Völkerrechtlicher Schiffbauer: Merz muss Äußerungen klarstellen
Der in Rostock lehrende Völkerrechtler Prof. Björn Schiffbauer hat Bundeskanzler Friedrich Merz aufgefordert, seine Äußerungen über die "Drecksarbeit", die Israel im Iran erledige, klarzustellen. Es sei unklar, was ob Merz konkret meine, sagte Schiffbauer der Kölnischen Rundschau.
Sie Äußerung könne bedeuten, dass er die Angriffe für zulässig halte mit nur die tatsächliche Durchführung als unangenehm, also etwas "Dreckiges" betrachte. Möglicherweise meine der Kanzler aber auch, die Angriffe seien rechtlich "unsauber", müssten aber aus anderen Gründen erfolgen.
"Als Völkerrechtler hoffe ich sehr, dass der Bundeskanzler Letzteres nicht gemeint hat, denn das wäre keine gute Nachricht für die Einstellung Deutschlands zum Völkerrecht unter der aktuellen Regierung", so Schiffbauer. Aber auch wenn Merz die Angriffe für zulässig halte, sei zu fragen: "Ist Deutschland dabei, seine Haltung zur Auslegung des völkerrechtlichen Selbstverteidigungsrechts auf Tatbestandsebene zu verändern? Und dürfen dann die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen - die militärische Abwehr eines potenziellen Schadens - so "dreckig" ausfallen, dass sie womöglich an der Verhältnismäßigkeit des Einsatzes zweifeln lassen?"
Schiffbauer gilt seit seiner Promotion in Köln als Experte für das Selbstverteidigungsrecht von Staaten. Voraussetzung für dessen Ausübung durch Israel sei ein bewaffneter Angriff auf diesen Staat, "der zumindest bevorstehen muss", sagte er: "Entscheidend - und völkerrechtlich umstritten - ist, wie das zeitliche Kriterium des Bevorstehens auszulegen ist." Schiffbauer weiter: "Wenn wir unterstellen, dass Israel durch den Iran vernichtet wird, sobald er über die Atombombe verfügt, ließe sich sogar in vertretbarer Weise argumentieren, dass schon der letzte Produktionsschritt zur Bombe eine Selbstverteidigungslage für Israel auslösen könnte. Das ist aber eine völkerrechtliche Grauzone." Da zumindest seiner Kenntnis nach die Bombenentwicklung im Iran noch nicht so weit fortgeschritten sei, komme er zum Schluss, "dass der Militäreinsatz Israels auch bei einer wohlwollenden Auslegung des Selbstverteidigungsrechts nach dem geltenden Völkerrecht eher nicht zu rechtfertigen ist".
Quelle: Kölnische Rundschau (ots)