Zurückweisungen an Grenzen stoßen auf Kritik und Unterstützung
Grünen-Chefin Franziska Brantner hat die Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen scharf kritisiert. "In Zeiten, in denen wir mehr Europa brauchen, wir erinnern gerade diese Woche daran, aus welchen kriegerischen Zuständen wir in Europa kommen und wir zum Glück Frieden haben, ist es nicht akzeptabel, nicht besonders gut, wenn man nicht mit den Partnern gemeinsam handelt, mit den polnischen Freunden, mit den österreichischen Freunden, die das genauso ablehnen", sagte Brantner der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv am Donnerstag.
Auch die Wirtschaft und die innere Sicherheit des Landes werden nach
Ansicht Brantners unter den Grenzkontrollen leiden. "Ich frage mich ja,
wo diese ganzen vielen Beamten natürlich abgezogen werden, die jetzt an
die Grenze kommen. Das sind die Hauptbahnhöfe, das ist der Flughafen,
das sind Kriminalitätsschwerpunkte in diesem Land. Dort werden die
fehlen", sagte Brantner. "Also ein Weniger an Sicherheit an anderen
Orten für ein Signal an der Grenze."
Die Deutsche
Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die Anweisung von Innenminister
Alexander Dobrindt (CSU) für hilfreich. "Durch die Rücknahme der
mündlichen Weisung aus dem Jahr 2015 kann und wird die Bundespolizei
konsequenter an den Grenzen zurückweisen können", sagte Heiko Teggatz,
Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, der "Welt"
(Freitagausgabe). Seiner Auffassung nach greife durch die Anmeldung der
Grenzkontrollen nationales Recht. "Der Paragraf 18 Asylgesetz ist
demzufolge einschlägig und schreibt Zurückweisungen zwingend vor."
Die
Bundesrepublik Deutschland habe mit sämtlichen Anrainerstaaten
sogenannte Rückübernahme-Vereinbarungen vertraglich geregelt. Inhalt
dieser Verträge sei auch, ab welchem Zeitpunkt eine Person als
eingereist gilt. "Dieses ist erst dann der Fall, wenn die
Einreisekontrolle abgeschlossen ist", sagte Teggatz. "Bei einer
Zurückweisung wird eine Person folglich an der Einreise gehindert. Sie
befindet sich deshalb fiktiv noch im jeweiligen Anrainerstaat",
argumentierte er. "Eine Absprache bedarf es folglich erst dann, wenn
eine Person nach erfolgter Einreise über die 'grüne Grenze'
zurückgeschoben werden soll. Allerdings sind auch diese Absprachen
längst erfolgt und ebenfalls Gegenstand der abgeschlossenen
Rückübernahmevereinbarungen."
Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) hatte im Fall H.T. gegen Deutschland und
Griechenland klargestellt, dass Zurückweisungen ohne individuelle
Prüfung und ohne Zugang zu Rechtsmitteln rechtswidrig sind. Das Gericht
erklärte, dass Staaten verpflichtet sind, sicherzustellen, dass Personen
nicht in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihnen eine Verletzung
ihrer grundlegenden Menschenrechte droht, und dass dies eine sorgfältige
Einzelfallprüfung erfordert.
Quelle: dts Nachrichtenagentur