Arbeitsmarktexperte widerspricht Merz bei Mehrarbeit
Archivmeldung vom 16.05.2025
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Arbeitsmarktexperte Alexander Herzog-Stein hat Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) widersprochen, wonach nur mit Mehrarbeit der Wohlstand in Deutschland zu halten sei. "Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass längere Arbeitszeiten zu einer steigenden Stundenproduktivität führen würden", sagte Herzog-Stein, der am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung das Referat Arbeitsmarktökonomik leitet, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Stattdessen sei eher das Gegenteil anzunehmen. "Wenn, wie von der
Regierung geplant, steuerlich begünstigt vermehrt Überstunden geleistet
werden, dann dürfte die individuelle Stundenproduktivität eher
zurückgehen und sogar die Gefahr von Arbeitsunfällen zunehmen, was
ebenfalls ungünstig für die Entwicklung der Arbeitsproduktivität ist",
so Herzog-Stein weiter. Aus seiner Sicht kann eine Ausweitung der
Arbeitszeit auch das Wirtschaftswachstum nicht dauerhaft erhöhen.
Merz
hatte in dieser Woche die Deutschen zum Anpacken aufgefordert. "Wir
müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten",
hatte er auf dem CDU-Wirtschaftstag am Dienstagabend erklärt. "Mit
Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses
Landes nicht erhalten können." Der Direktor des Instituts der deutschen
Wirtschaft (IW Köln), Michael Hüther, hatte zudem dafür plädiert, einen
Feiertag zu streichen. "Die Abschaffung eines Feiertages wäre eine
Möglichkeit, die Wirtschaftsleistung sehr kurzfristig und effektiv zu
erhöhen", hatte Hüther den Funke-Zeitungen gesagt.
Wissenschaftler
Herzog-Stein regte hingegen an, Investitionen in Sach- und Humankapital
auszuweiten. Mit Blick auf Sachinvestitionen sehe er mit dem
Sondervermögen von 500 Milliarden für die öffentliche Hand "eine gute
Aussicht, dass wichtige Impulse gesetzt werden können". Bei
Humankapitalinvestitionen müssten hingegen noch mehr Anstrengungen
unternommen werden. "Zu viele und immer mehr junge Menschen bleiben in
Deutschland ohne Ausbildungsabschluss", erklärte Herzog-Stein. Gelänge
es, dies nachhaltig zu ändern, würde sich das positiv auf die
gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Arbeitsproduktivität auswirken, so
der Experte.
Quelle: dts Nachrichtenagentur