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Schäuble glaubt an neue Chance für NPD-Verbot

Archivmeldung vom 22.12.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.12.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Ein neuer Anlauf? Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hält ein neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD nicht für chancenlos. Polizei und Verfassungsschutzbehörden müssten verstärkt die gewalttätigen Organisationen des rechten Spektrums im Auge behalten, sagte er in der ARD.

„Wenn man eine klare, beweiskräftige Verbindung zwischen der Partei und diesen gewalttätigen Organisationen und den Gewalttaten ziehen kann, dann kann sich die Sache auch neu darstellen“, betonte der CDU-Politiker.

Wenn ein Verbotsverfahren angestrengt werde, dürfe dieses allerdings nicht scheitern. Das Problem mit den V-Leuten bleibe bestehen, warnte der Minister. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2003 einen ersten Versuch für ein NPD-Verbot gestoppt, weil sich das Belastungsmaterial in erheblichem Umfang auf Aussagen dieser verdeckten Ermittler stützte.

Die Debatte über einen neuen Anlauf zum Verbot der NPD hatte nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl neue Nahrung bekommen. Ein Unbekannter hatte Mannichl mit einem Messer schwere Verletzungen zugefügt und dabei rechtsextreme Drohungen ausgestoßen.

Schäuble sagte, um gegen gewalttätige Gruppen vorzugehen, müssten alle polizeilichen Mittel eingesetzt werden. Auch sei zu prüfen, ob die Erteilung von Genehmigungen für Demonstrationen strenger gehandhabt werden könnten, wenn aus diesen Veranstaltungen heraus regelmäßig Gewalttaten verübt würden.

Vor wenigen Tagen hatten sich die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer nicht auf einen neuen Anlauf für ein Verbotsverfahren verständigen können, weil sie die Erfolgsaussichten unterschiedlich einschätzten. Die SPD-Länder konnten sich nicht mit dem Vorschlag durchsetzen, eine Arbeitsgruppe mit der Prüfung zu beauftragen.

 

Nach dem Mordanschlag auf Passaus Polizeichef Alois Mannichl wurde der Ruf nach einem konsequenteren Vorgehen gegen Rechtsextremisten parteiübergreifend immer lauter. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte, den Fahndungsdruck auf die rechtsradikale Szene zu erhöhen. Bayerns Ministerpräsident und CSU- Chef Horst Seehofer betonte: „Wir müssen der rechtsextremistischen Krake jetzt Paroli bieten.“

Bei öffentlichen Veranstaltungen der Neonazis wie Fackelumzügen und Konzerten „muss schneller eingegriffen werden“, forderte Seehofer in der „Bild am Sonntag“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, schärfer gegen rechtsradikale Internetseiten vorzugehen, auf denen in der Vergangenheit auch Mannichl geschmäht wurde. Mit einer großen Lichterkette wollen die Bürger in Fürstenzell bei Passau, dem Wohnort von Mannichl, an diesem Montagabend ein Zeichen gegen den Rechtsextremismus setzen.

Der 52 Jahre alte Polizeidirektor war vor einer Woche vor seinem Haus in Fürstenzell niedergestochen worden. Vermutet wird der Racheakt eines Neonazis, da Mannichl in der Vergangenheit konsequent gegen Rechtsextremisten vorgegangen war. Am Freitag hatte er das Krankenhaus wieder verlassen können. Nach dem Täter wird weiter gefahndet.

Steinmeier sagte der „Bild am Sonntag“: „Polizei und Verfassungsschutz müssen mit aller Härte jede rechtsextremistische Äußerung und Handlung verfolgen.“ Er sprach sich für ein Verbot der rechtsextremen NPD aus. „Mit dem Passauer Vorfall steigen die Gründe für ein Verbot“, sagte Steinmeier. Ein neuer Anlauf beim Bundesverfassungsgericht müsse dieses Mal aber Erfolg haben.

“ Die Linken-Abgeordnete Petra Pau plädierte dafür, die V-Leute aus der NPD abzuziehen, um damit den Weg für ein erfolgversprechendes Verfahren frei zu machen. „V-Leute sind keine netten Informanten. Sie sind gekaufte Agenten und bezahlte Provokateure“, betonte Pau in einer Mitteilung.

Seehofer kündigte eine länderübergreifende Bundesratsinitiative an, um einen neuen Versuch zu prüfen: „Die Innenminister Bayerns und von Rheinland-Pfalz werden dazu Vorschläge machen.“ In der vergangenen Woche hatte ein entsprechender Vorstoß bei Bund und Ländern jedoch keine Mehrheit gefunden.

In einer Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“ sprachen sich 65 Prozent der 500 interviewten Bürger für ein Verbot der NPD aus und 29 Prozent dagegen. In den ostdeutschen Ländern sind demnach sogar 77 Prozent für ein Verbot, lediglich 22 Prozent lehnen es ab.

Die Fahndung nach dem Täter des Anschlags auf Mannichl und möglichen weiteren Komplizen, die alle auffällige Tätowierungen tragen sollen, blieb bisher ohne Erfolg. Es seien mehrere Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, die nun nach und nach abgearbeitet werden müssten, hieß es am Wochenende bei der Passauer Polizei. Ein aus der rechten Szene stammendes Münchner Ehepaar, das der Mittäterschaft beschuldigt wird, sitzt wegen Beihilfe zum versuchten Mord bereits in Untersuchungshaft.

In Nürnberg gingen am Samstag nach Polizeiangaben rund 1500 Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Sie protestierten vor allem gegen ein Bekleidungsgeschäft, das eine bei Rechtsextremen beliebte Marke vertreibt. Die Veranstaltung verlief nach Angaben der Beamten friedlich, erst nach der Abschlusskundgebung kam es zu vereinzelten Flaschenwürfen. Fünf Personen aus dem linken Spektrum und neun teilweise betrunkene Störer aus der rechten Szene wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen.

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