Grünen-Spitze will mehr Orientierung an "Lebensrealitäten"
Die beiden Grünen-Bundesvorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak fordern ihre Partei dazu auf, sich künftig mehr an der Lebensrealität der Menschen zu orientieren. "Es ist dieser Blick, der uns in den vergangenen Jahren zu oft abhandengekommen ist", schreiben sie in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS).
In der Zeit der Regierungsverantwortung habe der "Fluch des
Administrierens" die Partei befallen, kritisieren Brantner und Banaszak.
"Klimaschutz scheitert dann an der Lebenswirklichkeit, der Kampf gegen
Kinderarmut endet im Streit um Beamtenstellen." Während der Zeit der
Ampelkoalition war der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck mit
seinem Heizungsgesetz auf breiten Widerstand gestoßen, ebenso
Familienministerin Lisa Paus mit ihrer Idee, neues Personal für eine
Kindergrundsicherung einzustellen.
Klima- und Naturschutz bleibe
"die Schlüsselfrage unserer Gesellschaft", so die beiden Parteichefs. Es
gehe aber um eine Politik, die "dafür Unterstützung mobilisiert, statt
Widerstand auszulösen". Dafür müsse die Partei "Zumutungen transparent
benennen". Zugleich brauche es aber auch "eine Politik, die
Lebensrealitäten anerkennt, bevor sie diese verändern will".
Für
eine solche Politik der Ehrlichkeit und Empathie brauche es viele Orte
der Begegnung. "Unser Küchentisch ist die Eckkneipe, ist der Marktplatz,
das Weinfest und die Betriebsversammlung." Dem damaligen grünen
Vizekanzler Robert Habeck war in der zurückliegenden Kampagne
vorgehalten worden, er betreibe mit seinen Wahlkampfgesprächen am
Küchentisch einen Rückzug ins grüne Milieu.
Mit ihrem Gastbeitrag
leisten die Parteivorsitzenden einen Beitrag zu der Debatte um die
künftige Ausrichtung, die in der Partei gerade in vollem Gange ist. Zur
Verunsicherung trägt bei, dass die Grünen jüngst in einer Umfrage
erstmals seit langem auf weniger Zuspruch stießen als die Linkspartei.
Hinzu kommt der Wechsel des Führungspersonals: Die frühere
Außenministerin Annalena Baerbock hat inzwischen den Vorsitz der
UN-Generalversammlung übernommen, über ein bevorstehendes Ausscheiden
Habecks aus dem Bundestag wird spekuliert.
Quelle: dts Nachrichtenagentur