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Termingarantie für Patienten: Ärzte warnen vor Chaos durch neues Gesetz

Archivmeldung vom 20.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Phillip Flury / pixelio.de
Bild: Phillip Flury / pixelio.de

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will Kassenpatienten schneller zu einem Termin beim Facharzt verhelfen. Die von ihm geplante Gesetzesregelung in der Sache wird jedoch nur Chaos und Probleme in den Praxen auslösen, warnen niedergelassene Ärzte.

Die Pläne von Union und SPD sehen vor, dass alle gesetzlich Versicherten künftig garantiert Facharzttermine innerhalb von vier Wochen bekommen sollen. Wenn die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung dies nicht über neu zu errichtende Termin-Servicestellen ermöglicht, sollen die Patienten stattdessen in ein Krankenhaus gehen können. Bezahlt werden muss das dann aus dem Budget der Praxisärzte.

Während die Abgeordneten an einer entsprechenden Gesetzesregelung basteln, spielen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in den Ländern die Auswirkungen durch - und kommen laut einer Umfrage des Ärztenachrichtendienstes (änd) zu alarmierenden Erkenntnissen: Je nach Gesetzesfassung sei zu befürchten, dass tatsächlich dringende Termine hinter nicht dringenden Terminen der Vergabestelle zurückgestellt werden müssten, erklärt beispielsweise die KV Berlin. Auch zweifelt die KV an der Akzeptanz der Patienten: Es sei davon auszugehen, dass Patienten die Termine der Vergabestelle häufig nicht wahrnehmen, "da sie den Arzt nicht kennen und dann lieber die Wartezeit auf einen Termin beim Arzt des Vertrauens in Kauf nehmen".

Vollkommen offen sei die Frage, ob terminfrei geführte Facharztpraxen (rund zehn Prozent aller Praxen) beziehungsweise terminfreie Notfallsprechstunden (laut KV rund 80 Prozent aller Praxen) nach der Gesetzesänderung eventuell sogar verboten werden müssten. Insbesondere in der Berliner Situation seien die Pläne unangebracht und am Ziel vorbeigehend. "Die geplanten Maßnahmen werden nicht zum gewünschten Ziel führen. Darüber hinaus sieht man am Beispiel der Rettungsstellen, dass die Krankenhäuser überhaupt nicht in der Lage sind, die zusätzlichen Fälle zu betreuen", resümiert die KV Berlin weiter.

Im Flächenland Niedersachsen sind die Ärzte nicht optimistischer: "Solange Praxen aufgrund des starken Patientenandrangs schlichtweg überlastet sind, wird auch ein Terminmanagement nicht helfen. Das reine Terminmanagement ist Sache der Praxen. Die Ärztinnen und Ärzte können am besten entscheiden, wie sie die Patientenströme kanalisieren", betont die Kassenärztliche Vereinigung dort. "Letztlich schaffen die Koalitionäre mit ihrem Vorschlag der Terminvergabe durch die KVen die Wahlfreiheit der Patienten ab. Wechselnde Ärzte und längere Anfahrtswege für Bürgerinnen und Bürger wären die Konsequenz. Es ist fraglich, ob man damit Patienten einen Gefallen tut."

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz richtet den "dringenden Appell an die Politik, von dem unsinnigen und kontraproduktiven Vorhaben, die Kassenärztlichen Vereinigungen zur Einrichtung von zusätzlichen Terminservicestellen zu verpflichten, Abstand zu nehmen." Auch die KV in Baden-Württemberg fürchtet, dass gegenüber den Patienten Erwartungen gehegt werden, die nachher nicht einzuhalten sind. Terminvorgaben könnten keine Versorgungsprobleme lösen, da durch sie keine neuen Ärzte in die Niederlassung bringen könnten. "Ganz im Gegenteil schrecken mehr Regularien noch mehr Nachwuchskräfte von der Niederlassung ab."

"Diese Warnungen aus allen Teilen des Landes zeigen, dass Minister Gröhe mit seinen Plänen auf dem Holzweg ist. Den Patienten wird weisgemacht, dass die Termingarantie einen Wunschtermin beim Wunschfacharzt bedeutet - und keiner der politisch Verantwortlichen tut etwas dagegen, dieses Missverständnis bei den Versicherten aufzulösen", fasst Dr. Wolfgang Bärtl, Vorsitzender des Bundesverbandes niedergelassener Fachärzte die Kritik auf Anfrage des änd zusammen. Das böse Erwachen für die Patienten komme erst dann, "wenn sie für dieses vergiftete Geschenk ihre freie Arztwahl aufgegeben haben."

Quelle: Ärztenachrichtendienst Verlags-AG (änd) (ots)

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