte "Report Mainz" mit versteckter Kamera in Sprachschulen gedreht und gezeigt, dass bei einer Stichprobe drei von vier Sprachschulen auf Anfrage zur Fälschung von Anwesenheitslisten grundsätzlich bereit waren. Der Beitrag "Abzocke in Integrationskursen - wie Schulen auch ohne Schüler abkassieren" und weiterführende Informationen sind weiterhin online abrufbar unter www.reportmainz.de. Nach der Berichterstattung von "Report Mainz" hatte das zuständige BAMF im Juli 2011 die Kontrollen bei Integrationskursen deutlich verschärft.

Die staatlich geförderten Integrationskurse gelten als Vorzeigeprojekt der Bundesregierung, wenn es um die Eingliederung von Zuwanderern geht. 7.500 Integrationskurse laufen in Deutschland, rund 90.000 Teilnehmer nehmen derzeit an einem Kurs teil. Insgesamt 1.400 Kursträger -Volkshochschulen und zahlreiche private Sprachschulen - führen diese Integrationskurse für das BAMF bundesweit durch. Sprachschulen erhalten vom BAMF ein Honorar von 2,35 Euro pro Stunde und anwesendem Schüler. Die Anwesenheitslisten sind Grundlage für die Abrechnung der Kurse durch die Träger mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Jedes Jahr gibt die Bundesregierung rund 218 Millionen Euro für Integrationskurse aus.

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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