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Große Koalition verpasst Chance für einen modernen Jugendschutz

Archivmeldung vom 04.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Zwei junge Männer spielen Computerspiele (Symbolbild)
Zwei junge Männer spielen Computerspiele (Symbolbild)

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Anlässlich der für Freitag geplanten Verabschiedung der Reform des Jugendschutzgesetzes durch den Deutschen Bundestag ziehen Bitkom, game - Verband der deutschen Games-Branche, die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und VAUNET - Verband Privater Medien Bilanz.

"Mit dem Jugendschutzgesetz verpassen CDU/CSU und SPD ihre Chance, den Jugendmedienschutz in Deutschland endlich in das Digitalzeitalter zu überführen. Statt das Dickicht aus Regelungen und Zuständigkeiten zu verringern und mehr Klarheit sowie zeitgemäße Regeln für Kinder, Eltern und Anbieter zu schaffen, werden Komplexität und Unsicherheit jetzt sogar noch zunehmen", sagt game-Geschäftsführer Felix Falk.

"Leider zeigt sich dabei trotz der breiten Kritik erneut, dass der deutsche Sonderweg im gesetzlichen Jugendschutz über die vielen Jahre so überkomplex und undurchschaubar geworden ist, dass wirkliche Reformen kaum noch umsetzbar scheinen. Während nun nur wenige Verbesserungen erreicht werden, schwächen zahlreiche Regelungen bereits gut funktionierende Instrumente und Institutionen des Jugendmedienschutzes, anstatt sie zu stärken. Als Games-Branche nehmen wir unsere Verantwortung für den Jugendschutz besonders ernst. Deshalb bleibt es für uns dennoch selbstverständlich, moderne und funktionierende Jugendschutzlösungen anzubieten und weiterzuentwickeln."

"Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung das komplexe und veraltete System des deutschen Jugendmedienschutzes reformieren will. Bislang unterscheidet die Regulierung zwischen sogenannten Trägermedien wie CDs und DVDs auf der einen und Telemedien, also Online-Diensten, auf der anderen Seite. In einer konvergenten Medienwelt ist diese Trennung längst nicht mehr zeitgemäß. Das jetzt vorgelegte Gesetz ist aber eine Enttäuschung und verpasst die Chance, den Jugendschutz an das digitale Zeitalter anzupassen. Ein zukunftssicheres Update wäre aber dringend notwendig gewesen. Anstatt die bestehenden Strukturen aus Landes- und Bundesrecht zu vereinheitlichen, werden nunmehr zusätzliche Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen daneben gestellt. Für Anbieter wird es künftig noch unklarer sein, welche Vorgaben und Behörden für sie entscheidend sind. Die zunehmende Digitalisierung aller Angebote und Dienste macht nicht an Ländergrenzen halt. Langfristig kann deshalb nur ein internationaler, zumindest europäischer Ansatz ein rechtssicheres, effektives System des Jugendschutzes garantieren. Wir appellieren an Bund und Länder, sich gemeinsam dafür einzusetzen", sagt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung.

Daniela Beaujean, VAUNET-Geschäftsführerin: "Durch den Gesetzesvorschlag droht eine Doppelregulierung, der Aufbau von Doppelstrukturen und eine Überfrachtung der Alterskennzeichen. Im Gesetzestext fehlt eine eindeutige Regelung, dass die Länder für inhaltsbezogene Fragen audiovisueller Medien und der Bund für die strukturellen zuständig sind. Auch dass einzelne Regelungen nur private 'gewinnorientierte' Anbieter treffen sollen, führt zu einer Ungleichbehandlung privater Medien. Im weiteren Verfahren sollten im Interesse eines zukunftsfähigen Jugendmedienschutzes nun noch alle Möglichkeiten genutzt werden, um notwendige Verbesserungen zu erzielen."

"Die kurz vor Ende des parlamentarischen Verfahrens erfolgten Verschärfungen schränken den Spielraum der Selbstkontrollen ein. So wird die jugendschutzrechtliche Bewertung von Trailern einer individuellen Prüfung entzogen und richtet sich ausschließlich nach dem beworbenen Medium. Damit verbunden sind einseitige Beschränkungen für audiovisuelle Werbeformate, die insbesondere das Kino treffen werden. Auch müssen die Selbstkontrollen selbst bei nicht interaktiven Einzelinhalten angebotsabhängige Nutzungsrisiken berücksichtigen. Das kann bei identischen Inhalten zu unterschiedlichen Altersbewertungen führen. Für Kinder, Jugendliche und Eltern ist nicht mehr nachvollziehbar, ob sich eine Altersbewertung auf einen Inhalt bezieht oder dem Angebotsumfeld folgt. Die Alterskennzeichen und die zusätzlich vorgesehenen Deskriptoren verlieren dadurch ihre Orientierungsfunktion", sagt Dr. Thomas Negele, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.

Im Gesetzgebungsprozess der vergangenen eineinhalb Jahre haben Bitkom, game, SPIO und VAUNET immer wieder konkrete Lösungsvorschläge gemacht, die nun weitestgehend nicht umgesetzt werden. Im Gegenteil: Noch kurz vor Ende des parlamentarischen Verfahrens erfolgten gravierende Änderungen, die vor allem den Handlungsspielraum der Selbstkontrollen begrenzen und sie damit schwächen. Hinzu kommt: Manche der bisherigen Probleme werden durch das neue Jugendschutzgesetz sogar noch verstärkt. Dazu zählen die Überschneidungen von Kompetenzen von Bund und Ländern, die Doppelzuständigkeiten von Behörden, die Schwächung der Selbstkontrollen oder die Überfrachtung der Alterskennzeichen. Zusätzlich ist aus Sicht von Bitkom, game, SPIO und VAUNET die Benachteiligung von Anbietern aus Deutschland eine der Folgen der Reform, da sich Anbieter im europäischen Ausland den Regelungen mit Verweis auf das Herkunftslandprinzip entziehen können. Kritik wie diese wurde nicht nur von Bitkom, game, SPIO und VAUNET, sondern auch von zahlreichen anderen Akteuren aus der Wissenschaft, den Selbstkontrollen, den Ländern, den Landesmedienanstalten sowie weiteren Beteiligten des Jugendschutzsystems eingebracht.

Quelle: VAUNET - Verband Privater Medien (ots)

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