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Plagiatsverdacht: Hat Hamburgs Ex-Innensenator Neumann bei Doktorarbeit getäuscht?

Archivmeldung vom 20.07.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Michael Neumann (2013), Archivbild
Michael Neumann (2013), Archivbild

Bild: Northside - wikipedia.org

Der ehemalige Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) steht unter Verdacht, bei seiner Dissertation gegen wissenschaftliche Standards verstoßen zu haben. Die Arbeit, mit der er im Jahr 2017 an der Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg seinen Doktortitel erlangt hat, weist Dutzende Plagiate auf. Das haben Recherchen des NDR Magazins "Panorama 3" ergeben. Offenbar hat Neumann demnach entweder gar nicht oder nicht korrekt auf die verwendeten Quellen verwiesen.

Die politikwissenschaftliche Dissertation trägt den Titel "Länderneugliederung im deutschen Föderalismus am Beispiel des Nordstaates". Die NDR Recherchen werfen den Verdacht auf, dass der Verfasser kaum veränderte Textpassagen etwa aus dem Internetlexikon "Wikipedia" oder von der Wissensseite "wasistwas.de" übernommen haben könnte. So finden sich in der Arbeit Textpassagen, die beinahe wortgleich mit dem Wikipedia-Eintrag "Norddeutsches Tiefland" und "Preußen" sind. Die Ähnlichkeit eines Absatzes über den "Wiener Kongress" mit einem Absatz des Webportals wasistwas.de zum gleichen Thema ist verblüffend. Diese Internetseiten sind in der Doktorarbeit jedoch nicht als Quelle angegeben. Der Verfasser verweist an diesen Stellen stattdessen auf andere Quellen, die sich zwar einen Bezug zum behandelten Thema haben, die aber nicht wörtlich zitiert werden.

"Hier werden bewusst falsche Fährten gelegt, um die eigentlichen Quellen zu verschleiern", stellt Professor Gerhard Dannemann von der Humboldt-Universität zu Berlin fest. Der Jurist ist Mitarbeiter von VroniPlag Wiki, einer öffentlichen Dokumentation von Wissenschaftsplagiaten. Gemeinsam mit einem Kollegen hat er sich mit der Dissertation von Michael Neumann befasst. "In kurzer Zeit haben wir an zehn Stellen versteckte Links gefunden, die etwa auf Wikipedia-Beiträge verweisen", berichtet Dannemann. "Die meisten dieser Quellen wurden überhaupt nicht angegeben." Damit liege aus seiner Sicht der begründete Verdacht vor, dass der Verfasser systematisch abgeschrieben habe, ohne korrekt auf Quellen zu verweisen. "Es scheint ein Verfasser zu sein, der sich gern bei anderen Texten als Schreibvorlage bedient."

Nach den Recherchen von "Panorama 3" hat der Autor in vielen Fällen zwar zutreffende Quellen angegeben. Allerdings hat er oft nicht gekennzeichnet, dass er mehrere Sätze fast wörtlich übernommen hat. "Das ist keine wissenschaftlich korrekte Zitierweise", bemängelt Dannemann. "Wörtliche Zitate müssen mit Anführungszeichen kenntlich gemacht werden."

Darüber hinaus hat Neumann für die Erstellung der 274-seitigen Arbeit offenbar die Hilfe des Dienstleisters editorio GmbH in Anspruch genommen, wie aus den Dateieigenschaften des pdf-Dokuments hervorgeht. Das Unternehmen wirbt mit legaler Unterstützung bei der Fertigstellung von wissenschaftlichen Arbeiten. Auf NDR Nachfrage bestätigte ein Mitarbeiter von editorio, dass man mit Neumanns Dissertation befasst gewesen sei. Normalerweise sei es üblich, so Dannemann, eine solche professionelle Unterstützung offenzulegen. Dies ist nicht geschehen.

Der Experte für Plagiatssuche regt an, die Arbeit einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Die Universität der Bundeswehr in Hamburg teilte mit, einem entsprechenden Verdacht generell auch nachzugehen, zu konkreten Fällen sich jedoch nicht äußern zu können. Nach Recherchen von "Panorama 3" beschäftigt sich an der Universität das Gremium zu Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens seit Monaten mit Neumanns Dissertation.

Michael Neumann ließ die Anfrage von "Panorama 3" unbeantwortet. Der SPD-Politiker war von 2011 bis 2016 Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Am 18. Januar 2016 trat er überraschend von seinem Posten zurück. Im Juni 2017 veröffentlichte er die Dissertation und wurde so zum Doktor der Politikwissenschaften.

Mehr dazu heute (Freitag, 20. Juli) um 19.30 Uhr im "Hamburg Journal" im NDR Fernsehen.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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