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Ex-Verfassungsrichter Di Fabio: Verfassungsgericht schreibt Rechtsgeschichte

Archivmeldung vom 05.05.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.05.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Udo Di Fabio (2018)
Udo Di Fabio (2018)

Foto: Heike Huslage-Koch
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio misst dem heutigen Karlsruher Urteil zu den EZB-Anleihekäufen hohe Bedeutung für Europa zu: "Das EZB-Urteil schreibt Rechtsgeschichte. Zum ersten Mal hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass ein Rechtsakt des Unionsrechts in Deutschland nicht gilt", sagte di Fabio dem Wirtschaftsmagazin 'Capital'.

"Das Bundesverfassungsgericht wirft dem EuGH vor, er habe mit seiner Ende 2018 getroffenen Entscheidung zum Anleihekaufprogramm der EZB sein Mandat überschritten. Die Luxemburger Antwort auf die Vorlagefrage aus Karlsruhe habe keine Rechtswirkung für Deutschland." Di Fabio sieht hier eine Signalwirkung und mögliche Konsequenzen für die EU. "Für viele, die sich Sorgen um die Einheit Europas machen, ist das keine gute Nachricht, weil dieses Vorgehen in anderen Ländern Schule machen könnte", so di Fabio.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte am heutigen Dienstag die Staatsanleihekäufe der EZB in Teilen als verfassungswidrig bezeichnet. In dem mit Spannung erwarteten Urteil ging es um die umstrittenen Billionen-schweren Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB. Diese Ankäufe laufen bereits seit Jahren, inmitten der aktuellen Corona-Krise haben sie als Rettungsmaßnahme gegen die drohende Rezession jedoch eine besondere Brisanz.

Allerdings sagte die Fabio, dass dem Bundesverfassungsgericht kaum eine andere Wahl blieb, "nachdem der EuGH die schweren Bedenken im Vorlagebeschluss aus Karlsruhe mit geradezu leichter Hand unberücksichtigt ließ". Was das Anleihekaufprogramm angeht, seien die Wirkungen des Karlsruher Urteils nicht so dramatisch, wie es auf den ersten Blick scheint, so di Fabio. "Denn der EZB-Rat muss lediglich eine neue Abwägung zu den Folgen seines PSPP-Programms vornehmen. Dabei muss der Rat berücksichtigen, dass das Anleihen-Kaufprogramm sich erheblich auf die Refinanzierungsbedingungen der Staaten auswirkt und deshalb nicht nur geldpolitisch beurteilt werden darf."

Di Fabio forderte künftig einen Wandel bei dem Thema. "Es sollte in Zukunft ein festgelegtes Ausstiegsszenario geben", so der ehemalige Verfassungsrichter gegenüber 'Capital'. Die EZB müsse hier mehr begründen, darlegen und sich womöglich auch anders verhalten. "Karlsruhe hält es darüber hinaus für möglich, dass künftig die Bundesregierung und der Bundestag verfassungsrechtlich verpflichtet sein könnten, auf die Beendigung des Anleihen-Kaufprogramms zu drängen. Eine offensichtliche Umgehung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung sieht das Bundesverfassungsgericht aber nicht. Bemerkenswert und neu ist auch, dass bis zu einem neuen Beschluss des EZB-Rats der Bundesbank gerichtlich untersagt wird, am Anleihe-Kaufprogramm mitzuwirken", so di Fabio weiter. Immerhin sieht di Fabio für die Zukunft auch die Chance für Kompromisse. "Das Urteil aus Karlsruhe wirkt hart, aber dahinter ist auch die ausgestreckte Hand nach Luxemburg und nach Frankfurt erkennbar, in einen konstruktiven Dialog zu treten."

Quelle: Capital, G+J Wirtschaftsmedien (ots)


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