IT-Experte: Rechtschreibreform kostet weiterhin Milliarden
Archivmeldung vom 03.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer volkswirtschaftliche Schaden durch die Rechtschreibreform wird auch nach der Überarbeitung durch den Rechtschreibrat nicht wesentlich geringer. Das ergeben Schätzungen des Erlanger Informatik-Experten und Diplom-Mathematikers Wolfhart Grote. Der Schaden durch die reformbedingten Leseverzögerungen liegt demnach bei sechs Milliarden Euro im Jahr.
Grote, Chef der mittelständischen IT-Firma infolab, die auch
Technische Dokumentationen erstellt, erklärt: "Auch nach den
Empfehlungen des Rechtschreibrates bleiben Mängel in der
Reformorthographie, die den Lesefluß hemmen." Als Beispiele nennt
Grote die Doppel-s-Schreibung, die zu schwerer lesbaren Wörtern wie
"Missstand" oder "Flussschifffahrt" führt; dann die Trennung von "ck"
(Zu-cker, Stre-cke): Wegen der zunächst falsch erfaßten Betonung
müssen die Augen des Lesers wieder in die vorangegangene Zeile
springen. Bei der immer noch unzureichenden Kommaregelung könne der
Schreiber weiterhin Kommata weglassen, die zum Verständnis wichtig
sind, so daß der ganze Satz oft noch einmal zu lesen ist.
Der Mathematiker Grote rechnet vor: "100 Millionen Menschen
sprechen Deutsch. Wenn 80 Millionen davon täglich im Mittel 50 Seiten
lesen, sind das vier Milliarden Seiten täglich, 1.500 Milliarden im
Jahr. Wenn wir den Zusatzaufwand durch den Neuschrieb auf nur eine
Sekunde je Seite (zehnmal innehalten zu je 1/10 Sekunde) ansetzen,
sind das 400 Millionen Stunden zusätzlich im Jahr. Rein rechnerisch
würden 250.000 Menschen zusätzlich benötigt, um diese Blindleistung
wettzumachen. Bei einem Monatsgehalt von 2.000 Euro entspricht das
einem volkswirtschaftlichen Schaden von sechs Milliarden Euro."
Für den Unternehmer Grote folgt daraus ganz klar, daß er aus
Qualitäts- und Kostengründen innerhalb der Firma nur die
unreformierte Rechtschreibung zuläßt. Nur wenn der Kunde es
ausdrücklich wünsche, würden Dokumentationen in Reformschreibweise
abgefaßt. Grote glaubt, daß es auch nach den Empfehlungen des
Rechtschreibrates weitere Nachbesserungen an der Reform geben wird
und wünscht sich "endlich eine klare Regelung".
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Sprachwelt